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Maigret und Monsieur Charles

Maigret und Monsieur Charles

Titel: Maigret und Monsieur Charles
Autoren: Georges Simenon
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was, Herr Kommissar! Sie waren ein junger Spund damals, und einmal, als sie mich in ihr Auto gepackt haben, glaubte ich, sie würden die Gelegenheit ausnützen.«
    »Setzen Sie sich, Louisa.«
    »Sie haben es weit gebracht, sieh an! Aber wissen Sie, ich halte mich auch nicht schlecht. Und meine Tochter, die ja auf dem Land aufgewachsen ist, ist jetzt die Frau eines Kassierers beim Credit Lyonnais... Sie hat drei Kinder, so dass ich dreifache Großmutter bin... Ihretwegen, ihres Geburtstages wegen, konnte ich mich so gut an den 18. Februar erinnern...
    Zuerst stand da ein schwarzes Auto mit einem Mann darin, etwa hundert Meter vom Cric-Crac entfernt. Drinnen sah ich dann Monsieur Charles bei Zoe am Tisch sitzen, einem reizenden Ding... Als ich wieder rauskam, stand das Auto immer noch da, und auch der Mann saß hinter dem Steuer und rauchte eine Zigarette ... es sah aus wie ein kleiner, leuchtender Punkt in der Dunkelheit...«
    »Können Sie ihn nicht beschreiben?«
    »Es war zu finster... Ich habe meine Runde fortgesetzt... Ich habe meine Gewohnheiten und ich weiß, wo’s was zu holen gibt... Gegen drei Uhr bin ich zurückgekommen... Das Auto war nicht mehr da... Monsieur Charles auch nicht, und Zoe war in Gesellschaft eines Amerikaners, eines ellenlangen Kerls...«
    »Mehr wissen Sie nicht?«
    »Wenn ich hergekommen bin, dann vor allem, weil ich Lust hatte, Sie wiederzusehen... Die Männer haben es gut... Sie altern nicht so schnell wie unsereins...«
    Die Telefonklingel ertönte, und Maigret nahm den Hörer ab.
    »Ich bin’s... Ja... Was? Ein Toter? Rue Jean-Goujon... Fünf Kugeln in der Brust?... Ich komme sofort... Informieren Sie die Staatsanwaltschaft und Richter Coindet...« Und zu der alten Blumenfrau: »Danke, dass Sie gekommen sind, ich muss weg...«
    »Aber bitte, das macht doch nichts... Ich habe Sie gesehen... Das genügt mir.«
    Und bevor sie hinausging, hielt sie ihm schüchtern die Hand hin.
    »Lapointe! Es geht wieder los...«
    In der Rue Jean-Goujon, kaum zweihundert Meter von der Seine entfernt, standen zwei Schutzmänner Wache und grüßten Maigret ehrerbietig.
    »Es ist in der obersten Etage...«
    Sie nahmen den Aufzug. Die Tür zu einem der Appartements stand halb offen, und Maigret drückte einem Kommissar die Hand, der neu sein musste, denn er kannte ihn nicht.
    »Die Concierge hat uns benachrichtigt. Sie war hinaufgegangen, um wie immer sauberzumachen... Als sie merkte, dass der Mieter keine Antwort gab, benutzte sie ihr Passepartout und entdeckte die Leiche...«
    Ein großgewachsener Mann, ziemlich jung, so um die Dreißig, lag auf dem Teppichboden, und ein Arzt war über ihn gebeugt.
    Es war keine Wohnung im eigentlichen Sinn. Die ganze Außenwand zur Straßenseite hin war verglast, ebenso ein Teil der Decke, wie in einem Künstleratelier ...
    »Wissen Sie, wer es ist?«
    »Jo Fazio... Er ist vor fünf, sechs Jahren aus Marseille hierhergekommen... Zuerst war er Zuhälter, bis er dann eine Stelle als Barkeeper in einer ziemlich miesen Spelunke gefunden hat, im Paréo. Vor etwa zwei Jahren hat er dort aufgehört, und seitdem weiß keiner, wovon er lebt...«
    Der Arzt stand auf, drückte Maigret die Hand.
    »Seltsam. Er ist aus nächster Nähe abgeknallt worden, ich würde sogar sagen, dass die Waffe, eine Kleinkaliberwaffe, unmittelbar am Körper abgedrückt wurde... Soweit ich es beurteilen kann, haben zwei Kugeln den linken Lungenflügel durchschlagen, und eine weitere ist im Herzen steckengeblieben...«
    Das Gesicht des Toten drückte höchste Verwunderung aus. Soweit man das noch beurteilen konnte, war er ein hübscher Kerl gewesen. Er trug einen eleganten Gabardineanzug von beinahe leuchtendem Braun.
    »Die Waffe ist nicht gefunden worden?«
    »Nein.«
    Die Leute vom Erkennungsdienst trafen mit ihren sperrigen Gerätschaften ein. Dann kam ein Vertreter der Staatsanwaltschaft, der den Kommissar nicht mochte, ihm aber trotzdem die Hand gab.
    Richter Coindet wunderte sich:
    »Weshalb haben Sie beantragt, dass ich damit betraut werde? Glauben Sie, das Verbrechen hat etwas mit dem Fall des Notars zu tun?«
    »Es wäre eine Möglichkeit. Ich habe fast darauf gewartet. Als Nathalie gestern ausging, durch das Gartentürchen, da hatte sie ein Ziel...«
    Er wandte sich zu Lapointe.
    »Kommst du?«
    Es waren zu viele Leute hier. Er würde zurückkommen, wenn die Sachverständigen und die Staatsanwaltschaft den Tatort verlassen haben würden.
    Er trat mit dem Inspektor in die Pförtnerloge. Die
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