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Macabros 016: Geisterheere aus dem Jenseits

Macabros 016: Geisterheere aus dem Jenseits

Titel: Macabros 016: Geisterheere aus dem Jenseits
Autoren: Dan Shocker
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spät kommen
und mußte nur klingeln.
    Genevieve Munuel wollte bei ihren Besuchen allein sein. Blicke
Neugieriger, die es sich tagsüber nicht entgehen ließen,
auch mal einen Besuch an Bertrands Grab zu machen, versuchte sie zu
meiden.
    Der Friedhofswärter schloß ihr das schmiedeeiserne
Seitentor auf und ließ sie ein.
    Genevieve Munuel lächelte kaum merklich. »Danke
schön.«
    »Ich laß’ den Schlüssel von innen stecken,
Madame«, sagte der Mann. Er sah aus wie ein vertrockneter Apfel.
Seine kleinen dunklen Augen befanden sich in stetiger Bewegung.
»Dann brauchen Sie nachher nicht mehr zu klingeln und
können so lange bleiben, wie Sie wollen.«
    »Danke!« Die Frau streckte ihm die Hand hin. Etwas
knisterte. Ein Geldschein.
    »Aber Madame. Ich bitte Sie… das ist wirklich nicht
nötig.« Er meinte es ernst. Es war keine reine
Höflichkeitsfloskel.
    »Nehmen Sie, bitte!«
    Sie drückte ihm das Geld in die Hand, und es blieb ihm gar
nichts anderes übrig, als den Schein zu nehmen.
    »Sie tun mir einen Gefallen.« Genevieve Munuel
lächelte ihr geheimnisvolles Lächeln, und ehe der
Friedhofswärter, der in dem kleinen verwitterten Haus wohnte,
das von mächtigen alten Weiden verdeckt wurde, etwas sagen
konnte, ging sie schon davon.
    Ihre Schritte knisterten auf dem sandigen Boden.
    Ruhig war die Luft. Friedhofstille…
    Einige Gräber waren hübsch und gepflegt, voller Blumen,
andere vernachlässigt. Hinter einem brüchigen, aus
gebleichtem Sandstein bestehenden Grabmal schauten zwei dunkle Augen
hervor.
    Vor Bertrands Grab stehend, versuchte sie die trüben Gedanken
zu verscheuchen.
    Genevieve sah verwelkte Blumen. Die heiße Sonne
zerstörte sehr schnell. Ausgebleicht waren die goldenen und
schwarzen Beschriftungen. Unter diesem Berg aus Erde und Blumen lag
Bertrand. Unvorstellbar!
    Er war ihr so weit entrückt – und doch kam es ihr vor,
als stünde er jetzt neben ihr oder käme den Weg entlang auf
sie zu und…
    Genevieve schluckte. Ihr Herzschlag stockte.
    Sie sah in der Dämmerung eine Bewegung vor sich!
    Ein Mann!
     
    *
     
    »Ist da jemand?« fragte sie leise.
    Genevieve Munuel dachte, sie wäre die einzige Besucherin um
diese Zeit.
    Der Friedhofswärter? War er ihr nachgegangen oder
kontrollierte er noch mal alle Wege und Ausgänge?
    Sie konnte sich in etwa vorstellen, was ein Friedhofswärter
zu tun hatte, aber sie wußte nicht, ob er abends noch mal einen
Rundgang machte, um auch ganz sicher zu sein, daß er niemand
eingeschlossen hatte.
    Die Bewegung, der Schatten… Verschwunden!
    Als würde eine eisige Hand ihr in den Rücken
stoßen, setzte Genevieve mechanisch einen Fuß vor den
anderen.
    Sie bewegte sich zwischen den Gräbern, Kreuzen und
Grabsteinen. Vor ihr stand ein besonders großer aus schwarzem
Marmor, darauf viele Namen. Ein Familiengrab.
    Die Frau erstarrte.
    Sie sah die Gestalt wieder. Diesmal aus der Nähe.
    Ihr Gesicht verzerrte sich, ihr Mund öffnete sich zum
Schrei.
    Vor ihr stand grauweiß wie im Nebel ein skelettierter Ritter
und schwang ein großes Schwert.
     
    *
     
    Genevieve Munuel floh.
    Sie rannte zwischen den Grabreihen zum Ausgang. Gespenstisch und
unheimlich kam ihr dieser Friedhof mit einem Mal vor, und sie
mußte an das Gerede der Leute denken, die sagten, daß man
Friedhöfe nach Einbruch der Dunkelheit meidet, weil dieser Ort
dann ganz den Toten gehöre.
    Genevieve Munuel rannte.
    Lang herabhängende Zweige der Weiden streiften sie, und es
schien ihr, als griffen zahllose, spitze, knochige Finger nach ihr.
Finger des unheimlichen Knochenmannes, den sie eben gesehen
hatte.
    Im Haus des Friedhofswärters brannte hinter zwei Fenstern des
ersten Stocks noch Licht. Genevieve Munuel warf den Kopf herum und
riskierte einen Blick zurück.
    Dämmerung! Schattengleich wie Gestalten schienen die alten,
knorrigen Bäume, die Umrisse der Grabsteine und Kreuze.
    Kein Knochen-Ritter mehr, kein Schwert, das nach ihr ausholte!
    War es eine Halluzination? Ging alles auf ihre überreizten
Nerven zurück?
    Nein, schrie es in ihr. Ich habe ihn gesehen, ich weiß es
ganz genau!
    Die Vierzigjährige war in Schweiß gebadet und flog am
ganzen Körper.
    Ein Scharnier quietschte.
    Das Fenster über ihr öffnete sich. Ein dunkler Kopf
erschien im Fensterkreuz.
    »Madame Munuel?« fragte erstaunt der Wärter.
»Dann habe ich doch richtig gehört. Mir kam es so vor,
daß ich Schritte hörte…« Der Satz war nicht zu
Ende gesprochen. Es war deutlich herauszuhören, daß er
noch etwas sagen
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