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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial
Autoren: Eva Karnofsky
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Mittelund Oberschicht. Die beiden Brasilianerinnen Luiza Erundina und Marina Silva sowie die Kolumbianerin Gloria Cuartas repräsentieren eine Minderheit. Alle drei haben im Übrigen ihren Weg als Sozialarbeiterinnen begonnen, während bei den Frauen der Mittel- und Oberschicht oft ein Jurastudium am Anfang der politischen Karriere stand.
    Weitaus öfter als europäische Politikerinnen fallen deren lateinamerikanische Kolleginnen durch teure Eleganz, perfektes Make-up und eine ebensolche Figur auf. Schon Eva Perón wurde trotz – oder wegen? – ihrer Juwelen und ihrer aufwendigen Kleidung von den Armen geliebt. Selbst Dilma Rousseff, in ihrer Jugend den Fotos zufolge eher uneitel, ließ sich liften, bevor sie sich in den Präsidentschaftswahlkampf stürzte, und María Emma Mejía etwa macht kein Hehl daraus, dass sie früher als Model gearbeitet hat und jeden Morgen den Fitnessraum aufsucht. Für die Venezolanerin Irene Sáez war die Tatsache, dass sie Miss Venezuela und Miss Universum war, mindestens ebenso karrierefördernd wie ihr Politologiestudium. Auch eine der berühmtesten lateinamerikanischen Politikjournalistinnen, die Kolumbianerin Patricia Janiot, hatte man in ihrer Jugend zur Miss Colombia gekürt. Niemand käme auf die Idee, einer »Miss« intellektuelle Fähigkeiten abzusprechen, im Gegenteil. In vielen Ländern, vor allem im Karibikraum, gelten Misswahlen als kulturelle Ereignisse, bei denen die Nation vor dem Fernseher mit der eigenen Kandidatin mitfiebert. Folglich hat eine Politikerin, die nicht den gängigen Schönheitsidealen entspricht, verminderte Chancen, gewählt zu werden.
    Auffällig ist ferner, dass viele Frauen, die es bis ganz nach oben geschafft haben, irgendwann in ihrem Leben entweder für die Vereinten Nationen oder eine ihrer Unterorganisationengearbeitet haben wie Michelle Bachelet oder Marta Lagos, durch deren Preise gefördert wurden wie Gloria Cuartas, oder deren Kampagnen als Botschafterinnen des guten Willens unterstütz(t)en wie Rigoberta Menchú oder Shakira. Und Modeschöpferin Beatriz Canedo Patiño konnte ihre Modelle in Genf auf den Catwalk bringen, weil die UNCTAD (
United Nations Conference on Trade and Development
, dt.: Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung) aus Anlass des Jahres der Biodiversität eine Modenschau organisiert hatte, auf der lediglich Mode aus Naturfasern ohne chemische Färbung gezeigt wurde. Die UNO und ihre Organisationen tragen ihren Teil dazu bei, aktive Frauen in Lateinamerika zu unterstützen.
AUSWAHLKRITERIEN UND LITERATURGRUNDLAGE
    Anhand der Porträts einer Auswahl von Frauen will dieser Band darstellen, dass diese seit je am politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben Lateinamerikas teilnehmen und Herausragendes leisteten und leisten – wobei Herausragendes nicht notwendigerweise auch von großem politischen oder gesellschaftlichen Nutzen oder von hohem moralischen Wert sein muss.
    Es soll in den einzelnen Porträts aufgezeigt werden, mit welchen Schwierigkeiten die Frauen zu kämpfen hatten und haben, um sich in bis heute männlich dominierten Gesellschaften in ihrem jeweiligen Bereich durchzusetzen. Die Porträts wollen den Werdegang der Frauen und ihr persönliches Umfeld schildern und ihre jeweilige politische und/oder gesellschaftliche Rolle beschreiben.
    Der Band kann naturgemäß nicht alle Frauen vorstellen, die in Lateinamerika von öffentlicher Bedeutung waren und sind, so dass eine Auswahl getroffen werden musste. Oft entschied die Wichtigkeit der Person, oft aber auch die Materiallage. Soliegen etwa über Encarnación Ezcurra, Ehefrau des argentinischen Diktators Juan Manuel de Rosas, sehr wenige Quellen vor, obwohl sie zu ihrer Zeit die gleiche Funktion und eine ähnliche politische Bedeutung für Rosas gehabt haben soll wie später Evita für Juan Domingo Perón. Ähnliches gilt für Juana Azurduy, die bolivianische Unabhängigkeitskämpferin mit ländlich-indigenen Wurzeln. Manuela Sáenz und Leopoldine von Habsburg dagegen haben umfangreiche Korrespondenz geführt, aufgrund derer wir mehr über ihr Leben und Denken wissen. Doch auch viele Aktivistinnen des 20. Jahrhunderts haben ihr Leben und ihre persönlichen Erlebnisse nicht so preisgegeben oder in den Vordergrund gestellt wie Domitila Barrios oder Rigoberta Menchú, deren ausführliche Lebensberichte, zumeist nach Überarbeitung durch eine Journalistin oder Ethnologin, veröffentlicht wurden. Diese Zeugnisse von Leiden und
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