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Maenner und andere Katastrophen - Roman

Maenner und andere Katastrophen - Roman

Titel: Maenner und andere Katastrophen - Roman
Autoren: Kerstin Gier
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verlotterten Zimmern im Souterrain, bis ich mich in Holger verliebte und, um in seiner Nähe zu sein, die freundliche Kleinstadt, den Studienplatz und das Souterrain mit Susanna aufgab. Ich war sicher, dass ich noch viel von ihr hätte lernen können, und sie fehlte mir sehr. Wir schrieben uns anfangs mehrmals wöchentlich, später mindestens einmal im Monat sehnsüchtige Briefe, und alles, was Susanna schrieb, war genau wie sie, flippig, witzig und spannender als Hite- und Kinsey-Report zusammen.
    Seit geraumer Zeit hatte ich jedoch eine unheilvolle Veränderung in ihren Briefen bemerkt, erst beinahe unmerklich, dann immer deutlicher. Vor einigen Monaten nämlich war Bruno in Susannas Leben getreten. Zuerst hatte sie sich über ihn lustig gemacht und ihn mir als einen spießigen Langeweiler ohne jeglichen Sex-Appeal geschildert.
    Dann war aber plötzlich alles blitzschnell gegangen. Von einem Brief zum nächsten hatte Susanna ihr Studium abgebrochen, um Bruno in seinem dörflichen Eigenheim den Haushalt zu führen und halbtags in seiner Steuerkanzlei den Telefondienst zu machen. Seit einigen Wochen stand in den Briefen nur noch, dass es ihr gutgehe und es eigentlich nichts zu erzählen gebe.
    Zutiefst beunruhigt hatte ich mich deshalb zu einem Wochenendbesuch im neuen Heim angekündigt - und siehe da, meine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet: Susanna hatte Lässigkeit und Witz mit ihren flippigen Klamotten ab- und mindestens fünfzehn Kilo zugelegt.
    Und dieser Mensch, dieser hirnschlürfende, rotznasige Bruno sollte nun der Mann sein, von dem wir in unseren gemeinsamen Unitagen - und mehr noch in den Nächten - geträumt hatten? Über der Suppe kamen mir beinahe die Tränen. Für Brunos Erscheinung in all ihren Dimensionen war »Albtraum« noch grob verharmlosend.
    Oh, Susanna, wie konnte das nur geschehen?!
    Nach dem Mittagessen wollte sie mir das Grundstück zeigen. Ich war einverstanden. Frische Luft würde helfen, die Hasensuppe zu verdauen.
    Der Garten bestand aus einem großen Stück drahtgezäunten Rasens mit einer stacheligen Tanne in der Mitte. In einer Ecke stand ein kleiner Bretterverschlag, in dem ein großäugiges, geflecktes Kaninchen vor sich hinmümmelte.
    »Ein Häschen, wie süß«, sagte ich, »wie heißt es denn?«
    »Der heißt gar net«, antwortete Susanna. »Ich hätt' ihn gern auch weg. Aber der Bruno will ihn unbedingt noch behalten.«
    Dass Bruno der Typ war, der sein Herz an einen kleinen Hasen hängte, hätte ich nun nicht gedacht. Es machte ihn gleich sympathischer. Oder jedenfalls weniger unsympathisch.
    »Wenn er so an dem Tier hängt, könnt ihr es doch auch behalten«, sagte ich zu Susanna.
    »Schon«, meinte Susanna, »aber es ist nur noch ein Hase in der Kühltruhe, und wir haben halt gern Vorrat im Haus.«
    »Ihr schlachtet das eigene Häschen?«, fragte ich, als könne mich das noch schrecken.
    »Ja, aber das macht der Bruno«, antwortete Susanna. »Den letzten an Ostern. Du hast eben davon gegessen.«
    Das hätte ich mir denken können.
    Als wir wieder ins Haus kamen, lag Bruno auf dem Sofa vor dem Fernseher, sah sich eine Quiz-Show an und bohrte mit dem Zeigefinger in seinem Ohr.
    »Ich mach schnell die Küche, dann zeig ich dir das Haus«, sagte Susanna geschäftig und füllte die Reste der Hasensuppe in eine Plastikdose. In der Tiefkühltruhe würde sie wieder in einen hellgelben Quader verwandelt und auf den nächsten Gast warten.
    »Nachher wollten wir eigentlich aufs Tabakfest gehen«, sagte Susanna unheilverkündend, »wenn du Lust hast.«
    Tabakfest hörte sich nicht sehr verlockend an.
    »Kann Bruno da nicht allein hingehen?«, fragte ich.
    »Ich würd gern mit ihm zusammen hingehen, weil wir sonst nicht oft aus dem Haus kommen«, sagte Susanna.
    Seufzend half ich ihr, den Tisch abzuräumen und zu spülen. Die Einbauküche war schneeweiß und porentief rein.
    »Sieht alles aus wie neu«, sagte ich unbehaglich.
    »Ja, nicht wahr?«, rief Susanna erfreut. »Aber ich tu auch einiges dafür, dass es so bleibt.«
    Ich stellte den blitzsauberen Suppentopf in den Schrank zu seinesgleichen.
    »Meine Güte, wie viele Töpfe hast du?«, fragte ich wehmütig. »Weißt du noch, wie wir damals mit einem Topf und einer Pfanne herumhantiert haben?«
    »Ja, furchtbar«, erinnerte sich Susanna, »wie wir gehaust haben.«
    »Ich fand's wunderbar«, verteidigte ich mich und die Susanna von früher. »Und geschmeckt hat's auch immer.«
    »Ich bin jedenfalls froh, dass es
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