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Madonna

Madonna

Titel: Madonna
Autoren: Kathrin Lange
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warst.« Sie hakte sich bei ihm unter und zog ihn Richtung Haustür. »Wir hatten gehofft, du würdest rechtzeitig wieder in Nürnberg sein.«
    »Ich wurde aufgehalten.« Als Katharina Arnulf durch die Tür ins Innere des Hauses zog, nahm er den Hut ab. Das Schwert an seiner Seite streifte die Wand.
    »Hast du etwas in Erfahrung bringen können?«
    »Lass mich erst mal mich hinsetzen«, bat Arnulf. »Ich bin eben erst aus dem Sattel gestiegen.«
    Katharina führte ihn in den Salon und bot ihm einen Sessel an. Während sie ihm ein Glas Wein einschenkte, kamen Schritte die Treppe aus dem Obergeschoss herunter, und Richard betrat den Raum.
    »Arnulf!« Über sein Gesicht glitt ein Strahlen.
    Die beiden Männer begrüßten sich mit einer Umarmung, die weitaus ruppiger ausfiel als jene, die Arnulf von Katharina erhalten hatte. Und nachdem auch Richard gefragt hatte, was er herausgefunden hatte, begann der Nachtrabe zu erzählen.
    »Zuerst habe ich das Kloster in Augsburg aufgesucht«, erklärte Arnulf. »Das, von dem du mir gesagt hast, dass Kramer dort vor seiner Reise nach Nürnberg gewohnt hat. Ich habe mich dort ein bisschen umgehört.«
    Richard hatte ihn gebeten, einige Informationen über den Inquisitor zu sammeln, damit sie sich ein Bild darüber machen konnten, ob Katharina nach wie vor Gefahr aus dieser Richtung drohte.
    Arnulf trank einen Schluck, dann einen zweiten, bevor er fortfuhr: »Die Mönche dort konnten mir allerdings auch nicht wirklich sagen, was Kramer für ein Kerl ist. Die einen halten ihn für einen Heiligen, die anderen für den Teufel in Menschengestalt. Eine gemäßigte Reaktion scheint dieser Mann nirgendwo auszulösen. Vielleicht sollten wir froh sein, dass er das Zeitliche gesegnet hat.«
    Katharina stellte die Karaffe fort und setzte sich auf die äußerste Kante eines Sessels. »Tja«, murmelte sie.
    Arnulf schaute sie fragend an.
    »Er lebt. Er befindet sich im Predigerkloster und wird dort recht gut medizinisch versorgt.« Richard zuckte die Achseln.
    »Verdammt!«, fluchte Arnulf. Entschuldigend lächelte er Katharina an.
    Sie legte die Hände in den Schoß. »Die Toskana ist weit weg«, sagte sie. »Bis dahin wird Kramers Arm schon nicht reichen.«
    »Was ist mit der anderen Sache?«, fragte Richard.
    Erstaunt sah Katharina ihn an.
    Arnulf leerte seinen Becher bis zur Neige. Auf einmal wirkte er, als sei ihm überaus unbehaglich. »Willst du das wirklich vor ihr besprechen?«
    Katharina erfasste ein ungutes Gefühl. Gleich, das ahnte sie, würde sie etwas erfahren, das ihr nicht gut gefallen würde! Sie begegnete Richards Blick und las in ihm den Wunsch, sie zu beschützen.
    Wag es nicht!, dachte sie im Stillen.
    Er verstand sie. »Rede!«, forderte er Arnulf auf.
    Der räusperte sich.
    Katharina tastete nach Richards Hand, während Arnulf weitersprach. »Deine Mutter, Katharina. Ich habe ein wenig über sie nachgeforscht, und ich habe herausgefunden, dass dein … Vater … dass deine Mutter vor Bertram Augspurger und Matthias Körber schon einmal verheiratet gewesen war.« Seine Worte klingelten in Katharinas Ohren.
    Ganz langsam purzelten die Mosaiksteinchen in ihrem Geist an ihren Platz und ergaben endlich ein vollständiges Bild. »Du …« Sie biss sich auf die Wange, bevor sie weitersprechen konnte. »… Es hat einen Grund, warum du ›Matthias Körber‹ gesagt hast und nicht ›dein Vater‹, oder?«
    Langsam, als seien die Muskeln in seinem Hals jäh zu starren Seilen geworden, nickte Arnulf. In seinen grünen Augen lag ein schwer zu deutender Ausdruck. »Mechthilds erster Mann, Katharina, er … hieß Burckhard.«
    Katharina spürte, wie alle Kraft aus ihr herausfloss und jeden Anflug von Freude mit sich nahm. Plötzlich hüllten die grauen Spinnweben ihrer melancholia sie wieder ein, und sie zogen sich so fest um sie, dass sie kaum noch Luft bekam. Willenlos ließ sie sich von Richard in den Arm ziehen.
    »Burckhard Kramer war mein Vater!« Jetzt endlich ergab auch das letzte Detail einen Sinn. Nicht nur, dass ihr als Kind Gewalt angetan worden war: Es war ihr eigener Vater gewesen, der sich an ihr vergriffen hatte! Ein Mann, dem sie bedingungslos vertraut hatte. Das war der Grund, warum sie heute unfähig war, Vertrauen zu fassen! Das war der Grund für ihre melancholia …
    Sie drehte den Kopf so, dass sie Richard ins Gesicht schauen konnte.
    »Scht!«, machte er und küsste ihre Hände.
    Arnulf saß schweigend in seinem Sessel und starrte auf den Boden seines
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