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Macabros 030: Tempel der Versteinerten

Macabros 030: Tempel der Versteinerten

Titel: Macabros 030: Tempel der Versteinerten
Autoren: Dan Shocker
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paradiesischen Garten zu
durchstreifen.
    Es waren genau dreihundert Stufen bis zum hochgelegenen Plateau.
Sphärenmusik hüllte sie ein, als kämen die Töne
aus dem opalfarbenen Himmel über ihnen. Der Duft war so kostbar,
die Farben waren so schillernd, daß irdische Worte das nicht
beschreiben könnten.
    Doch alles war nur ein Trugbild, eine Vision, wie auch die Bilder
von der Insel selbst nicht echt gewesen waren. Gezwungenermaßen
drängten sich ihm diese Gedanken auf, denn was er bisher an
Wirklichkeit erlebt hatte, paßte nicht nicht zu der Kulisse,
die er jetzt wahrnahm.
    Eine Göttin lockte. Von Aii-Ko’on-Tak erwarteten die
Menschen in ihrer Bedrängnis Hilfe und Ratschlag. Aber man
wußte auch gleichzeitig von ihr, daß sie zum Kampf
forderte, daß sie ihr Geheimnis nicht verschenkte, daß
man es erobern mußte.
    Der Kampf mit der Göttin brachte Grauen. Und das wollte ihm
nicht in den Sinn.
    Er ließ den Blick über das scheinbar endlose Land
schweifen. Er blickte über Täler und Höhen und hatte
das Gefühl, direkt vom Himmel herabzusehen. Die fernen
Wälder und Steppen schmiegten sich an den Horizont und
verschmolzen mit ihm. Was verbargen die düsteren, verhangenen
Täler und Ebenen, was die Wälder, die er von hier aus
sah?
    Lag da hinten irgendwo das Reich der Geister und Untoten, mit dem
er bisher noch keinen Kontakt hatte? Wieviel der unseligen Lebewesen,
die aus einem unerfindlichen Grund hier existierten, hatte die
Göttin schon durch den Streich ihrer vierten Kampfhand gerufen?
Warum mußten Grauen und Schrecken herrschen, warum mußten
diejenigen, die hier Zuflucht suchten, sich vor den unheimlichen
Wesen verbergen, welche die Nacht ausspie und die neue Opfer
suchten?
    Er war froh, noch vor Einbruch der Dunkelheit in dieses Gebirge
gekommen zu sein und keinen Zusammenstoß mit Geistern und
Untoten gehabt zu haben. Jeder Kampf kostete Kraft. Diese Kraft hatte
er aufgespart – für die Begegnung mit
Aii-Ko’on-Tak.
    Was würde ihn im Innern des Tempels erwarten?
    »Bleibt hier«, sagte er unvermittelt, sah Pepe und dann
Vonx fest an. »Ich seh’ mich drin mal um.« Mechanisch
griff er schon, während er das sagte, zum Schwert, dabei an all
das denkend, was er vernommen und selbst erlebt hatte.
    Pepe hielt seine Hand fest. »Bleib hier! Laß uns
weitergehen.« Seine Stimme klang besorgt. Auch er mußte an
das denken, was Björn ihm erzählt und was er mit eigenen
Augen gesehen hatte.
    Ihre Blicke begegneten sich. Es bedurfte nicht vieler Worte. Pepe
wußte, daß ein Mann manchmal etwas tun mußte, wovon
ihn niemand abhalten konnte. Björn Hellmark allein konnte nur
die Entscheidung treffen, die er für richtig hielt.
    »Ich weiß nicht, was mich da drin erwartet – und
ich weiß nicht, ob es richtig ist, überhaupt
hineinzugehen. Wenn jedoch nur ein Zipfel Wahrheit an dem ist, was
Hasard Kolon mir berichtet hat, Pepe, dann wäre es ein
großer Fehler, die Schwelle zu diesem Tempel nicht zu
überschreiten. Wir haben nur eine kleine Chance, aber das ist
besser als keine. Hier auf der Insel sind wir gefangen, und niemand
weiß, was werden wird. Keiner weiß auch, was geschieht,
wenn es mir nicht gelingt, der Göttin das Geheimnis der Zukunft
zu entreißen und ihre Mithilfe herauszufordern. Ihr Name
spricht für sie: Aii-Ko’on-Tak… Aii… das ist die
achtarmige… Ko’on… die mit den zwei Sinnen…
bisher aber scheint mir, scheint sie immer nur eines Sinnes gewesen
zu sein: die Menschen zu quälen, ihnen Leid zu bringen und sich
an ihrem Unglück zu erfreuen. Das alles sind dämonische
Eigenschaften. Wie immer ich auch zurückkehren mag: Seid auf der
Hut vor mir! Ich weiß nicht, wie ich sein werde… Sollte
ich nicht wiederkommen, zieht eures Weges und versucht das
Möglichste aus einer mißlichen Lage zu machen. Ein
geringer Trost, ich weiß, aber viel Auswahl läßt uns
dieses mysteriöse Eiland nicht.«
    »Was würdest du machen… wenn du allein
zurückbliebst?« fragte Pepe. Trotz seines Alters zeigte der
Junge gerade in gefährlichen und undurchsichtigen Situationen
eine oft erstaunliche Reife und ein Einfühlungsvermögen
besonderer Art.
    »Ich würde die Nähe des Meeres suchen«,
entgegnete Hellmark leise und fuhr dem Jungen mit der Rechten durchs
Haar. »Von ihm wissen wir das wenigste. Vielleicht ist es dort
am sichersten, vielleicht sieht man von dort aus doch mal ein Schiff.
Das Eiland ist nicht groß. Erkundet die
Ufernähe!«
    Pepe nickte. Plötzlich zuckte er
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