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Malefizkrott

Malefizkrott

Titel: Malefizkrott
Autoren: Christine Lehmann
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meine, gleich, innerhalb einer Stunde oder so?«
    »Gar nicht. Die Mutter ist vor einigen Jahren an Krebs verstorben. Die Nachbarn werden dazu schätzungsweise nicht viel sagen können. Und ein Genabgleich dauert acht Stunden. Ihn selbst können wir ja leider nicht mehr fragen, er ist tot.«
    »Eben, Christoph! Sie sind beide tot. Vater und Sohn.«
    »Lisa, was genau willst du mir sagen?«
    »Wenn der Schuss bei der Demonstration Ende Juli am Bahnhof gar nicht Lola gegolten hätte, sondern ihrem Vater, der neben ihr auf dem Laster stand. Die Kugel ist über seinem Kopf in den Stahlrahmen geschlagen. Das habt ihr doch sicher auch festgestellt. Dass ein so guter Schütze so weit danebenschießt …«
    »Er könnte gestört oder angestoßen worden sein. Es herrschte ein ziemliches Gedränge, wie du weißt.«
    »Ja, okay. Sonst wäre Michel Schrader vermutlich jetzt tot, Christoph. Denn er ist der dritte von Durs Ursprungs Söhnen. Und das ist gewiss. Was sagst du dazu?«
    Er sagte gar nichts.
    Mir trat einer in den Absatz, der den Arm streckte und ein Buch aus dem obersten Fach nahm. Er blies darüber hin. Der Staub wirbelte mir ins Gesicht. Ich nieste. Der Bücherfreund schaute unwirsch über die Schulter und widmete sich dann dem Buch.
    »Bist du noch dran, Christoph?«, rotzte ich.
    »Wo bist du eigentlich?«
    »Auf der Buchmesse in Frankfurt.«
    »Staubige Angelegenheit, wie mir scheint.« Er lachte freudig.
    »Schon recht, Christoph. Aber zurück zu den drei Söhnen des Buchhändlers. Woran denkt der geneigte Krimileser, wenn nach dem Vater, der ein stattliches Vermögen besaß, ein Sohn nach dem andern stirbt? Ja, Christoph, du sagst es: Der, der übrig bleibt, erbt alles.«
    »Ich habe gar nichts gesagt.«
    »Leider!«
    »Du willst mir also verklickern, dass Ruben derjenige ist, der wild entschlossen ist, Alleinerbe zu werden, rich tig? Aber Ruben hat ein Alibi für den Todeszeitpunkt seines Vaters. Auf den Gedanken waren wir nämlich auch schon gekommen.«
    »Ich weiß, er soll sich bei einem Verlag in Hamburg als Vertreter beworben haben. Aber in Wahrheit denkt Ruben gar nicht daran, in der Buchbranche weiterzumachen. Er wird Segelfluglehrer.«
    »So?«
    »Bitte, Christoph, tu es nicht ab. Redet bei euch in der Soko noch mal drüber, und nicht erst morgen. Michel Schrader und seine Tochter werden heute Abend – in gut einer Stunde – an einer Preisverleihung teilnehmen. Wenn ich das Erbrecht noch richtig im Kopf habe, müss te Ruben nicht nur den Vater, also seinen Halbbruder, sondern auch Lola, seine Nichte, töten, wenn er alles erben will. Zwei auf einen Streich, Christoph!«
    »Dann erbt er aber nichts.«
    »Vorausgesetzt, man erwischt ihn. Aber er wird nicht hier sein. Ich meine, wir werden ihn nicht sehen. Und hinterher wird er ein Alibi haben.« Es nieste noch mal aus mir heraus.
    »Gesundheit! Also gut. Ich melde mich wieder. Und sorg du am besten dafür, dass Lola und Michel nicht zu dieser Preisverleihung gehen!«
    Leichter empfohlen als getan.
    Ich beendete das Gespräch. Die Tür zum Konferenzkabäuschen von Fliegenkopf war immer noch verschlossen. Lucie Müller saß leeren Blickes an einem der Tische und stopfte sich Gummibärchen in den Mund.
    Ich tippte noch einmal Rubens Nummer. Vorübergehend nicht erreichbar. Wenn er sein Handy ausgestellt hatte, nützte mir auch das illegale Ortungsprogramm auf meinem Telefon nichts, das mir Wagner mal aufgespielt hatte. Was konnte ich sonst noch tun? Ich konnte Ruben eine Nachricht schicken. »Es hat keinen Sinn mehr. Wir wissen das mit deinen Brüdern.«
    Quatsch. Wie musste das klingen, falls Ruben entgegen meiner Überzeugung mit den Morden nichts zu tun hatte? Woher wusste er überhaupt, dass er zwei Brüder hatte und wer sie waren? Warum hätte Durs es ihm erzählen sollen? An dem Abend von Lolas Lesung hatte Ruben sich uns noch vorgestellt mit den Worten: »Ruben, wie Jakobs Erstgeborener. Woran man erkennt, dass mein Vater ursprünglich zwölf Söhne haben wollte. Hat aber nur zu einem gereicht.« War das schon bissige Ironie gewesen?
    Ich erinnerte mich Rubens hasserfüllten Blicks in den Nacken seines Vaters. Womöglich hatte Ruben das Gespräch von Marie mit seinem Vater belauscht und dann mit seiner Planung angefangen? Der Termin Herbst vergangenen Jahres passte zu den ersten Buchladenbränden im Stuttgarter Umland.
    Also was nun schreiben? »Sie haben zwei Brüder«, tippte ich ins SMS-Feld. »Michels Mutter hat es erz…«
    Da ging die Tür
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