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MacBest

Titel: MacBest
Autoren: Terry Pratchett
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auf.
    »Was?«
    »Ich habe gefragt: Bedeutet ›ominös‹ unangenehm?«
    »Wie? Oh. Nein. Nein, ich glaube nicht.«
    »Was bedeutet es dann?«
    »Keine Ahnung. Länglich, glaube ich.« Hwels Blick kehrte wie gebannt zum Manuskript zurück. »Erinnerst du dich daran, was er nach all dem Mich-trifft-keine-Schuld sagte? Ich bringe es dauernd durcheinander …«
    »Und es war nicht nötig, alle darauf hinzuweisen, daß ich … adoptiert worden bin«, fügte Tomjon hinzu.
    »Aber es entspricht der Wahrheit«, erwiderte der Zwerg geistesabwesend. »Was solche Dinge betrifft, ist es besser, ehrlich zu sein. Nun, hat er sie wirklich erstochen oder nur Vorwürfe gegen sie erhoben?«
    »Ich will kein König sein!« zischte Tomjon heiser. »Alle behaupten, ich sei ganz wie mein Vater!«
    »Komische Sache, daß es immer heißt, man sei wie der Vater«, murmelte Hwel. »Wenn das bei mir der Fall wäre, schwänge ich nun dreißig Meter unter dem Boden eine Spitzhacke. Doch in Wirklichkeit …« Er unterbrach sich und starrte auf die Spitze seines Federkiels, als ginge eine unglaubliche Faszination davon aus.
    »Doch in Wirklichkeit was?«
    »Wie?«
    »Hörst du überhaupt nicht zu?«
    »Ich wußte, daß alles falsch klang, als ich dieses Stück schrieb. Von Anfang an gewann ich den Eindruck, daß alles verkehrt herum war … Was? O ja. Sei ein König! Guter Job. Scheint sich durch eine gehörige Portion Konkurrenzkampf auszuzeichnen. Wie dem auch sei: Ich freue mich für dich. Sobald du König bist, kannst du ganz nach Belieben schalten und walten.«
    Tomjon musterte die am Tisch sitzenden Würdenträger von Lancre. Sie bedachten ihn mit aufmerksamen, berechnenden Blicken, wie das Publikum bei einer Mastvieh-Versteigerung. Sie versuchten ihn einzuschätzen. Eine feuchte und klamme Erkenntnis offenbarte sich ihm: Sobald er König war, konnte er sich wirklich alle seine Wünsche erfüllen – vorausgesetzt, sie bestanden darin, König zu sein.
    »Wie wär’s, wenn du dir dein eigenes Theater baust?« In Hwels Augen leuchtete es kurz. »Mit so vielen Falltüren, wie du willst. Und mit prächtigen Kostümen. An jedem Abend könntest du die Hauptrolle in einem neuen Stück spielen. Ich meine, im Vergleich dazu ist die Scheibe wie ein Schuppen.«
    »Und wer käme, um mich zu sehen?« fragte Tomjon. Er ließ die Schultern hängen.
    »Alle.«
    »Was, jeden Abend?«
    »Du könntest deinen Untertanen befehlen, bei den Aufführungen zugegen zu sein«, schlug Hwel vor, ohne den Kopf zu heben.
    Eine solche Bemerkung habe ich geahnt, dachte Tomjon. Und dann, etwas fröhlicher: Er meint es bestimmt nicht ernst. Er hat sein Manuskript. Eigentlich existiert er überhaupt nicht in dieser Welt, zumindest nicht gerade jetzt.
    Er nahm die Krone ab, drehte sie hin und her. Sie bestand nicht aus viel Metall, aber trotzdem fühlte sie sich schwer an. Er fragte sich, wie schwer sie werden mochte, wenn er sie ständig trug.
    Am einen Ende des Tisches stand ein leerer Stuhl, auf dem – wie man ihm versichert hatte – der Geist seines leiblichen Vaters saß. Es wäre nett zu berichten, daß Tomjon bei der Vorstellung mehr gespürt hatte als nur frostige Kühle und ein leises Summen in den Ohren.
    »Vielleicht kann ich Vater helfen, die Scheibe zu bezahlen«, sagte er.
    »Darüber wäre er sicher glücklich«, entgegnete Hwel.
    Erneut drehte Tomjon die Krone und lauschte niedergeschlagen den Gesprächen um ihn herum.
    »Fünfzehn Jahre?« brachte der Bürgermeister von Lancre hervor.
    »Uns blieb keine andere Wahl«, betonte Oma Wetterwachs.
    »Ich glaube, in der letzten Woche war der Bäcker ein wenig früh dran.«
    »Nein, nein«, sagte die Hexe und schüttelte den Kopf. »So funktioniert es nicht. Niemand hat etwas verloren.«
    »So wie ich die Sache sehe, fehlen uns allen fünfzehn Jahre«, warf jener Mann ein, der in Lancre die Pflichten des Herolds, Stadtschreibers und Totengräbers wahrnahm.
    »Nein, wir haben sie gewonnen«, widersprach der Bürgermeister. »Ist doch ganz klar. Man kann die Zeit mit einer Art kurvenreichen Straße vergleichen, und wir nahmen die Abkürzung übers Feld.«
    »Ganz und gar nicht.« Der Stadtschreiber schob ein Blatt Papier über den Tisch. »Sieh mal, hier …«
    Einmal mehr ließ Tomjon zu, daß sich die Fluten der Konversation über ihm schlossen.
    Alle wollten ihn als König. Niemand verschwendete einen Gedanken daran, was auf seinem Wunschzettel stand. Seine Ansichten spielten überhaupt keine Rolle. Ja, genau,
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