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Malefizkrott

Malefizkrott

Titel: Malefizkrott
Autoren: Christine Lehmann
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Und nun … so leid es mir tut …«
    Sie schaute Richard an, der ruhig sitzen blieb und sich mit einer Gelassenheit anschauen ließ, die bei jedem anderen das Geschmäckle von Selbstzufriedenheit gehabt hätte, bei ihm aber von einer Reinheit war, für die nur die Trivialliteratur ausreichend Vokabular bereitstellt oder aber Thomas Mann den treffenden Ausdruck gefunden hätte.
    Ich stand dann schon mal auf.
    Richard erhob sich ohne jede Eile. Eigentlich hätte er bemerken müssen, dass der Freischwinger für Marie un angenehm schwer war, vielleicht merkte er es auch, spür te aber, dass es fehl am Platz war, ihr wie ein Kavalier im Lokal den Stuhl zu rücken. Also wand Marie sich zwischen Stuhl und Tisch heraus. Doch dabei kam sie Richard näher, als sie es geplant haben mochte. Er fasste nach ihrem Ellbogen, wie um einer Unsicherheit auf ih ren Stöckelschuhen vorzubeugen. Sie ließ es zu, sie lächelte, und plötzlich überließ sie sich ihm, ja schmiegte sich fast an ihn, als ob sie kurz das Gleichgewicht verloren hätte.
    Höchste Zeit für mich!
    Ich fingierte ein Handyrappeln, zog das Telefon aus der Tasche und türte mich nach draußen.
     
    Referentin Lucie Müller schaute mir entgegen mit Uhren in den Augen. »Was meinen Sie, wie lange geht das noch?«
    »Ach wissen Sie, wenn der Zuckerhut über der Feuerzangenbowle erst mal brennt …«, sagte ich.
    Lucie lächelte gequält. »Sie war den ganzen Tag schon so irre nervös wegen dieses Termins. Mir hat sie nur verraten, jemand wolle ihr ein Buch zurückgeben, das er vor Jahrzehnten bei ihr ausgeliehen habe;« Sie schaute mich erwartungsvoll an.
    Ich legte den Finger auf die Lippen. Dabei fiel mir ein, dass ich Schloss und Fabrik drinnen liegen gelassen hat te. Aber jetzt dort reinplatzen, das wollte ich Richard nicht antun. Diesmal nicht.
    An der Kaffeetheke standen Leute und redeten. Der Tag und die Geschäfte neigten sich dem Ende zu. Buch händler, Drucker, Illustratoren, Übersetzer und Rezensen ten schlenderten mehr oder minder zufrieden in den Feierabend. Ein Kamerateam eilte vorbei.
    Weil ich das Handy ohnehin in der Hand hielt, suchte ich Rubens Nummer und tippte sie an. Rufaufbau. Vorübergehend nicht erreichbar. Ich suchte Christoph Weiningers Mobilnummer. Er nahm ab.
    »Du, hör mal. Mir ist da ein schrecklicher Gedanke gekommen.«
    »Deine tote Taube hat nichts ergeben. So viel zu deinen Ideen!«
    »Dafür weiß ich inzwischen, wie Ruben Ursprung es hingekriegt hat, dass die Türglocke bimmelt. Er hat einen Stock in die Tür geklemmt. Es gibt einen Zeugen, der gesehen hat, wie er sich vor der Lesung an der Tür zu schaffen gemacht hat, Nino Villar heißt er. Als wir dann unten saßen, hat Ruben den Stock mit Hilfe eines Fadens aus der Tür gezogen. Die Einzelheiten der Konstruktion kriegt ihr sicher noch raus. Ruben saß unten jedenfalls unmittelbar an der Treppe. Er ist hoch, hat Wasser auf das Zinkpulver gegossen und Feuer geschrien. Und wir alle waren Zeugen, dass er nur hochgegangen ist, weil die Türglocke gebimmelt hat.«
    »Ja … äh«, sagte Christoph. »Leider haben wir keinen Stock gefunden.«
    »Ihr hättet ihn aber finden können, sogar müssen. Er lag draußen im Rinnstein. Cipión hat ihn dort Tage später aufgestöbert.«
    »Und wozu das Zinkpulver, wenn er das Feuer auch einfach mit einem Feuerzeug hätte entzünden können?«
    »Du wirst lachen, Christoph, aber Nichtraucher haben meist kein Feuerzeug. Und die Sache mit der Chemie war erprobt.«
    »Und das Motiv?«
    »Befreiung vom übermächtigen und knausrigen Vater. Und seit heute weiß ich: Es kommt noch etwas hinzu. Habt ihr euch schon mal gefragt, was Durs Ursprung und Volker B. aus dem Waffenladen gemeinsam haben?«
    »Wir fragen uns nichts anderes, Lisa.«
    »Es sind Gene, Christoph. Volker B. ist wahrschein lich Durs Ursprungs unehelicher Sohn.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Ich meine, die Information abgespeichert zu haben, dass sein Vater nicht bekannt ist. Und ich weiß aus siche rer Quelle, dass Durs Ursprung mindestens drei Söhne hat.«
    »Ruben … Volker B. und wen noch?«
    »Das sage ich dir, wenn sich herausstellt, dass Volker B. Ursprungs Sohn ist.«
    »Lisa. Wenn du sachdienliche Informationen zurückhältst, die uns möglicherweise einen entscheidenden Schritt weiterbringen, machst du dich eventuell mitschuldig an weiteren Straftaten vonseiten des Täters.«
    Da war sogar was dran. »Wie könntet ihr sofort he rausfinden, ob Volker Ursprungs Sohn ist? Ich
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