Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund
Autoren: Bernd Perplies
Vom Netzwerk:
»Machen Sie’s gut. Und wenn irgendwann ein Rabe an die Fensterscheibe Ihrer Wohnung klopft, erschrecken Sie nicht. Es ist nur Nevermore.«
    Nevermore, der neben ihnen auf der metallenen Reling saß, krächzte bestätigend.
    »Ich bin sicher, Rupert wird mich vorwarnen«, gab Jonathan grinsend zurück.
    Der Minialligator an seiner Seite bestätigte das mit einem bellenden Husten.
    Auf der Turbinia ging eine Schiffspfeife. Es wurde Zeit, sich zu trennen. Jonathan nickte Holmes und Randolph ein letztes Mal grüßend zu, dann schaute er ihnen nach, wie sie die Leiter hinunter zu den anderen britischen Magiern kletterten. Gleich darauf nahm das Turbinenboot Fahrt auf, und auch die Gladius Dei schwenkte nach Osten ab, um am hellblauen Morgenhimmel davonzufliegen. Als Jonathan ihr nachsah, glaubte er für einen kurzen Moment, die winzige Gestalt eines Raubvogels, eines Falken oder etwas Ähnlichem, zu sehen, der um das Heck des Luftschiffs kreiste. Als er blinzelte, war das Tier fort. Vielleicht hatte er sich auch geirrt.
    »Ich bin auf der Brücke«, verkündete Admiral Greer. »Wir sehen uns zum Mittagsessen in der Offiziersmesse.«
    Schließlich standen nur noch Jonathan, Kendra und Wovoka beisammen. Der Paiute-Seher, mit dem Jonathan vor ein paar Tagen beim Treffen der Wächter der Wahren Quelle bekannt gemacht worden war und mit dem er gestern ein längeres Gespräch über den Kreis und sein Wirken geführt hatte, berührte die beiden an der Schulter und deutete auf den Bug des Schiffes. »Kommen Sie«, sagte er. »Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    Sie begaben sich nach vorne und stellten sich vor die von einem Segeltuch verdeckte Blitzstrahlenkanone. Ein frischer Wind wehte ihnen ins Gesicht, und feine Gischt spritzte am verzogenen Bug der Brooklyn empor. »Sehen Sie das?«, fragte Wovoka andächtig.
    Jonathan ließ den Blick über das weite Meer schweifen, das sich in alle Himmelsrichtungen bis zum Horizont erstreckte. »Was sollen wir sehen?«
    »Ihre Zukunft«, sagte der Paiute-Seher. »Sie ist nun weit und offen wie das Meer. Keine Wolke überschattet sie. Kein Nebel verschluckt sie. Keine Wahre Quelle der Magie bedroht sie. Endlich können wir wieder frei atmen.« Er sah Jonathan und Kendra freundlich an. »Ich schließe mich den Worten der Magieragentin an: Das haben Sie gut gemacht. Und danke, dass Sie für uns all diese Mühen auf sich genommen haben. Albert Dunholm und Giles McKellen wären stolz auf Sie.«
    Jonathan spürte, wie ihn Ergriffenheit überkam. Er überspielte den Moment, indem er auf See blickte. »Trotzdem wünschte ich mir, sie wären beide noch am Leben.«
    »Ja«, erwiderte Wovoka. »Das wünscht man sich immer.«
    Als Jonathan zu ihm zurückschaute, bemerkte er, dass ein Schatten über das Gesicht des Indianers huschte. Er fragte sich, an wen dieser gerade dachte.
    »Wir sehen uns später«, sagte der Paiute und ließ sie allein.
    Eine Weile standen Jonathan und Kendra schweigend nebeneinander und ließen sich den Seewind um die Nase wehen. Schließlich fragte Jonathan: »Glaubst du, dass wir uns richtig entschieden haben?«
    »Ja, das glaube ich, Jonathan«, sagte sie. »Weißt du, dieser Wovoka hat recht: Vor uns liegt eine offene und weite Zukunft. Ob wir sie bei Wovoka im Westen verbringen oder woanders hingehen, ist allein unsere Entscheidung. Es heißt, Amerika sei das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Wenn wir nach vorne blicken, können wir jeden Weg wählen. Ich bin sicher, wir werden einen finden, der uns gefällt.«
    Unvermittelt bemerkte Jonathan, wie Rupert an seiner Seite unruhig wurde. Der Minialligator schnaubte und versuchte, aus seiner Tasche zu krabbeln und an Jonathans Mantel zu gelangen. »He, was hast du denn?«, fragte Jonathan und schaute auf die Manteltasche, die offenbar Ruperts Interesse geweckt hatte. Er griff hinein, und zu seinem Erstaunen ertasteten seine Finger etwas, an das er überhaupt nicht mehr gedacht hatte. Er zog es hervor und blickte es verdutzt an.
    »Was ist das?«, wollte Kendra wissen. »Ein Stein?«
    »Nein, es ist ein Greifen-Ei«, antwortete Jonathan gedankenvoll. »Ein Junge schenkte es mir vor einigen Tagen auf der Straße gegenüber vom Strand. Ich hatte es völlig verdrängt.« Es kam ihm vor, als sei das alles schon Monate her.
    Auf einmal bewegte sich das Ei in seiner Hand, und er hätte es vor Schreck beinahe fallen gelassen. »Hoppla, was ist jetzt los?« Erneut erzitterte das Ei. Ein Riss entstand in der dicken Schale und im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher