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Macabros 115: Skorokka - Strom ins Totenland

Macabros 115: Skorokka - Strom ins Totenland

Titel: Macabros 115: Skorokka - Strom ins Totenland
Autoren: Dan Shocker
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wieder Bewegung. Ein Ruck ging
durch das wie Eis aussehende Wasser, dann stürzte es donnernd in
die Tiefe, und der Wasservorhang verdeckte ihnen die Sicht in die
terrassenförmig angelegte Höhle, in der sich nun Björn
Hellmark befand.
    Die draußen wartenden Freunde blickten unverwandt auf den
rauschenden Wasserfall. Fontänen spritzten am Rand des
smaragdgrünen Sees wieder hoch, das bis vor wenigen Augenblicken
ruhige Wasser kräuselte sich wieder. Die Spiegelbilder der drei
Menschen wurden zu grotesk verzerrten Schemen.
    Die nachfolgenden Minuten wurden zu einer Ewigkeit für
sie.
    Das vereinbarte Zeichen kam nicht. Björn Hellmark ließ
sich nicht sehen.
    Betroffen blickten Danielle, Rani und Arson sich an…
     
    *
     
    Der Mann, der den altmodischen Anorak trug, ballte die Fäuste
und preßten halblaut einen Fluch zwischen den Zähnen
hervor.
    Ronald Myers, der das Aussehen von Marvin Cooner angenommen hatte,
verstand die Welt nicht mehr.
    Etwas Metaphysisches war geschehen.
    Myers war überzeugt davon, daß er dies alles nicht
wirklich erlebte.
    Dieser Unfug, den er zusammenträumte, konnte niemals wahr
sein.
    Aber obwohl er sich das einredete und krampfhaft zu erwachen
versuchte, änderte sich nichts an seinem Zustand.
    Er war hellwach, bekam alles mit jeder Faser seines Körpers
mit und begann an seinem Verstand zu zweifeln.
    Dieser Körpertausch trieb ihn an den Rand des Wahnsinns.
    Myers wußte nicht, wie er den machtvoll aufkommenden
Gefühlen, Ängsten und Zweifeln Herr werden sollte.
    Er wankte die nächtliche Straße entlang, an
Häusern, die er kannte und ihm vertraut waren.
    Hier gehörte er hin, hier lebte er, hier kannte er jeden
Nachbarn. Was würde geschehen, wenn er jetzt zum Beispiel bei
Stuart klingelte? Er sah noch Licht hinter den zugezogenen Fenstern.
Stuart war oft bis spät in die Nacht hinein auf. Er sammelte
leidenschaftlich Briefmarken. Die ganze Welt war sein Metier. Er
ließ sich die bunten Papierchen von überall her kommen,
unterhielt einen zeitraubenden und umfangreichen Briefwechsel, um den
ihn jedes Großraumbüro beneidet hätte.
    Myers nagte an seiner Unterlippe.
    Unverwandt starrte er zu den beleuchteten Fenstern hinüber
und hatte nur den einen Wunsch, daß sich die Tür des
Hauses öffnen und Stuart mit seinem Schäferhund
herauskommen würde. Das Tier lag stets hinter der Haustür,
und sein Besitzer führte es nachts kurz noch mal aus, bevor er
sich schlafen legte.
    Der Hund kannte Myers!
    Ronald Myers merkte, wie er in eine andere Richtung zu denken
begann. Er schöpfte wieder Hoffnung, während er nervös
die Hosentaschen durchwühlte, die Taschen des Anoraks, um anhand
dieser Dinge – wie er ebenfalls hoffte – etwas mehr
über seine ›Identität‹ zu erfahren.
    Er trug eine Brieftasche mit Ausweispapieren, Fahrzeugerlaubnis
und Zulassung eines Triumph Vitesse bei sich, der ein Londoner
Kennzeichen hatte.
    Aus den Papieren entnahm er die derzeitige Wohnung Marvin
Cooners.
    Im Licht der Straßenlaterne sah er sich die Dinge an, die er
aus den Taschen befördert hatte.
    Eine Geldbörse mit kleinem Betrag besaß er
ebenfalls.
    Er war ganz und gar Cooner! Äußerlich… Aber er war
es nicht innerlich, nicht mit seiner Identität. Er dachte und
fühlte nach wie vor wie Ronald Myers… Und das war das
Teuflische an dieser verfahrenen Situation!
    Er wußte alles über sein Leben, über sein Dasein
als Ronald Myers – und konnte doch nicht als Myers auftreten,
weil sein Äußeres gegen ihn sprach.
    Der Gedanke, zur nächsten Telefonzelle zu laufen und die
Polizei anzurufen, war ihm längst gekommen. Aber alles, was er
darstellte, sprach gegen ihn. Es nutzte ihm überhaupt nicht,
wenn er behauptete, der Transportunternehmer Ronald Myers zu sein: Er
konnte es nicht beweisen! Würde er verlangen, daß die
Polizei mit ihm in das Haus ging, in dem er wohnte, dann würde
man ihn auslachen, denn der andere, der falsche Myers, konnte alles
abstreiten. Der andere sah schließlich aus wie Myers – und
jeder aus der Nachbarschaft konnte dies nur bestätigen…
    Er war zum Statist geworden, zum Clown… man würde ihn
vielleicht ganz und gar in eine Nervenheilanstalt stecken, wenn er
allzu nachdrücklich darauf bestand, Ronald Myers zu sein. In den
Augen der anderen war er nichts weiter als ein Schizophrener.
    Je länger sein Zustand dauerte, desto deutlicher wurde ihm
die ganze Tragweite des Geschehens.
    Er wurde aus seinen quälenden Gedankengängen
herausgerissen, als sich im
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