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Maedchenauge

Maedchenauge

Titel: Maedchenauge
Autoren: Christian David
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Gerichtssaal zu brillieren und vor Kameras zu posieren.
    Belonoz stellte sich in die Duschkabine. Das Wasser prasselte auf ihn herab, er seifte sich ein und wusch sich die klebrige Sonnenmilch vom Leib. Er wollte sauber sein, unbefleckt, bereit für das Blut und den Schmutz, mit dem er in den kommenden Stunden konfrontiert sein würde.
    Mit einem Badetuch um die Lenden eilte Belonoz in den Garten und setzte sich in die Sonne. Er hatte noch ein paar Minuten und wollte für wenige Momente so tun, als wäre die unschuldige Ruhe nicht gestört worden. Als hätte ihn kein Anruf erreicht.
    Endlich gab er sich einen Ruck, der seinen Körper durchfuhr. Seine Muskeln spannten sich und er stand auf. Er streckte sich. Wäre jemand dabei gewesen, hätte er Belonoz zu sich selbst murmeln hören: »Es geht los.«
    Er kehrte ins Innere des Hauses zurück und schloss die Tür zum Garten. Dem Kleiderschrank entnahm er einen schwarzen Slip und schwarze Socken, ein frisches weißes Hemd und einen abgewetzten schwarzen Leinenanzug. Belonoz zog sich an, dann holte er aus einer Schublade seines Arbeitstisches den Schulterholster und die Glock 17. Die Waffe war makellos sauber, nach dem Frühstück hatte er sie sorgfältig gereinigt. Um für alle Fälle gewappnet zu sein, auch für solche, die er sich weit weg wünschte.
    Als Belonoz die Glock in den Schulterhalfter steckte, fühlte er, dass er im Dienst war. Von nun an war er ein anderer. Einer, der die Gewalt auf seiner Seite hatte.
    Der Major trat aus dem Haustor, an dem Oberleutnant Steffek eben geläutet hatte. Das Sakko hatte er um die Schultern hängen, seine Augen wurden von einer Ray-Ban-Sonnenbrille verdeckt. Grußlos ließ sich Belonoz in den Beifahrersitz des schwarzen Alfa Romeo fallen und gurtete sich an. Die Klimaanlage hatte das Wageninnere gut gekühlt.
    »Montier das Blaulicht«, sagte er leise, ohne Steffek direkt anzublicken. »Und dann gib Gas.«
    Der Oberleutnant nickte, befestigte das Blaulicht auf dem Fahrzeugdach und raste los.
    Auf Steffek wirkte Belonoz kalt und apathisch, zugleich angespannt und lauernd. Deshalb zog Steffek es vor, zu schweigen. Er kannte den Grund für Belonoz’ Stimmung nicht. Noch in den vergangenen Tagen war der Major von einer seltsam aggressiven Fröhlichkeit gewesen. Steffek wollte ihn nicht provozieren. Minutenlang waren im Alfa nur die Fahrgeräusche zu hören.
    Der rasante Fahrstil des Oberleutnants stand im Widerspruch zu dessen Erscheinung. Steffek war ein betont höflich auftretender Enddreißiger mit fortgeschrittener Glatzenbildung. Meist in Anzug und Krawatte, erinnerte er an einen biederen, milchgesichtigen Bankbeamten. Angesichts der Hitze hatte er diesmal immerhin den Schlips weggelassen.
    Steffek lenkte konzentriert, doch die Ereignisse waren nur schwer zu verdrängen. Er hielt es nicht länger aus. Er musste das Schweigen durchbrechen.
    »Kurz nach vierzehn Uhr dreißig haben die Kollegen den Notruf erhalten«, sagte er in neutralem Tonfall. »Von einer älteren Frau, einer Nachbarin des Opfers. Sie hat eine Blutlache und zahlreiche Blutspritzer gesehen. Sieben Minuten später waren zwei Streifenbeamte vor Ort. Sie haben die Wohnungstür aufgebrochen und die Leiche entdeckt. Aber eigentlich war schon vorher offensichtlich, dass wahrscheinlich wieder … Das Bild hat perfekt dem entsprochen, was wir schon kennen.«
    Steffek wartete kurz auf eine Reaktion. Doch Belonoz rührte sich nicht. Seine Blicke schienen ausschließlich den vorbeiziehenden Straßen zu gelten.
    »Auch sonst die gleiche Vorgangsweise wie in den zwei anderen Fällen«, fuhr Steffek fort. »Zahlreiche Stiche in den Hals und den Oberkörper. Dazu das Klebeband, und die Augen … Und die Wohnungstür war geschlossen, der Schlüssel steckte innen.«
    Vorübergehend musste Steffek die Sirene einschalten. Ein unaufmerksamer Autofahrer wurde aus dem Weg gescheucht.
    »Die Leiche hat sich auf einem Sessel befunden, in Sitzhaltung, aber zusammengesunken. Wieder keine Anzeichen für sexuelle Handlungen. Alle Fenster waren geöffnet, Vorhänge gibt es dort keine, und die Jalousien waren nicht heruntergelassen. In der gesamten Wohnung war das Licht angedreht. Die Augen des Opfers hat der Täter wie in den beiden anderen Fällen ausgestochen und einen Teil des Kopfes mit schwarzem Duct Tape verklebt.«
    Der Major blieb stumm.
    »Bei ein paar Hausbewohnern haben wir uns schon umgehört. Bisher war die Ausbeute mager. Niemandem ist irgendetwas aufgefallen.«
    Belonoz
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