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Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)

Titel: Malavita: Eine Mafia-Komödie (German Edition)
Autoren: Tonino Benacquista
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fünfzig, hatte sein Tagwerk nie vor Mittag beginnen müssen; Ausnahmetage konnte er an den Fingern einer Hand abzählen. Angenehm war davon keiner gewesen. Da war der Tag, an dem Jimmy, sein Waffenbruder von Jugend an, beerdigt worden war. Niemand hätte gewagt, ihm nicht den nötigen Respekt zu zollen, selbst nachdem er gestorben war. Vielleicht deshalb hatte es sich der Idiot nicht nehmen lassen, seine Beisetzung zwei Autostunden von Newark auf zehn Uhr morgens anzusetzen. War das ein anstrengender Tag gewesen – von der Früh bis zum letzten Sonnenstrahl.
    »Keine Erdnussbutter, kein Toastbrot, keine Cornflakes, nichts«, sagte Maggie. »Ihr müsst euch mit dem zufriedengeben, was es in der Bäckerei an der Ecke gibt: Krapfen, Apfelkrapfen. Heute Nachmittag gehe ich einkaufen. Erspart mir also euer Gemecker.«
    »Ist doch alles perfekt, Mom«, sagte Belle, während Warren leicht angefressen nach einem Krapfen griff.
    »Kann mir irgendwer erklären, warum die Franzosen den Donut nicht erfunden haben? Sie sind doch berühmt für ihr Gebäck. Und dabei ist wirklich nicht viel dabei, in einen Krapfen ein Loch zu bohren.«
    Halb eingeschlafen und schon stinkwütend auf den Tag, der noch vor ihm lag, fragte Fred, ob besagtes Loch zu einer Verbesserung des Aromas führe.
    »Die Cookies, die sie machen, sind recht gut«, sagte Belle. »Ich habe sie probiert.«
    »Das nennst du Cookies?«
    »Am Sonntag backe ich Donuts und Cookies«, sagte Maggie besänftigend.
    »Wisst ihr, wo die Schule ist?«, fragte Fred mit gespieltem Interesse für organisatorische Alltagsdetails, die bisher stets an ihm vorübergegangen waren.
    »Ich habe den Kindern einen Stadtplan gegeben.«
    »Begleite sie.«
    »Mom, wir kommen allein zurecht«, sagte Warren, »ohne Plan geht’s sogar noch schneller. Wir haben so eine Art Radar im Kopf. Mit einem Schulranzen auf dem Rücken meldet sich deine innere Stimme automatisch, um dich zu warnen: ›Nicht hier lang. Da lang.‹ Und plötzlich tauchen immer mehr Wesen mit einem Ranzen auf dem Rücken auf, die dann alle genauso plötzlich von einem schwarzen Loch verschlungen werden. Das ist ein physikalisches Gesetz.«
    »Wärst du im Unterricht doch auch so engagiert«, sagte Maggie.
    Das war das Zeichen zum Aufbruch. Sie küssten sich und verabredeten, am Spätnachmittag wieder hier zu sein. Der erste Schultag in der Normandie konnte beginnen. Keines der Kinder stellte – ein jedes aus einem anderen Grund – eine der vielen Fragen, die ihm auf der Zunge lagen. Als wäre das, was mit ihnen passierte, irgendwie schlüssig und logisch.
    Maggie und Fred saßen jetzt allein in der Küche; es war still geworden.
    »Und was machst du heute?«, fragte er als Erster.
    »Das Übliche. Ich sehe mir die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten an, sondiere die Lage der Geschäfte und kaufe ein. Gegen sechs bin ich wieder da. Und du?«
    »Oh, und ich?«
    Oh, und ich? So begann eine Litanei, die Maggie auswendig kannte. Es bestand also keine Notwendigkeit, dass Fred sie wieder herunterbetete. Oh, und ich? Den lieben langen Tag werde ich mich fragen, was das hier soll. Dann werde ich wie immer so tun, als täte ich was. Aber was? Das ist immer das gleiche Problem.
    »Lauf nicht den ganzen Tag im Morgenmantel herum.«
    »Wegen der Nachbarn?«
    »Nein, aus Respekt vor dir selbst.«
    »Respekt habe ich vor mir, liebe Maggie. Ich brauche wie immer nur mehr Zeit als du, um mich in der neuen Umgebung zurechtzufinden.«
    »Was sagen wir, wenn ein Nachbar uns vor die Füße läuft?«
    »Habe ich mir noch nicht überlegt. Ich denke, fürs Erste reicht es zu lächeln. In zwei, drei Tagen wird uns schon was eingefallen sein.«
    »Aber nie Cagnes erwähnen! Wir sollen sagen, dass wir aus Menton kommen. Das hat mir Quintiliani eingeschärft.«
    »Als ob wir das nicht selber wüssten. Dieser Idiot.«
    Um einem unangenehmen Gespräch aus dem Weg zu gehen, ging Maggie hoch und zog sich um, während Fred sich ein gutes Gewissen verschaffte, indem er den Tisch abräumte. Vom Küchenfenster aus konnte er den Garten zum ersten Mal im Tageslicht sehen; der Rasen schien gepflegt, auch wenn hie und da ein Ahornblatt liegen geblieben war; es gab eine grün gestrichene Bank aus Metall und einen offenen Schuppen, in dem ein Holzkohlegrill vor sich hin rostete. Plötzlich erinnerte er sich an seinen nächtlichen Besuch der Veranda und an die ungewöhnliche, geradezu wohltuende Atmosphäre des Ortes. Die Dinge, die erledigt werden mussten, sollten
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