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Macho-Mamas

Titel: Macho-Mamas
Autoren: Michèle Binswanger , Nicole Althaus
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kaum etwas Unsexyeres als Muttersein. Also Weib entscheide Dich: sei entweder Mama oder sexy, sonst machst Du Dich nur lächerlich. Denn an den Tag kommt die Wahrheit ohnehin. Und fremde Männer interessieren sich eh nicht mehr für Dich. Frag mal die Alleinerziehenden.
     
    Wer sich in der Öffentlichkeit exponiert, bietet Angriffsfläche – das gilt für beide Geschlechter. Frauen müssen jedoch zusätzlich in Kauf nehmen, dass die Kritik fast immer auch auf ihre Person, ihre Weiblichkeit, ihre Attraktivität oder ihre Intelligenz zielt. Diese Art der Kritik hat eine lange Tradition. Bereits die ersten Frauenrechtlerinnen, die im Zuge der Französischen Revolution gleiche Rechte beanspruchten, wurden von den damaligen Karikaturisten als Megären verspottet. Wer sich als Frau gegen die traditionelle Definition des Weiblichen stemmt und Geschlechterhierarchien in Frage stellt, wird als hässlich und unweiblich beschimpft. Und machthungrige Frauen sowieso. In ihrem einflussreichen Buch Backlash aus dem Jahr 1991 beschrieb die US-Journalistin Susan Faludi, wie in der konservativen Reagan-Ära der achtziger Jahre misogyne Stereotypen gegen den Feminismus in Stellung gebracht wurden: Die Medien brachten Horrorstorys über beruflich erfolgreiche Frauen, die unweigerlich an Burn-out, unfreiwilliger Kinder- und Ehelosigkeit, an Depressionen, Alkoholismus, Haarausfall oder gleich an allem zusammen litten.
    Heute, da eine große Mehrheit der Frauen berufstätig ist, hat sich der Fokus dieser Diskussion hin zu den Müttern verschoben. Es scheint, als hätten sich die ganzen konservativen Vorstellungen darüber, was eine «richtige» Frau ist und wie sie sich benehmen sollte, in unserem Ideal der guten Mutter abgelagert und, vom Feminismus unbeleckt, die Jahrzehnte überdauert. Noch nie gingen die Vorstellungen darüber, wie eine gute Mutter zu sein hat, so weit auseinander wie heute. Noch nie wurde heftiger darüber diskutiert. Und noch nie haben Mütter sich dabei schlechter gefühlt: 425 000 Treffer bekommt, wer bei Google «Mutter und schlechtes Gewissen» eingibt. 1,5 Millionen Treffer, wer dasselbe auf Englisch eintippt. Eine gute Mutter hat nicht nur ihre Ansprüche, Bedürfnisse und Interessen ganz auf ihre Kinder auszurichten, sondern sie muss dies auch gern tun und volle Befriedigung darin finden. Aber selbst Mütter, die diesem Ideal zu entsprechen versuchen, sind vor Kritik nicht gefeit. Sie ist dann vielleicht eine gute Mutter, aber eine schlechte Frau, weil sie sich freiwillig in ein Abhängigkeitsverhältnis hineinbegeben hat und dem Mann die Rolle des Alleinernährers aufbürdet, der im Scheidungsfall für sie und die Kinder sorgen muss.
    Im englischen Sprachraum hat sich für den Begriff Zickenkrieg Mommywar, Mamikrieg, durchgesetzt.
    Seit kurzem klagen auch Männer öffentlich, dass sie unter einem starken gesellschaftlichen Druck stehen: Auch sie werden heute unablässig dazu aufgefordert, ihren Körper zu trainieren, die richtigen Anzüge zu tragen, Karriere zu machen und trotzdem ein leidenschaftlicher Ehemann zu bleiben und ein guter Vater zu werden. Und auch ihnen ist nicht klar, wie sie das alles unter einen Hut bringen sollen. Auch Männer haben schon seit je darunter gelitten, die finanzielle Alleinverantwortung für ihre Familie zu tragen. Nur reden sie kaum darüber. Väter führen keinen Krieg darum, was ein guter Vater ist.
    Gleichberechtigung zu leben ist für beide Geschlechter schwierig. Doch im Umgang mit den neuen gesellschaftlichen Forderungen könnten Männer und Frauen durchaus voneinander lernen: Wenn wir uns darauf einigen könnten, dass Männlichkeit nicht von der Höhe des Gehaltsschecks abhängt und Weiblichkeit sich nicht in der Mutterrolle erschöpft, sondern dass Frauen wie Männer gleichermaßen fähig sind, für ihre Familie Geld zu verdienen und für ein Kind zu sorgen und es zu erziehen, wären wir schon einen großen Schritt weiter.
     
    Das TV-Interview ging schnell vorüber. Die beiden schlüpften in ihre Mäntel, verließen das Gebäude und steuerten die nächste Bar an. Vor lauter Terminen und Weihnachtsrummel hatten sie ganz vergessen, auf ihren Erfolg anzustoßen. Das wollten sie nachholen, bevor sie sich zu ihren Familien verabschiedeten. Jubel und Heiterkeit kam aber nicht auf, als sie mit aufgestützten Ellbogen an der Theke hingen, froh, dass sie diesen Auftritt hinter sich und vor sich ein bisschen Zeit für die Familie hatten. Außerdem war es nicht so toll
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