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Lyonesse 2 - Die grüne Perle

Titel: Lyonesse 2 - Die grüne Perle
Autoren: Jack Vance
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Übereinkunft gelangen!« rief Tamas aus. »Er ist seinen verrotteten Pott losgeworden und hat sich die
Sirlou
unter den Nagel gerissen, auf meine Kosten und auf Kosten meiner Frau und meiner Schwestern. Wir haben alles verloren, doch das ist nicht unsere Schuld. Wir verlangen nur, daß Sarles anständig zu uns ist und uns unseren Anteil gibt.«
    Liba hob die Schultern in einem ungerührten Achselzucken. »Es hat keinen Sinn, wenn du mit mir redest. Ich habe keinen Einfluß auf ihn. Er ist ein anderer Mann geworden, seit er seine grüne Perle mit nach Hause gebracht hat.« Sie hob den Blick zum Kaminsims, wo die Perle in einer Schale lag.
    Tamas ging zum Kamin und schaute das Kleinod an. Er nahm es, wog es in der Hand und pfiff durch die Zähne. »Das ist ein wertvolles Stück. Dafür könnte man eine neue
Sirlou
kaufen. Ich wäre reich!«
    Liba sah ihn überrascht an. Sprach so Tamas, den man doch allenthalben für die Seele der Rechtschaffenheit hielt? Die grüne Perle verdarb offenbar jeden, der sie berührte, und erfüllte ihn mit Habgier und Selbstsucht. Sie wandte sich wieder ihrer Spinnerei zu. »Sag mir nichts davon! Was ich nicht weiß, kann ich nicht verhindern. Mir ist das Ding ein Graus. Es starrt mich an wie ein Auge mit dem bösen Blick.«
    Tamas stieß ein merkwürdiges schrilles Kichern aus; es klang so merkwürdig, daß Liba ihm verwundert einen Seitenblick zuwarf.
    »Gleichviel!« sagte er. »Es ist Zeit, das Unrecht aus der Welt zu schaffen. Wenn Sarles sich beschweren will, sag ihm, er soll zu mir kommen!« Mit der Perle in der Hand lief er zur Tür hinaus. Liba seufzte und spann weiter, und ein Kloß von banger Erwartung füllte ihr die Brust.
    Eine Stunde verging, in der nur das Sausen des Windes im Kamin und ein gelegentliches Knistern im Feuer zu hören waren. Dann ertönte draußen Sarles schwerfälliges Stapfen, als er aus der Taverne nach Hause gewankt kam. Er stieß die Tür weit auf undblieb einen Augenblick lang in der Öffnung stehen. Sein Gesicht war rund wie ein Teller unter dem struppigen schwarzen Dach der Haare. Sein Blick huschte hierhin und dorthin und verharrte auf der Schale; er ging hin und fand sie leer. Er stieß einen schmerzlichen Schrei aus. »Wo ist die Perle, die wunderschöne grüne Perle?«
    Liba sprach in gleichmütigem Ton. »Tamas war hier, um mit dir zu sprechen. Weil du nicht da warst, nahm er die Perle mit.«
    Sarles heulte wutentbrannt auf. »Warum hast du ihn nicht aufgehalten?«
    »Weil es nicht meine Sache ist. Du mußt diese Angelegenheit mit Tamas ins Lot bringen.«
    Sarles stöhnte vor Raserei. »Du hättest ihn festhalten können; du hast ihm die Perle gegeben!« Er taumelte mit geballten Fäusten auf sie zu. Sie hob die Spindel und stieß sie ihm ins linke Auge.
    Sarles schlug die Hand vor die blutende Augenhöhle, und Liba wich zurück, starr vor Staunen über die Ungeheuerlichkeit ihrer Tat.
    Sarles starrte sie mit dem rechten Auge an und kam langsam auf sie zu. Liba tastete hinter sich und bekam einen Besen aus gebundenen Weidenruten zu fassen. Sie hielt ihn kampfbereit in die Höhe. Sarles näherte sich Schritt für Schritt. Ohne nur ein einziges Mal den Blick von Liba zu wenden, bückte er sich und hob ein Beil vom Boden auf. Liba kreischte und stieß ihm den Besen ins Gesicht. Dann rannte sie zur Tür. Aber Sarles packte sie bei den Haaren, riß sie zurück und verrichtete sein greuliches Werk mit der Axt.
    Die Schreie hatten die Nachbarn herbeigelockt. Männer packten Sarles und führten ihn auf den Marktplatz. Die Stadtältesten wurden aus ihren Betten geholt und kamen blinzelnd heraus, um im Schein der Laternen Recht zu sprechen.
    Das Verbrechen war offenkundig, der Mörder bekannt und durch irgendeinen Aufschub nichts zu gewinnen. Das Urteil ward gefällt; man führte Sarles in die Scheune und ließ ihn von der Tenne baumeln. Die Dorfbewohner standen staunend im Kreis und schauten zu, wie ihr Nachbar im Laternenlicht zappelte und strampelte.
     

III
    Oäldes, zwanzig Meilen weit nördlich von Mynault gelegen, hatte den Königen von Süd-Ulfland lange als Wohnsitz gedient, auch wenn es ihm an der Anmut und der historischen Durchdrungenheit von Ys ermangelte und obwohl es im Vergleich mit Avallon und der Stadt Lyonesse schlecht abschnitt. Für Tamas indessen war Oäldes mit seinem Markt und seinem betriebsamen Hafen der Inbegriff des Städtischen.
    Er stellte sein Pferd unter und ließ sich in einer Hafenschänke eine Fischsuppe zum Frühstück
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