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Macabros 046: Blutsiegel des Molochos

Macabros 046: Blutsiegel des Molochos

Titel: Macabros 046: Blutsiegel des Molochos
Autoren: Dan Shocker
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Dinge
zwischen Himmel und Erde gibt, von denen wir Normalbürger hier
unten auf der Erde gar keine Ahnung haben.«
    Joan atmete tief durch. Schien es anfangs, als käme es ihr
darauf an, so schnell wie möglich die Dinge beim Namen zu
nennen, näherte sie sich doch nur äußerst zaghaft dem
Kern ihrer Ausführungen.
    Chas drängte sie nicht. Sie fuhr fort: »Vater
beschäftigte sich während der letzten Monate seines Lebens
hauptsächlich mit der Theorie – einer Zeitreise. Dieses
Interesse hatte ich davor nie bei ihm bemerkt! Er fing geradezu von
einem Tag zum anderen an. ›Es ist doch nichts unmöglich,
Joan‹, ließ er mich eines Tages wissen. ›Man kann das
Unwahrscheinliche Wirklichkeit werden lassen. Wenn man fest an etwas
glaubt und ganz konsequent seine Absicht verfolgt, kommt man eines
Tages auch an das gewünschte Ziel. Ich bin überzeugt davon,
daß es den Sprung von einer Zeit in die andere tatsächlich
gibt. Man muß nur wissen: was ist die Zeit? Woraus besteht sie?
Ist sie eine Materie? Wenn man diese Fragen geklärt hat, gelangt
man sicher schnell auf den Weg in ein phantastisches Land, das mit
Worten zu beschreiben unmöglich ist…‹ Ich hielt das
für Schwärmereien, für eine neue Marotte von ihm.
Später dann erwähnte er auch nichts mehr von diesen Dingen,
und ich vergaß sie. Dann fand man Vater tot auf, von einem
Schwert niedergestochen…«
    Das Wort Schwert elektrisierte Chaster Morgan. Er wußte
nicht, weshalb das so war. Kurz nur flackerte ein fremdes, aber
bestimmendes Gefühl in ihm auf, und im nächsten Augenblick
war es schon wieder verschwunden.
    »… An die komischen Bemerkungen vor seinem Tod wurde ich
jedoch ganz plötzlich wieder am 15. Mai erinnert.«
    »Wieso gerade am 15. Mai?«
    »Das will ich versuchen. Ihnen zu erklären…
möglich, daß es vollkommen unsinnig ist, was ich jetzt
sage. Aber mir gehen bestimmte Gedanken einfach nicht mehr aus dem
Kopf. Vielleicht steckt in den Überlegungen, die ich nicht mal
völlig klar sehe, doch etwas, was Sie als Außenstehender
besser beurteilen können als ich, die unmittelbar betroffen ist.
Wahrscheinlich würden die Leute von der Mordkommission über
das, was ich gedacht habe, lächeln… Deshalb habe ich auch
Captain Beverly noch nichts davon erzählt und lasse den Dingen
ihren Lauf… Ich muß jetzt recht umschweifend und
ausführlich werden. Es tut mir leid, Ihre Zeit so stark zu
strapazieren…«
    »Das tun Sie nicht, Joan.«
    Sie lächelte. »Danke! Ich werde mich so kurz fassen wie
möglich. Aber ich kann auf bestimmte Dinge nicht verzichten. Es
wäre gut, wenn Sie versuchen würden, aufgrund meiner Worte
sich den Tag, von dem ich Ihnen erzähle, genau
vorzustellen…«
    Das tat Chaster Morgan. Vor seinem geistigen Auge ließ er
den Abend des 15. Mai entstehen, den Joan Cassner detailliert
schilderte…
     
    *
     
    Fred Cassner saß in seinem Arbeitszimmer. Es lag ebenfalls
im Parterre wie das Empfangszimmer, die Salons und die beiden Zimmer
seiner Tochter Joan.
    Nur das Licht der Schreibtischlampe brannte. Es leuchtete eine
scharf umrissene Fläche auf der Tischplatte aus, die Cassner
deutlich sehen mußte, um Eintragungen in sein Notizbuch
vorzunehmen.
    Der Rest des Zimmers lag im Halbdunkel.
    Es war wenige Minuten vor neun Uhr abends.
    Sämtliche von außen erreichbaren Türen des Hauses
waren abgeschlossen wie üblich. Der Elektronikzaun war
eingeschaltet.
    Nur die Verandatür zum Garten stand weit auf, ließ den
Duft von Jasmin und Hibiscus hereinströmen.
    Fred Cassner hörte leise Geräusche. Sie kamen von oben.
Joan hielt sich in der umfangreichen Bibliothek des Hauses auf, die
genau über dem Arbeitszimmer lag.
    Manchmal lockte Joan weder Besuch, noch Gäste, noch
Fernsehen, Kino oder eine Party. Da kam einfach eine große
Leselust über sie, und die stöberte in der Bibliothek herum
auf der Suche nach alten Büchern, die sie noch nicht kannte.
    Joan zog droben die Tür zu. Sie hatte gefunden, was sie
suchte, und wollte nach unten kommen.
    Da vernahm sie ein fremdartiges Geräusch. Es klang wie ein
leises Summen.
    Das irritierte sie. Derartige Laute waren ihr im Haus nicht
bekannt.
    Joan Cassner hielt den Atem an.
    Nun war es plötzlich wieder vollkommen still. Das unbekannte
Geräusch trat auch nicht wieder auf.
    Joan zog die Tür vollends ins Schloß und ging dann zur
Treppe, um nach unten zu laufen.
    Sie faßte das Treppengeländer an…
    Da war es wieder!
    Das Summen trat in einer solchen Intensität auf, daß
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