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Maigret und Monsieur Charles

Maigret und Monsieur Charles

Titel: Maigret und Monsieur Charles
Autoren: Georges Simenon
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genau....«
    »Der Arzt vermutet, dass die Schüsse unmittelbar am Körper abgegeben wurden...«
    »In diesem Fall natürlich... Wieviele Schüsse?«
    »Drei oder vier, einer ins Herz, und zwei weitere, die den linken Lungenflügel durchbohrt haben...«
    »Man legte also wirklich Wert darauf, dass er getötet wurde... Wer ist das Opfer?«
    »Ein gewisser Jo Fazio, früher Barkeeper, dann Gigolo ...«
    »Freut mich, Sie mal wieder gesehen zu haben. Soll ich die Kugel behalten?«
    »Ich werde dem Gerichtsarzt sagen, dass er Ihnen auch die anderen schicken soll...«
    »Danke... Und viel Erfolg bei der Jagd...«
    Maigret lachte nicht über den Scherz und deutete ein gezwungenes Lächeln an.
8
    Im Erdgeschoß waren die Männer vom Bestattungsinstitut dabei, das Büro des Notars in eine Trauerkapelle zu verwandeln, indem sie die Wände mit schwarzem Stoff bespannten. Den Sarg hatte man in eine Ecke gestellt, als wüsste man nicht, wohin damit.
    »Ist die Leiche drin?«
    »Klar doch.«
    Jean Lecureur kam aus seinem Büro.
    »Das Begräbnis findet morgen um elf Uhr statt«, verkündete er. »Die Kirche ist gleich gegenüber. Die Traueranzeigen sind verschickt. Glauben Sie, dass Madame Sabin-Levesque am Gottesdienst teilnehmen wird?«
    »Mit Sicherheit nicht.«
    »Das ist wohl auch besser so. Wie geht es ihr? Ich habe keine Nachricht, was droben los ist...«
    »Doktor Bloy sollte am späten Vormittag nach ihr sehen... Ich gehe gleich hinauf...«
    Auf der Treppe wandte er sich an Lapointe:
    »Pass auf und schreibe alles auf, was gesprochen wird.«
    »Jawohl, Chef.«
    Diesmal machte ihnen der Butler die Tür auf.
    »Wo ist Claire?«
    »Im Boudoir, denke ich...«
    Doch da kam sie ihnen schon entgegen.
    »Schläft sie?« fragte Maigret.
    »Nein. Seitdem der Doktor weg ist, sitzt sie im Nachthemd am Bettrand und hat kein Wort mit mir gesprochen. Sie wollte ihr Bad nicht nehmen und hat sich nicht von mir frisieren lassen...«
    »Was hat der Doktor zu Ihnen gesagt?«
    »Nicht viel. Ich soll auf sie aufpassen.«
    »Hat sie gegessen?«
    »Nein. Sie antwortet nur mit Kopfschütteln oder Nicken.«
    »Und Sie, haben Sie zu Mittag gegessen?«
    »Das habe ich nicht über mich gebracht. Es kommt mir vor, als sei sie dem Tode nah... Was wird geschehen, Herr Kommissar? Der Sarg ist anscheinend schon unten...«
    »Das stimmt... Es wäre mir lieber, Sie würden ihr einen Morgenmantel überziehen, bevor ich zu ihr gehe, wenn Ihnen das möglich ist...«
    »Ich will es gern versuchen...«
    Claire war nicht mehr feindselig gegen ihn. Man merkte ihr an, dass sie ratlos war. Die beiden Männer blieben im Salon, wo sie lange warten mussten. Nach ungefähr einer Viertelstunde kam die Zofe sie holen.
    »Sie ist im Boudoir. Ich war gezwungen, ihr ihre Flasche zu geben.«
    Maigret ging als erster hinein. Nathalie saß schlaff im gewohnten Lehnsessel und hielt die Cognacflasche in der Hand. Ihr Blick war jedoch fest, ihr Gesicht wirkte beinahe ruhig.
    »Sie gestatten?«
    Sie tat, als ob sie nicht gehört hätte, und Maigret setzte sich ihr gegenüber. Sie liebkoste die Flasche, als sei sie ihr höchstes Gut.
    »Ich komme aus der Rue Jean-Goujon«, sagte er mit sanfter Stimme, so als wolle er sie nicht erschrecken.
    Endlich öffnete sie den Mund und sagte teilnahmslos nur ein einziges Wort:
    »So schnell!«
    Danach trank sie aus der Flasche, wie es der Kommissar schon früher bei ihr gesehen hatte. Eine leichte Röte stieg in ihre bleichen Wangen, und ihr Mund begann wieder zu zucken.
    »Das ist jetzt doch alles egal, nicht wahr?«
    »Sie hatten Angst, er würde sie als Komplizin anzeigen, wenn er verhaftet wird, stimmt’s?«
    Sie schüttelte verneinend den Kopf.
    »Nein... viel schlimmer... Er hat mich gestern zu sich kommen lassen und eine sehr hohe Summe von mir gefordert mit dem Versprechen, mich danach in Ruhe zu lassen und nach Marseille zurückzukehren ...«
    »Liebten Sie ihn?«
    Sie sagte nichts, und ihr Blick verriet tiefe Verzweiflung.
    »Warum haben Sie eine Waffe mitgenommen, wenn Sie ihn liebten?«
    Das schien ihr den letzten Mut zu nehmen.
    »Ich habe mir nie Illusionen über ihn gemacht... Er war meine letzte Chance... Begreifen Sie denn gar nichts?«
    Sie versuchte, sich eine Zigarette anzuzünden, schaffte es aber nicht, weil ihre Hand zitterte. Maigret beugte sich vor und hielt ihr ein brennendes Streichholz hin. Sie bedankte sich nicht.
    »Sie sind immer sehr hochmütig gewesen, nicht wahr?«
    Mit tonloser Stimme korrigierte sie
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