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Lyonesse 3 - Madouc

Titel: Lyonesse 3 - Madouc
Autoren: Jack Vance
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bedächtig den Beutel ab, den der Priester an einer Schnur am Wanst trug. Als er hineinschaute, gewahrte er das Funkeln von Gold und Edelsteinen. »Wo immer du hingehst, Priester, soviel Reichtum wirst du gewiß nicht brauchen.«
    Aillas schaute zum Himmel. »Es ist ein kalter Tag für dein Bad, Priester, aber es muß sein.« Er trat einen Schritt zurück. Yane stieß den Anker über Bord. Das Tau straffte sich mit einem Ruck und zog Umphred unwiderstehlich über das Deck. Er versuchte sich an der Reling festzuklammern, aber seine Finger glitten ab; das Tau zog ihn über die Reling. Er klatschte auf das Wasser und ging unter.
    Aillas und Yane kehrten nach der Stadt Lyonesse zurück und sprachen nicht mehr von Vater Umphred.
     

5
    Aillas rief die Fürsten der Älteren Inseln zu einer Zusammenkunft nach Burg Haidion. Auf einer Versammlung in der monumentalen alten Gerichtshalle hielt er eine Proklamation.
    »Mein Herz ist zu voll, als daß ich eine lange Rede halten mag«, sagte Aillas. »Ich werde mich kurz fassen, und ihr werdet meine Botschaft in schlichten Worten vernehmen – wenngleich die Gedanken und ihre Konsequenzen umfassend und beträchtlich sind.
    Um den Preis von Blut, Pein und Weh über alle Maßen sind die Älteren Inseln nun in Frieden und de facto unter einer Herrschaft vereint: meiner. Ich bin entschlossen, dafür Sorge zu tragen, daß dieser Zustand fortwährt und für immer in Kraft bleibt, oder zumindest so lange, wie der Geist sich in die Zukunft hineinzuversetzen vermag.
    Ich bin jetzt König der Älteren Inseln. Kestrel von Pomperol und Milo von Blaloc müssen fortan den Titel ›Großherzog‹ führen. Godelia wird wieder eine Provinz von Fer Aquila, und es werden zahlreiche Umstrukturierungen und Neuverteilungen erfolgen. Die Ska werden weiterhin unabhängig auf Skaghane und im Vorland walten; so schreibt es unser Vertrag vor.
    Wir werden eine einzige Armee unterhalten, die nicht groß zu sein braucht, da unsere Seestreitmacht uns vor Angriffen von außen schützen wird. Es wird einen einzigen Gesetzeskodex geben: gleiches Recht für alle, Edle wie Gemeine gleichermaßen, ohne Rücksicht auf Geburt oder Reichtum.«
    Aillas schaute in die Runde. »Erhebt irgendeiner der hier Versammelten Einwand oder Beschwerde? Dann soll er seine Gefühle jetzt bekanntmachen; doch ich warne ihn: Alle Argumente zugunsten der alten Zustände werden für nichts geachtet werden.«
    Niemand erhob Einwand.
    Aillas fuhr fort. »Ich werde nicht von Miraldra aus regieren, das zu abgelegen ist, noch von Falu Ffail aus, das zu glanzvoll ist, noch gar von Haidion aus, das von zu vielen bösen Erinnerungen heimgesucht ist. Ich werde ein neues Kapitol in Flerency nahe dem Dorfe Tatwillow errichten, dort wo die Alte Straße den Icnield-Pfad kreuzt. Dieser Ort soll den Namen ›Alcyone‹ tragen, und dort werde ich auf dem Thron Evandig sitzen und mit meinen treuen Paladinen an der Cairbra an Meadhan tafeln, und nach mir mein Sohn Dhrun, und nach ihm sein Sohn, und es sollen Friede und Eintracht herrschen jetzt und immerdar allenthalben auf den Älteren Inseln, und weder Mann noch Frau sollen sich je darüber beklagen müssen, daß es ihm oder ihr an Regreß für ihm oder ihr angetanes Unrecht ermangelt habe.«
     

6
    Burg Miraldra in Domreis konnte wegen seiner abgeschiedenen Lage Aillas nicht länger als Regierungssitz dienen. Haidion, wo er seine Interimsresidenz errichtet hatte, bedrückte ihn aufgrund der traurigen Erinnerungen, die er mit ihm verband. Deshalb war er entschlossen, so schnell wie möglich nach Ronart Cinquelon zu ziehen, in die Nähe des geplanten Standortes seines neu zu errichtenden Palastes Alcyone in Flerency.
    Damit er beim Aufbau seiner neuen Regierung tatkräftige Unterstützung hatte, verschiffte er seinen Ministerrat an Bord der Galeasse
Flor Velas
von Dom-reis nach der Stadt Lyonesse. Madouc, die sich in der düsteren alten Burg Miraldra einsam und vernachlässigt fühlte, begab sich unaufgefordert ebenfalls an Bord des Schiffes und traf zusammen mit den anderen in der Stadt Lyonesse ein. Die Minister und Ratgeber wurden im Hafen von Kutschen abgeholt und ohne weiteren Zwischenaufenthalt auf direktem Wege nach Ronart Cinquelon gebracht. Madouc fand sich unversehens allein am Kai stehend. »Wenn das so ist, dann muß es eben so sein«, sprach Madouc bei sich und machte sich zu Fuß auf den Weg, den Sfer Arct hinauf.
    Burg Haidion ragte wenig später vor ihr auf: wuchtig, grau und trostlos.
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