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Mafiatochter

Mafiatochter

Titel: Mafiatochter
Autoren: Karen Gravano
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gefehlt.
    Schließlich erfuhr Sammy die Wahrheit: Zuvito und die anderen Typen, die vor den Gesellschaftsvereinen herumlungerten, waren Gangster. Er beschloss, ebenfalls diesen Lebensstil zu wählen. Die Kämpfe auf dem Spielplatz eskalierten. Schulisch war er ein Totalversager. Als er sechzehn war, mussten ihn seine Eltern von der Schule nehmen. Seine formale Bildung war damit beendet.
    Mein Vater zog ohnehin das Leben mit den Rampers vor. Das Leben in einer Straßenbande war aufregend und brachte den wagemutigen Mitgliedern eine Menge Geld ein. Viele Rampers träumten davon, sich der Mafia anzuschließen. Mein Vater war ein »Gutverdiener«, was bedeutete, dass er das Zeug zum Gangster hatte. Er war loyal, machte einen Haufen Geld, war eine Führernatur und konnte anderen, wenn nötig, eine Abreibung verpassen.
    Bald schon fiel er Joe Colombo auf, dem Haupt der Familie Colombo. Colombo erinnerte sich daran, dass mein Vater ein paar Jahre zuvor seine beiden Söhne in einem Kino zusammengeschlagen hatte. Colombo hegte deshalb keinen Groll gegen ihn. Im Gegenteil: Es gefiel ihm, dass er von ihnen abgelassen und sie nicht krankenhausreif geschlagen hatte. Colombo machte Sammy und seinen Rampers-Kumpel Tommy Spero zu »Mitarbeitern« seiner Organisation. Als Mitarbeiter unterstanden beide den »gemachten« Mitgliedern der Mafia. Um »gemacht« zu werden, musste ein Mitarbeiter von einem »gemachten« Mann vorgeschlagen werden. Damals waren die »Bücher« der Mafiafamilien seit über elf Jahren geschlossen. Die beiden jungen Männer hofften, aufgenommen zu werden, wenn man sie wieder aufschlug.
    Mein Vater wurde der Bande von Thomas »Shorty« Spero, Tommys Onkel, zugeteilt. Sein erster Job war ein Raub in einem Bekleidungsgeschäft, seine zweite Aufgabe bereits eine Bank. Nach diesen beiden Überfällen wurde er festgenommen, entging jedoch einer Verurteilung, weil die Augenzeugen ihre Aussagen widerriefen.
    Als mein Vater bereits seit zwei Jahren Mitarbeiter der Familie Colombo war, verlangte man zum ersten Mal von ihm, jemanden umzubringen. Mit fünfundzwanzig Jahren schoss er seinem ersten Opfer Joe Colucci zwei Mal in den Hinterkopf, während im Hintergrund ein Stück von den Beatles lief. Es hieß, Colucci, ebenfalls ein Mitarbeiter der Familie, wolle Sammy töten, also erhielt Sammy vom Colombo-Capo Carmine Persico die Erlaubnis, ihm zuvorzukommen. Um vier Uhr morgens, nachdem sie die ganze Nacht lang durch die Clubs gezogen waren, stiegen Joe, Sammy, Tommy Spero und ein Typ namens Frankie in ein Auto. Sammy saß hinten, und Joe saß vor ihm auf dem Beifahrersitz. Mit hoher Geschwindigkeit rasten sie den Belt Parkway in Brooklyn hinab, und Sammy feuerte aus dem fahrenden Wagen zwei Kugeln in Joes Kopf. Dann wies er den Fahrer an, in einem Wohngebiet zu halten, wo er Joe mit dem Gesicht nach unten auf die Straße warf. Er feuerte weitere drei Schüsse auf die Leiche ab, um ganz sicher zu gehen, dass Joe auch wirklich tot war.
    Anschließend wurde Sammy viel mehr respektiert. In gewissen Kreisen hatte er nun einen Ruf und ein Prestige. Er musste nicht länger Schlange stehen, um in Clubs oder Discos zu gelangen, und die Bosse mochten ihn. Er war auf dem besten Wege, ein Mafioso zu werden.
    Sammy blieb nicht lange bei der Familie Colombo. Ralph und Shorty Spero waren ein bisschen eifersüchtig über die Aufmerksamkeit, die er genoss, und sorgten sich, er könnte noch vor Shortys Neffen, dem jungen Tommy, »gemacht« werden. Mit dem Segen aller wurde mein Vater der Familie Gambino anempfohlen, wo Onkel Toddo sein Mentor wurde. Kurz darauf wurde er ein »gemachter« Mann, jemand mit voller Mitgliedschaft in der Bruderschaft der Cosa Nostra.
    Bei einer geheimen Aufnahmezeremonie im Wohnhauskeller eines der Bosse schwor er der Gambino-Organisation seine Loyalität. Einer der Männer fragte ihn, welchen Finger er gebrauche, um den Abzug einer Pistole zu bedienen. Als er seinen Zeigefinger hob, stach ihn der Mann hinein und schmierte etwas Blut auf ein Heiligenbild. Sammy hielt das Bildnis auf den Handflächen, und es wurde entzündet. Er vernahm die Warnung, dass er wie dieses Heiligenbild in der Hölle brennen werde, wenn er jemals seinen Schwur breche. Außerdem schwor er, die Omertà zu wahren, den Kodex des Stillschweigens. Als die Zeremonie vorüber war, genoss er sämtliche Privilegien und den Schutz eines »gemachten« Mannes. Er hatte aber auch die Pflicht, für die Bruderschaft zu töten. Er beschrieb die
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