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Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Titel: Maigret - 43 - Hier irrt Maigret
Autoren: Georges Simenon
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übrigens noch ein anderer Musiker hier zu wohnen, weil man jemanden Akkordeon spielen hörte.
    Janvier betrat das Zimmer Nr. 53, das auf den Hinterhof hinausging. Das Bett war aus Eisen, der Fußteppich abgenützt und verblichen, genau wie die Tischdecke. Auf dem Waschtisch lagen eine Zahnbürste, eine Tube Zahnpasta, ein Kamm, ein Rasierpinsel und ein Rasiermesser. In der Ecke stand ein großer Koffer, der unverschlossen war und nur zur Aufbewahrung von Schmutzwäsche diente.
    Im Wandschrank fand Janvier nur einen einzigen Anzug, eine alte Hose, einen grauen Filzhut und eine Mütze. An Unterwäsche besaß Pierrot nur drei oder vier Hemden, einige Paare Socken und Unterhosen. Eine der Schubladen war mit Notenheften gefüllt. Erst im unteren Fach des Nachttischchens fand er schließlich ein Paar Damenpantoffeln und hinter der Tür hing ein Schlafrock aus lachsrosa Crèpe-de-Chine.
    Als er wieder herunterkam, hatte Janin Zeit gehabt, mit der Hotelbesitzerin zu plaudern.
    »Ich habe die Adresse von zwei oder drei Restaurants, wo er abwechselnd zu Mittag zu essen pflegt.«
    Janvier notierte sie sich erst auf der Straße.
    »Es ist besser, du bleibst hier«, sagte er zu Janin. »Wenn die Zeitungen herauskommen, wird er erfahren, was mit seiner Freundin passiert ist – falls er es nicht schon weiß. Vielleicht kommt er dann ins Hotel zurück.«
    »Glaubst du, daß er es war?«
    »Der Chef hat bisher nichts gesagt.«
    Janvier ging zunächst in ein italienisches Restaurant am Boulevard Rochechouart, einem stillen, gemütlichen Lokal, in dem es nach mit Kräutern gewürzten Speisen roch. Zwei Kellnerinnen in schwarzen Kleidern und weißen Schürzen machten sich an den Tischen zu schaffen; aber es war niemand da, der der Beschreibung von Pierrots Person entsprach.
    »Haben Sie vielleicht Pierre Eyraud gesehen?«
    »Den Musiker? Nein, er ist noch nicht da. Welchen Tag haben wir heute? Dienstag? Es würde mich wundern, wenn er heute käme; das ist nämlich nicht sein Tag.«
    Das zweite Restaurant auf der Liste war eine Bierstube in der Nähe des Carrefour Barbès; auch dort hatte man Pierrot nicht gesehen.
    Als letzte Möglichkeit blieb das Chauffeur-Restaurant, dessen Frontseite gelb gestrichen war und wo man von einer neben der Eingangstür hängenden Schiefertafel das Menü ablesen konnte.
    Der Wirt stand hinter der Theke und schenkte Wein aus. Eine einzige Kellnerin, eine große, knochige Person, bediente die Gäste; in der Küche sah man die Wirtin hantieren.
    Janvier trat an die Theke und bestellte ein Bier. Die Gäste, die einander alle zu kennen schienen, sahen ihn neugierig an.
    »Ich habe nur Flaschenbier«, sagte der Wirt. »Oder möchten Sie vielleicht ein Glas Rotwein?«
    Er nickte, wartete ein paar Sekunden und fragte dann: »Ist Pierrot dagewesen?«
    »Der Musiker?«
    »Ja. Wir waren für Viertel nach zwölf verabredet.«
    Jetzt war es Viertel vor eins.
    »Wenn Sie um Viertel nach zwölf gekommen wären, hätten Sie ihn angetroffen.«
    Man schien ihm nicht zu mißtrauen. Er mußte also wirklich einen unauffälligen Eindruck machen.
    »Hat er nicht auf mich gewartet?«
    »Um die Wahrheit zu sagen, er hat nicht einmal zu Ende gegessen.«
    »Hat ihn jemand abgeholt?«
    »Nein. Er ist plötzlich aufgesprungen und hat nur gesagt, er hätte es eilig.«
    »Wann war das?«
    »Vor einer Viertelstunde etwa.«
    Janvier, der seine Augen über die Tische wandern ließ, bemerkte zwei Gäste, die beim Essen saßen und die Mittagszeitung lasen. Der Tisch neben dem Fenster war noch nicht abgeräumt. Neben einem Teller mit Kalbsragout lag eine ausgebreitete Zeitung.
    »Hat er dort drüben gesessen?«
    »Ja.«
    Janvier brauchte nur zweihundert Meter durch den Regen zu gehen, um mit Janin zusammenzutreffen, der in der Rue Riquet auf Wache stand.
    »Ist er nicht zurückgekommen?«
    »Ich habe niemanden gesehen.«
    »Vor weniger als einer halben Stunde war er noch in einem der Gasthäuser. Dann ist ein Zeitungsverkäufer vorbeigekommen, und nachdem er einen Blick auf die Titelseite geworfen hat, ist er aufgesprungen und hinausgestürzt. Ich glaube, ich sollte den Chef anrufen.«
    Auf Maigrets Schreibtisch, am Quai des Orfèvres, stand ein Tablett mit zwei riesigen belegten Broten und zwei Gläsern Bier. Der Kommissar hörte sich Janviers Bericht an.
    »Versuch den Namen des Lokals herauszubringen, in dem er spielt. Seine Wirtin weiß wahrscheinlich Bescheid. Es muß irgendwo im Quartier sein. Janin soll weiterhin das Hotel
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