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Magazine of Fantasy and Science Fiction 08 - Irrtum der Maschinen

Magazine of Fantasy and Science Fiction 08 - Irrtum der Maschinen

Titel: Magazine of Fantasy and Science Fiction 08 - Irrtum der Maschinen
Autoren: V.A.
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sehen, dann sah er aus wie das Auge eines Löwen. Unzählige Sterne glitzerten an dem hohen Himmelsgewölbe. Von Zeit zu Zeit glitt ein Kahn hinaus auf den Fluß und schaukelte mit den Wellen davon. Die Signale der Eisenbahn wechselten von Grün zu Rot, während die Züge quietschend über die Brücke fuhren. Nach einiger Zeit erscholl das Dröhnen der Uhr am Westminsterturm. Es war zwölf. Bei jedem Glockenschlag schien die Nacht zu erzittern. Dann gingen die Lichter an der Bahn aus, nur eine einsame Lampe blinkte wie ein großer Rubin, und die Geräusche von der Stadt her wurden immer schwächer.
    Gegen zwei Uhr stand Lord Arthur auf und schlenderte in Richtung Blackfriars. Wie unwirklich alles aussah! Wie in einem seltsamen Traum! Die Häuser auf der anderen Seite des Flusses schienen aus schwarzen Schatten gebaut zu sein. Man hatte meinen können, daß das Silber des Stromes und das Dunkel des gegenüberliegenden Ufers der Welt ein neues Gesicht verliehen. Der gewaltige Turm von St. Paul's hing wie eine riesige Blase in der staubigen Luft.
    Als er in die Nähe von Cleopatra Needle kam, bemerkte er einen Mann, der sich über das Geländer am Kai beugte, und als er näher kam, hob der Mann den Kopf. Der Schein der Gaslaterne fiel voll auf sein Gesicht.
    Es war Mr. Podgers, der Chiromant! Niemand würde dieses fette, wabblige Gesicht verkennen, die goldgeränderte Brille das unbestimmte Lächeln, den sinnlichen Mund.
    Lord Arthur blieb stehen. Eine ausgezeichnete Idee durch zuckte ihn. Leise schlich er sich von hinten an den Mann heran. Im Bruchteil einer Sekunde hatte er Mr. Podgers bei den Beinen gepackt und in die Themse geschleudert. Er hörte einen heiseren Aufschrei, ein schweres Aufklatschen, und dann war alles totenstill. Lord Arthur spähte aufmerksam umher, konnte den Chiromanten aber nirgends entdecken, nur einen großen Hut, der sich in einem Strudel des vom Mond erleuchteten Wassers drehte. Nach einer Weile verschwand auch der, und von Mr. Podgers war keine Spur mehr zu sehen. Einmal glaubte Lord Arthur, eine Gestalt zu entdecken, die versuchte, sich an der Treppe der Brücke emporzuziehen, und das furchtbare Gefühl, wieder versagt zu haben, überfiel ihn, aber dann stellte er erleichtert fest, daß es nur eine Spiegelung gewesen war, und als der Mond für einen Moment in seiner vollen Größe hinter einer Wolke hervortrat, verschwand diese Vision. Endlich schien ihm, als habe er den Beschluß des Schicksals erfüllt. Er stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus und hauchte Sybils Namen in die Nacht.
    »Haben Sie etwas verloren, Sir?« fragte plötzlich eine Stimme hinter ihm.
    Er drehte sich um und sah einen Polizisten mit einer Laterne.
    »Nichts Wichtiges, Sergeant«, entgegnete er lächelnd. Dann winkte er einer vorbeifahrenden leeren Droschke, sprang hin ein und befahl dem Fahrer, ihn zum Belgrave Square zu bringen.
    Während der nächsten Tage schwankte er zwischen Hoffnung und Furcht. Es gab Augenblicke, in denen er erwartete, daß Mr. Podgers den Raum betrat, und zu anderen Zeiten wieder war er davon überzeugt, daß das Schicksal nicht so ungerecht mit ihm verfahren konnte. Dreimal ging er zu der Wohnung des Chiromanten in der West Moon Street, aber er konnte sich nicht dazu durchringen, zu klingeln. Er sehnte sich nach Gewißheit und fürchtete sich zugleich vor ihr.
    Endlich aber ward sie ihm zuteil. Er saß gerade im Rauchsalon des Klubs, trank eine Tasse Tee und lauschte müde Surbitons Wiedergabe des neuesten Spottliedes vom Gaiety-Theater, als ein Kellner mit den Abendzeitungen hereinkam. Er ergriff die St. James und blätterte gleichgültig die Seiten um, als sein Blick auf eine Überschrift fiel.
     
    Selbstmord eines Chiromanten
     
    Er wurde vor Aufregung leichenblaß und begann den Artikel zu lesen. Er lautete:
     
    Gestern morgen um sieben Uhr wurde die Leiche von Mr. Septimus R. Podgers, dem berühmten Chiromanten, in Greenwich, direkt vor dem Strandhotel, ans Ufer gespült. Der Unglückliche wurde schon seit einigen Tagen vermißt, und in chiromantischen Kreisen hatte man um sein Leben gefürchtet. Man nimmt an, daß der Selbstmord auf geistige Umnachtung zurückzuführen ist. Mr. Podgers hatte gerade eine umfangreiche Arbeit über die menschliche Hand fertiggestellt, die in Kürze veröffentlicht werden soll und die ohne Zweifel in Fachkreisen viel Aufsehen erregen wird. Der Verstorbene war 65 Jahre alt und hat keine Angehörigen hinterlassen.
     
    Zum großen Erstaunen
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