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Maigret und der verstorbene Monsieur Gallet

Maigret und der verstorbene Monsieur Gallet

Titel: Maigret und der verstorbene Monsieur Gallet
Autoren: Georges Simenon
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heute noch nicht, weshalb. Plötzlich hörte ich ein Rascheln auf der Mauer. Dann sah ich, wie Gallet etwas an einem Baum befestigte. Erst dachte ich, er bereite ein Attentat auf mich vor.
    Aber dann verschwand er so leise, wie er gekommen war. Ich stieg auf das Faß. Er stand wieder in seinem Zimmer, neben dem Tisch. Er kehrte mir das Gesicht zu, aber er konnte mich nicht sehen.
    Ich begriff nicht, was da vor sich ging. Ich schwöre Ihnen, da wurde mir unheimlich … Der Schuß knallte zehn Meter von mir entfernt, und Gallet rührte sich nicht!
    Ich sah nur, wie seine rechte Wange sich plötzlich rot färbte. Dann sah ich das Blut. Er stand und starrte immer auf den gleichen Punkt, als ob er auf etwas wartete …«
    Maigret nahm den Revolver vom Kamin. Am Griff hing eine Gitarrensaite aus gewundenem Draht, wie man sie zum Hechtfang benutzt.
    Unter dem Lauf befand sich eine mit Draht befestigte und durch ein Stück Zwirn mit dem Abzug verbundene kleine Blechdose.
    Maigret öffnete die Dose mit dem Fingernagel. Sie enthielt eine mechanische Vorrichtung, die nach dem gleichen Prinzip funktionierte wie ein Selbstauslöser in einem Fotoapparat: Die Feder wird durch eine Drehung gespannt und schnellt nach ein paar Sekunden automatisch wieder zurück.
    An Gallets Revolver bewegte sich diese Feder dreimal, so daß sie drei Detonationen auslöste.
    »Sie muß sich nach dem ersten Schuß verklemmt haben«, überlegte Maigret laut.
    Saint-Hilaires letzte Worte hallten in seinen Ohren nach:
    »Ich sah nur, wie seine rechte Wange sich plötzlich rot färbte. Dann sah ich das Blut. Er stand und starrte immer auf den gleichen Punkt, als ob er auf etwas wartete …«
    Natürlich! Er wartete auf die zwei nächsten Schüsse! Er hatte sich nicht auf eine einzige Kugel verlassen. Bei drei Kugeln dagegen war sicher damit zu rechnen, daß er tödlich getroffen würde.
    Doch die zwei nächsten Schüsse waren nicht losgegangen. Worauf er das Messer aus der Tasche riß …
    »Er schwankte, als er sich die Klinge in die Brust stieß. Dann fiel er stocksteif zu Boden. Tot. Ich dachte sogleich an Rache. Ich meine, daß er sich an mir rächen wollte. Daß er bewußt Papiere hinterließ, die alles ans Licht brachten und mich womöglich gar als Mörder darstellten …«
    »Sie sind ein umsichtiger und kaltblütiger Mann. Sie liefen in die Küche, um Gummihandschuhe zu holen …«
    »Hätte ich denn meine Fingerabdrücke in diesem Zimmer hinterlassen sollen? Ich benutzte das Seitentor. Den Schlüssel steckte ich in die Tasche … Aber ich hätte mir die ganze Mühe ersparen können. Er hatte alle seine Papiere eigenhändig verbrannt … Wie er dalag! Mit diesen offenen Augen! Mir wurde beinahe übel vor Angst. Ich lief nach Hause und vergaß in der Eile, das Tor abzuschließen. Was hätte ich denn noch tun können? Er war tot …
    Noch größer war mein Schreck an dem Nachmittag, als wir beim Notar Bridge spielten und Sie uns mitteilten, Ihr Mitarbeiter sei von zwei Schüssen getroffen worden.
    Ich ging gleich nach Ihnen weg, um die Waffe im Baum zu untersuchen. Natürlich ohne sie zu berühren! Für mich war sie der beste Beweis meiner Unschuld, falls man mich des Mordes verdächtigte.
    Wie Sie sehen, ist es ein Selbstlader mit sechs Patronen. Nach dem ersten Schuß hatte er versagt. Wahrscheinlich unter dem Einfluß der Witterung hat er acht Tage später wieder funktioniert.
    Aber nach jenen beiden Schüssen blieben immer noch drei Kugeln im Magazin, nicht wahr? Deshalb habe ich mich in den letzten Tagen ständig im Park aufgehalten und auf jedes verdächtige Geräusch gehorcht. Deshalb auch habe ich mich heute abend in diesem Zimmer möglichst weit vom Tisch ferngehalten …«
    »Aber mich haben Sie ruhig dort sitzen lassen! Und als ich Ihnen mit einer Haussuchung drohte, warfen Sie den Schlüssel in die Brennesselallee …«
    Auf der Uferstraße ertönten die gemächlichen Schritte der Hotelgäste, die nach beendeter Mahlzeit im Freien spazierten. Aus der Küche drang von Zeit zu Zeit lautes Tellergeklapper.
    »Es war ein Fehler, Ihnen Geld anzubieten …«
    Maigret hätte beinahe losgelacht, und hätte er es wirklich getan, so wäre es ein erschreckendes Lachen gewesen.
    Breitbeinig pflanzte der Kommissar sich vor dem um einen Kopf kleineren und weit schmächtigeren Mann auf und blickte auf ihn herab, halb gutmütig, halb drohend, die Hand erhoben, als wollte er ihn an der Gurgel packen und an die Wand schleudern.
    Dabei empfand er fast
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