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Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher

Titel: Maigret - 70 - Maigret und der Messerstecher
Autoren: Georges Simenon
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hieß und die angeblich in so sonderbaren Kreisen verkehrte.
    Schleppkahnzüge glitten langsam über das graue Wasser der Seine, und die Schlepper legten den Schiffsschornstein schräg, wenn sie unter dem Pont Saint-Michel hindurchfuhren.
     
    In der kalten Jahreszeit war die Terrasse mit Glaswänden abgeschirmt und mit zwei Kohlenbecken beheizt. Der Gastraum um die hufeisenförmige Bar herum war ziemlich groß, die runden Tischchen winzig, die Stühle solche, die sich abends aufeinanderstapeln lassen.
    Maigret setzte sich neben eine Säule, und als ein Kellner vorbeikam, bestellte er ein Bier. Scheinbar unbeteiligt, betrachtete er die Gesichter um ihn herum. Es war ein gemischtes Publikum. An der Bar zum Beispiel standen vor allem Arbeiter im blauen Arbeitskleid und alte Männer aus dem Viertel, die auf ein Glas Rotwein herkamen.
    An den Tischen dagegen saßen die unterschiedlichsten Leute: eine Frau in Schwarz, um sich herum zwei Kinder und einen großen Koffer, ein Bild wie im Wartesaal eines Bahnhofs; ein Liebespaar, Händchen haltend und schmachtende Blicke tauschend; langhaarige junge Burschen, die kichernd der Bedienung nachsahen und sie jedes Mal schikanierten, wenn sie an ihnen vorbeikam.
    Neben den zwei Kellnern gab es nämlich noch eine weibliche Bedienung mit einem ausgesprochen unvorteilhaften Äußeren. In ihrem schwarzen Kleid und der weißen Schürze wirkte sie mager und erschöpft, und nur mit Mühe brachte sie beim Bedienen ein angedeutetes Lächeln zustande.
    Männer und Frauen, manche gut gekleidet, manche weniger gut. Einige aßen ein Sandwich und tranken einen Kaffee oder ein Bier dazu, andere hatten einen Aperitif vor sich stehen.
    Der Wirt saß im schwarzen Anzug mit weißem Hemd und schwarzer Krawatte hinter der Kasse. Seine braunen Haare waren sorgsam über die Stirnglatze gekämmt, die sie nur unzureichend mit einem Netz von feinen, dunklen Linien bedeckten.
    Er thronte hier wie in einem Befehlsstand, und es entging ihm nichts von dem, was sich in seinem Betrieb abspielte. Er verfolgte mit den Augen das Kommen und Gehen der Kellner und der Serviererin, beaufsichtigte gleichzeitig den Schankburschen, der die Flaschen und Gläser auf die Tabletts stellte. Die eingenommenen Beträge tippte er in die Registrierkasse ein, in deren Anzeigefenster die entsprechenden Ziffern erschienen.
    Er war sicher seit langem im Geschäft und hatte vielleicht selbst als Kellner angefangen. Später, auf dem Weg zur Toilette, sollte Maigret feststellen, dass es unten noch einen zweiten, etwas kleineren und niedrigeren Gastraum gab, wo ebenfalls ein paar Gäste einen Imbiss zu sich nahmen.
    Hier spielte niemand Karten oder Domino. Es war ein Durchgangsort, und Stammgäste gab es wohl kaum. Wer hier länger an einem Tisch saß, der vertrieb sich die Zeit bis zu einer Verabredung, die er in der Gegend hatte.
    Maigret erhob sich schließlich und ging auf die Kasse zu. Er war auf einen nicht sehr freundlichen Empfang gefasst.
    »Entschuldigen Sie, Monsieur …«, sagte er und zeigte diskret die Dienstmarke in seiner Hand.
    »Kommissar Maigret von der Kriminalpolizei …«
    Die Augen des Inhabers behielten den misstrauischen Ausdruck, mit dem sie schon die ganze Zeit den Kellnern und den ein und aus gehenden Gästen nachgeblickt hatten.
    »Was ist?«
    »Waren Sie gestern Abend etwa um halb zehn Uhr hier?«
    »Ich war im Bett. Abends macht meine Frau die Kasse.«
    »Waren die Kellner dieselben?«
    Noch immer ließ er seine Angestellten nicht aus den Augen.
    »Ja.«
    »Ich möchte ihnen ein paar Fragen stellen, über Gäste, die ihnen vielleicht aufgefallen sind.«
    Der Blick aus den schwarzen Augen, der sich nun auf ihn richtete, war nicht sehr ermutigend.
    »Unsere Kundschaft besteht nur aus anständigen Leuten, und die Kellner sind um diese Zeit sehr beschäftigt.«
    »Eine Minute mit jedem reicht. War die Serviererin ebenfalls hier?«
    »Nein. Abends ist es nicht so voll … Jérôme!«
    Einer der beiden Kellner blieb mit dem Tablett in der Hand abrupt vor der Kasse stehen. Der Wirt wandte sich an Maigret:
    »Bitte! Stellen Sie Ihre Frage.«
    »Ist Ihnen gestern Abend gegen halb zehn Uhr ein ziemlich junger Gast aufgefallen, einundzwanzig Jahre alt, mit einer Wildlederjacke und einem Kassettenrecorder an einem Riemen um den Hals?«
    Der Kellner sah erst seinen Chef, dann Maigret an und schüttelte den Kopf.
    »Kennen Sie einen Stammgast mit dem Spitznamen Mimile?«
    »Nein.«
    Beim zweiten Kellner war das Ergebnis
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