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Maigret und die Tänzerin Arlette

Maigret und die Tänzerin Arlette

Titel: Maigret und die Tänzerin Arlette
Autoren: Georges Simenon
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räumten den Tisch ab. Fred holte die Kognakflasche und füllte zwei Gläser, während die Frauen den Kaffee brachten.
    »Ich muß jetzt hinauf, um mich anzuziehen. Aber ich will Sie nicht verjagen. Sie sind hier zu Hause. Auf Ihr Wohl!«
    »Glauben Sie nicht, daß der Gnom Oskar kennt?«
    »Das habe ich auch gerade gedacht.«
    »Er geht jeden Nachmittag zum Rennen, nicht wahr?«
    »Und ein Mann, der nichts zu tun hat, wie Oskar, verbringt vermutlich einen Teil seiner Zeit beim Rennen, das wollen Sie doch wohl damit sagen?«
    Er leerte sein Glas, wischte sich den Mund ab, sah das Mädchen an, das nicht wußte, was es tun sollte, und zwinkerte Maigret zu.
    »Ich zieh mich jetzt an«, sagte er. »Du kannst gleich mal ‘raufkommen, mein Engel. Ich will noch mal mit dir über deine Nummer sprechen.«
    Nachdem er Maigret noch einmal zugezwinkert hatte, sagte er halblaut: »Man muß sich ja irgendwie die Zeit vertreiben, nicht wahr?«
    Maigret blieb allein im Saal zurück.

 
    NEUNTES KAPITEL
     
     
     
    »Er ist zur Place du Tertre hinaufgegangen, Chef, und dabei Inspektor Lognon fast in die Arme gelaufen, der sich gerade noch in die Dunkelheit retten konnte.«
    »Bist du sicher, daß er ihn nicht gesehen hat?«
    »Ja. Er hat durch die Scheibe vom Francis geblickt. Aber bei dem Hundewetter ist dort kaum jemand. Ein paar Stammgäste trinken mit miesen Gesichtern ihr Bier. Er ist nicht hineingegangen, ist dann in die Rue de Mont Cenis eingebogen. An der Place Constantin-Pecqueur ist er wieder vor einem Lokal stehengeblieben. Mitten im Raum steht dort ein großer Kachelofen, der Fußboden ist mit Sägespänen bedeckt, und an einem der Marmortische spielt der Wirt mit den Leuten aus der Nachbarschaft Karten.«
    Die kleine Neue vom Picratt war ein wenig verlegen wieder heruntergekommen und hatte sich, wohl weil ihr nichts Besseres einfiel, zu Maigret an den Tisch gesetzt. Vielleicht wollte sie ihm in seiner Einsamkeit etwas Gesellschaft leisten. Sie war schon in dem schwarzen Seidenkleid, das Arlette gehört hatte.
    »Wie heißt du eigentlich?«
    »Genofeva. Hier wollen sie mich aber Dolly nennen.«
    »Und wie alt bist du?«
    »Dreiundzwanzig Jahre. Haben Sie Arlette in ihrer Nummer gesehen? War das wirklich so großartig? Ich wirke noch ein bißchen unbeholfen, nicht wahr?«
    Beim nächsten Telefonanruf klang Lapointes Stimme ziemlich müde.
    »Er läuft im Kreis herum wie ein Zirkuspferd, und wir immer hinterher, und dabei regnet es in Strömen. Wir sind wieder über die Place Clichy gekommen und dann über die Place Blanche, wo er noch mal in die beiden Lokale gegangen ist. Da er kein Morphium hat, besäuft er sich so allmählich hier und dort. Er findet nicht, was er sucht, und schleicht immer langsamer dicht an den Häusern entlang.«
    »Riecht er den Braten noch nicht?«
    »Nein. Janvier hat eine Unterhaltung mit Inspektor Lognon gehabt. Lognon ist auf das Francis gekommen, weil er zu all den Leuten gegangen ist, bei denen Philippe in der letzten Nacht war. Man hat ihm nur gesagt, Philippe ginge hin und wieder hin, und wahrscheinlich bekäme er dort von jemandem das Morphium.«
    »Ist der Gnom noch immer da?«
    »Nein. Er ist vor wenigen Minuten fortgegangen. Im Augenblick steigt Philippe wieder die Treppe an der Rue du Mont-Cenis hinunter, wahrscheinlich will er noch mal einen Blick in die Kneipe an der Place Constantin Pecqueur werfen.«
    Tanja kam zusammen mit dem Heuschreck. Es war noch zu früh, um die Neonreklame draußen einzuschalten, aber sie schienen hier alle sehr zeitig zu erscheinen. Sie fühlten sich sozusagen zu Hause. Rosa warf noch rasch einen Blick in den Saal, bevor sie ebenfalls hinaufging, um sich anzuziehen. Sie hatte noch ein Spültuch in der Hand.
    »Da bist du ja schon«, sagte sie zu der Neuen. Und nachdem sie sie von Kopf bis Fuß prüfend gemustert hatte, setzte sie hinzu:
    »Künftig ziehst du aber das gute Kleid nicht so früh an. Es wird nur abgenutzt.«
    Dann wandte sie sich an Maigret:
    »Bedienen Sie sich nur, Kommissar Maigret. Die Flasche steht auf dem Tisch.«
    Tanja wirkte verstimmt. Sie beäugte Arlettes Nachfolgerin kritisch und zuckte leicht die Schultern.
    »Rück mal etwas zur Seite.«
    Dann blickte sie Maigret lange an.
    »Haben Sie ihn noch nicht?«
    »Ich hoffe, heute nacht fasse ich ihn.«
    »Glauben Sie nicht, daß er bis zum Äußersten geht?«
    Sie wußte auch etwas. Alle wußten sie irgend etwas. Schon am Tage vorher hatte er den Eindruck gehabt Tanja schien zu
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