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Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Maigret - 31 - Mein Freund Maigret

Titel: Maigret - 31 - Mein Freund Maigret
Autoren: Georges Simenon
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Widerstandes gegen die Staatsgewalt. In einem berüchtigten Lokal in Marseille hatte er dann von neuem jemand niedergeschlagen.
    Maigret hielt die Karte so, daß sein englischer Kollege sie zugleich mit ihm lesen konnte. Aber Mr. Pyke zeigte sich keineswegs überrascht, sondern schien zu denken:
    »Das haben wir drüben auch.«
    Zuhälterei.
    Hatten sie das auch? Pacaud mußte seine Militärzeit bei den Afrikabataillonen abdienen.
    Schlägereien und Körperverletzung in Nantes. Schlägereien und Körperverletzung in Toulon.
    »Ein Kampfhahn«, sagte Maigret nur zu Mr. Pyke.
    Aber dann wurde es ernster.
    Paris: Entôlage.
    Der Engländer fragte: »Was ist das?«
    Ja, wie soll man das einem Mann erklären, der einer Nation angehört, die als die prüdeste der Welt gilt?
    »Das ist gewissermaßen ein Diebstahl, aber ein unter besonderen Umständen begangener Diebstahl. Wenn ein Herr ein unbekanntes Fräulein in ein mehr oder weniger zweifelhaftes Hotel begleitet und dann hinterher jammernd meldet, daß seine Brieftasche gestohlen ist, so nennt man das Entôlage. Fast immer hat das Fräulein einen Komplicen, verstehen Sie?«
    »Ich verstehe.«
    Dreimal war Marcel Pacaud wegen einer derartigen Mittäterschaft verurteilt worden, und jedesmal war die Rede von einer gewissen Ginette. Dann kam es noch schlimmer: es folgte nun ein Messerstich, den Pacaud einem sich wehrenden Herrn versetzt hatte.
    »Das nennen Sie wohl schwere Jungen«, sagte Mr. Pyke leise. Sein Französisch hatte einen furchtbaren Akzent. Es klang fast ironisch.
    »Ja, richtig. Ich habe ihm geschrieben, ich erinnere mich noch daran. Ich weiß nicht, wie man das bei Ihnen macht.«
    »Es geht alles sehr korrekt vor sich.«
    »Davon bin ich überzeugt. Bei uns hier werden sie manchmal hart angepackt. Wir gehen nicht immer sehr zart mit ihnen um. Aber seltsamerweise nehmen sie uns das nur selten übel. Sie wissen, das ist nun einmal unser Beruf. Von Verhör zu Verhör lernt man sich schließlich immer besser kennen.«
    »Ist das der, der Sie seinen Freund genannt hat?«
    »Ich bin überzeugt, daß er das ehrlich gemeint hat. Ich erinnere mich vor allem an das Mädchen, und an sie erinnert mich wiederum besonders der Briefkopf. Wenn wir dazu Gelegenheit haben, werde ich Ihnen die Brasserie des Ternes zeigen. Es ist dort sehr gemütlich, und das Sauerkraut ist ausgezeichnet. Essen Sie gern Sauerkraut?«
    »Gelegentlich«, antwortete der Engländer, nicht gerade begeistert.
    »Nachmittags und am Abend sitzen dort immer einige Damen an einem Tisch. Und dort hatte auch Ginette ihr Tätigkeitsfeld. Eine Bretonin, die aus einem Dorf in der Nähe von Saint-Malo kam. Sie hatte als Mädchen für alles bei einem Fleischer in dem Viertel angefangen. Sie liebte Pacaud heiß und innig, und wenn er von ihr sprach, hatte er immer Tränen in den Augen. Wundert Sie das?«
    Nichts wunderte Mr. Pyke, dessen Gesicht nicht die geringste Gefühlsregung verriet.
    »Ich habe mich nebenbei so ein bißchen um die beiden gekümmert. Sie war schwer lungenkrank. Aber sie hatte sich nie einer Kur unterziehen wollen, weil sie dann von ihrem Marcel getrennt worden wäre. Als er im Gefängnis war, habe ich sie dazu überredet, einen meiner Freunde, der Lungenfacharzt ist, aufzusuchen. Und er hat sie in ein Sanatorium in Savoyen eingewiesen. Das war alles.«
    »Und das ist das, was Sie Pacaud geschrieben haben?«
    »Ja, das ist es. Pacaud war in Fresnes, und ich hatte keine Zeit, dorthin zu fahren.«
    Maigret gab Langlois die Karte zurück und wandte sich zur Treppe.
    »Wie wär’s, wenn wir mittagessen gingen?«
    Das war auch wieder so ein Problem, fast eine Gewissensfrage. Wenn er Mr. Pyke dazu verführte, seine Mahlzeiten in allzu luxuriösen Restaurants einzunehmen, konnten seine Kollegen jenseits des Kanals auf den Gedanken kommen, daß die französische Polizei die meiste Zeit mit solchen angenehmen Dingen vertue. Wenn er ihn dagegen in bescheidene Lokale führte, würde man in ihm vielleicht einen Knauser sehen.
    Mit den Aperitifs war es dasselbe. Sollte man einen trinken, sollte man’s nicht?
    »Gedenken Sie nach Porquerolles zu fahren?«
    Hatte Mr. Pyke Lust, eine Reise in den Süden zu machen?
    »Das hängt nicht von mir ab. Theoretisch habe ich außerhalb von Paris und dem Seinedepartement nichts zu suchen.«
    Der Himmel war grau, ein häßliches, hoffnungsloses Grau, und bis auf den Mistral war der Gedanke an eine solche Reise recht verführerisch.
    »Essen Sie gern
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