Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Malerische Morde

Malerische Morde

Titel: Malerische Morde
Autoren: Ralf Kramp
Vom Netzwerk:
hinter dem Haus, gefolgt von ihrem ondulierten Schoßhündchen.
    Jetzt kam Bewegung in Herbie. Er warf den alten Leuchtglobus, in dessen Betrachtung er zwischenzeitlich völlig versunken war, wieder zurück in die Kiste und schoss um das Mercedes-Cabrio herum.
    Unter der ersten grob karierten Decke, die er lüftete, entdeckte er eine kleine Kirschholzkommode. Daneben standen zwei Plastikkisten voller kleinerer, gerahmter Bilder. Sein Blick fiel auf alte Fotografien. Er entdeckte ein Abbild seines Vaters. Und er fand auch eine Schwarzweißaufnahme seiner selbst aus Kindergartentagen. Eine aus der unsäglichen Serie, auf denen er noch das linke Auge verpflastert hatte.
    So hat sie dich in liebevoller Erinnerung behalten. Klein und blöd. Genauso trägt sie dich in ihrem Herzen
.
    Hinter dem Empiresessel lehnte etwas Größeres, das in Folie eingeschlagen war.
    »Das ist es«, jauchzte Herbie. »An diese Bilderstehlerei könnte ich mich glattweg gewöhnen. Es ist eigentlich ganz einfach.«
    Er zerrte den großen Gegenstand aus seiner Lücke heraus und strahlte übers ganze Gesicht.
    Alle paar Sekunden schickte er panische Blicke zur Hausecke, um nicht doch noch plötzlich von seiner Tante überrascht zu werden. Aber sie blieb erfreulicherweise verschwunden.
    Dann machte er sich beherzt an der Folie zu schaffen.
    Es war in der Tat das Gemälde eines Malers namens Wilhelm Degode. Der Bleistiftbeschriftung auf dem rückwärtigen Rahmen entnahm er, dass es sich um die »Frühlingsstimmung an der Munterley« handelte. Herbie hatte dieses große Ölbild schon oft an der Wand über Tante Hetties Teewagen hängen sehen, ohne es jemals einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Aber auch jetzt blieb ihm dazu keine Zeit, was er eigentlich bedauerte.
    »Hoffentlich springt er drauf an«, keuchte er, als er wenig später mit dem Bild, das er mit ein wenig Schnur und einer Decke notdürftig umwickelt hatte, über den Kies der Einfahrt rannte.
    Du willst es ihm tatsächlich verkaufen?
    »Nur zum Schein. Selbstverständlich nehme ich es wieder mit. Ich muss nur einen Kontakt über dieses Bild herstellen.«
    Wenn das schief geht, solltest du dir das Gesicht umoperieren lassen, mein Bester
.
    Herbie vernahm die Stimme seiner Tante genau in dem Augenblick, in dem er feststellen musste, dass das Kofferraumschloss des Kombis abgeschlossen war.
    Sie kam rasch näher und sprach besänftigend auf ihren kläffenden Pudel ein. »Beruhige dich, mein kleiner Liebling. Gleich ist der böse Onkel wieder weg, und dann haben wir wieder unseren Frieden … Ja, du hast ja Recht, er riecht unangenehm.«
    Herbie riss den Schlüssel vom Zündschloss und schlitterte atemlos auf dem umherspritzenden Kies um das Auto herum, und als die Tante und ihr Tier um die Hausecke bogen, hatte er es in letzter Sekunde geschafft, den Kofferraum wieder zu schließen. Er lehnte japsend und entkräftet an dem verbeulten, roten Auto und hatte ein blödsinniges Grinsen aufgesetzt.
    »Alles okay, Tantchen. Ich habe mir was Schönes ausgesucht. Das wird jetzt alles viel gemütlicher, wirst schon sehen.«
    Er öffnete die Fahrertür und stieg ein. »Du kannst ja bald mal zum Kaffee kommen. Am besten aber erst, wenn ich wieder fließendes Wasser habe. Allein schon wegen der Toilette und so.«
    »Und was ist mit dem restlichen Plunder?«
    »Wird geholt, sobald ich einen festen Wohnsitz gefunden habe. Fest versprochen.« Er schlug die Tür zu und winkte durch das offene Fenster. »Das Tischfußballspiel habe ich auch mitgenommen. Ich habe beschlossen, meine Freizeit ab jetzt sinnvoller zu gestalten.«
    Ohne einen Kommentar abzuwarten, fuhren er und Julius davon, und Bärbelchen verfolgte ihr Auto kläffend bis zur nächsten Straßenecke.
    Hinter ihnen, im Kofferraum, bedeckt von einer alten Luftmatratze, ruhte ein kostbares Gemälde, das für Herbie die Eintrittskarte in das Haus des legendären Sammlers bedeuten würde.
    Und was schlummert jetzt in der Folie in Tante Hetties Garage, wenn die Frage gestattet ist?
    »Mein geliebtes Tischfußballbrett.«

Einundzwanzigstes Kapitel
    Über dem Ahrtal hing ein prachtvoller Regenbogen vor dem schwarz-grauen Wolkengebräu und zeigte, dass das Schöne doch viel prachtvoller war, wenn man es nur vor dem Hintergrund des Schrecklichen betrachtete.
    So drückte es jedenfalls Herbie aus, was Julius nur mit einem dahingeworfenen
Gewäsch!
quittierte.
    Es dauerte nicht lange, und die ersten Regentropfen prasselten auf die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher