Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Titel: Maigret - 43 - Hier irrt Maigret
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
ab.
    »Früher hätte Ihnen das Spaß gemacht.«
    Sie ging und mußte auf der Treppe an Lucas vorbei, dessen Hut und Mantel durchnäßt waren.
    »Regnet es?« fragte Maigret.
    »Ja, seit zehn Minuten. Was soll ich jetzt tun, Chef?«
    »Ich weiß nicht recht. Ich möchte, daß du hierbleibst. Wenn jemand anruft, versuchst du herauszufinden, woher der Anruf kommt. Es kann sein, daß jemand gegen elf Uhr telefonieren wird. Verständige das Büro und sage ihnen, sie sollen die Leitung überwachen. Und im übrigen kannst du hier noch ein wenig herumschnüffeln. Das ist zwar bereits geschehen, aber man kann nie wissen.«
    »Worum handelt es sich eigentlich?«
    »Um eine Kleine, die früher im Barbès-Viertel auf den Strich ging und dann von irgend jemandem hier einquartiert wurde. Soweit sich das beurteilen läßt, war sie mit einem Barmusikanten liiert.«
    »Hat er sie umgebracht?«
    »Er ist gestern abend hier gewesen. Die Concierge behauptet, daß außer ihm niemand hinaufgegangen ist.«
    »Haben wir eine Personenbeschreibung von ihm?«
    »Ich werde die Concierge noch einmal vernehmen.«
    Die Concierge war gerade dabei, die zweite Post zu sortieren. Sie schilderte Pierrot als einen etwa dreißigjährigen jungen Mann, blond und stämmig, der eher wie ein Fleischergeselle als wie ein Musiker aussah.
    »Haben Sie mir sonst nichts zu sagen?«
    »Nichts, Monsieur Maigret. Wenn mir noch etwas einfallen sollte, werde ich mich bei Ihnen melden.«
    Seltsam. Die gleiche oder fast die gleiche Antwort, wie sie die Putzfrau gegeben hatte. Er war davon überzeugt, daß beide Frauen ihm etwas verschwiegen, wenn auch aus verschiedenen Gründen.
    Weil er zweifellos bis zur Etoile würde gehen müssen, um ein Taxi zu finden, schlug er den Mantelkragen hoch und machte sich auf den Weg. Die Hände vergrub er in den Taschen, wie die Leute, die Madame Maigret heute morgen durchs Fenster beobachtet hatte. Der Nebel hatte sich in einen feinen, kalten Sprühregen verwandelt, bei dem man an Schnupfen denken mußte, und Maigret betrat eine kleine Bar an der Straßenecke, um einen Grog zu trinken.

2
    Es war Janvier, dem die Aufgabe zukam, sich mit besagtem Pierrot zu befassen und dessen Tun und Treiben bis zu dem Augenblick zu rekonstruieren, als der Musiker es für besser gehalten hatte zu verschwinden.
    Kurz vor halb zwölf hatte Lucas, der in aller Ruhe die Wohnung in der Avenue Carnot durchsuchte, endlich das Telefon läuten hören. Er hatte den Hörer abgenommen und achtete darauf, kein Wort zu sprechen, während am anderen Ende der Leitung eine Männerstimme flüsterte:
    »Bist du’s?«
    Bevor ihm das Schweigen, mit dem seine Worte aufgenommen wurden, aufgefallen war, hatte Pierrot noch hinzugefügt:
    »Bist du nicht allein?«
    Schließlich war seine Stimme unruhig geworden:
    »Hallo! Ist dort Carnot 22-35?«
    »Carnot 22-35, jawohl.«
    Lucas konnte das Atmen des Mannes im Apparat hören. Er rief von einer Telefonzelle aus an, vermutlich aus einer Bar, denn er hatte das typische Geräusch der in den Metallkasten fallenden Münze gehört.
    Nach einer Weile hängte der Musiker ein. Lucas brauchte nur den Anruf des Beamten vom Abhördienst abzuwarten. Nach knappen zwei Minuten läutete das Telefon.
    »Lucas? Ihr Mann hat Sie aus einer Kneipe am Boulevard Rochechouart, Ecke Rue Riquet, angerufen. Chez Léon heißt sie.«
    Im nächsten Augenblick rief Lucas das Kommissariat in der Rue de la Goutte d’Or an, das zwei Schritte vom Boulevard Rochechouart entfernt war.
    »Kann ich Inspektor Janin sprechen?«
    Er hatte Glück. Janin war im Büro. Lucas gab ihm eine ungefähre Schilderung von Pierrot und nannte die Kneipe.
    »Unternimm nichts, bevor Janvier bei dir ist.«
     
    Endlich gelang es ihm, Janvier zu erreichen. Immer noch fiel der Regen auf eine Welt aus Steinen, Ziegeln und Beton, durch die dunkle Gestalten mit Regenschirmen glitten. Maigret saß in seinem Büro, die Krawatte gelockert, vier gestopfte Pfeifen vor sich, und schrieb einen amtlichen Bericht zu Ende, der noch vor Mittag abgeliefert werden mußte. Im Türspalt erschien Janvier.
    »Er hat angerufen, Chef. Wir wissen, wo er ist. Lucas hat die Leute von der Goutte d’Or alarmiert, und Janin dürfte schon an Ort und Stelle sein. Ich sause jetzt ebenfalls hin. Was mache ich mit dem Mann?«
    Der Kommissar sah ihn aus müden, geschwollenen Augen an:
    »Du bringst ihn her, aber sei nett zu ihm.«
    »Sie gehen nicht zum Essen?«
    »Ich lasse mir ein paar belegte Brote
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher