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LYING GAME Und raus bist du

LYING GAME Und raus bist du

Titel: LYING GAME Und raus bist du
Autoren: Shepard Sara
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atemlosen Satz erzählt.
    »Ich habe Clarice einen Brief hinterlassen«, sagte Emma und zog ihre langen Beine ein, um ein älteres Paar mit Rollkoffern vorbeizulassen. »Und das Jugendamt wird sich auch nicht bei mir melden – schließlich werde ich bald achtzehn.«
    »Und was wirst du dieser Sutton dann sagen? Ich meine, wenn sie wirklich deine Schwester ist, kannst du dann v ielleicht bei ihr einziehen?« Alex seufzte verträumt. »Da s ist wie bei Aschenputtel, aber ohne den lahmen Prinzen!«
    Emma lehnte sich zurück und betrachtete die violetten Berge in der Ferne. »Ich will mir nicht allzu viele Hoffnungen machen«, sagte sie. »Mal sehen, wie wir uns verstehen.«
    Ihre Coolness war nur gespielt. Emma hatte sich während der gesamten Fahrt vorgestellt, wie ihre Begegnung mit Sutton womöglich ihr Leben verändern würde. Vielleicht konnte sie nach Tucson ziehen und mit Sutton zur Schule gehen. Sie konnte Suttons Adoptiveltern kennenlernen. Vielleicht lassen sie mich ja bei sich einziehen, hatte sie zu denken gewagt. Sie bekam eine Gänsehaut. Okay, das war ziemlich unwahrscheinlich, aber wer weiß? Es war wirklich wie eine coolere Version von Aschenputtel.
    Aber jetzt musste sie sich erst mal mit dem Treffen heute befassen. Emma erblickte ein einzelnes neongrünes Taxi auf der anderen Seite des Busbahnhofs. Sie winkte den Fahrer zu sich. »Erzähl bitte niemandem davon, okay?«, bat sie Alex.
    »Versprochen«, beteuerte Alex. »Viel Glück.«
    »Danke.«
    Emma legte auf, stieg in das Taxi und gab als Ziel den Sabino Canyon an. Sie konnte die freudige Erregung in ihrer Stimme kaum zügeln. Der Fahrer fuhr los und chauffierte sie durch die Straßen von Tucson. Emma starrte aus dem dreckigen Fenster und grinste die Gebäude der University of Arizona an, unter anderem auch eines mit dem großen Schild »Fotografische Fakultät«. Sie wäre am liebsten sofort hineingegangen und hätte sich die Ausstellung angesehen. Danach fuhren sie an der Cafeteria und dem Park der Uni vorbei. Studenten relaxten in der Sonne, ein paar Jogger rannten wie aufgescheuchte Rehe vorbei. Direkt vor der Cafeteria stand ein als Marihuanablatt verkleidetes Mädchen und hielt ein Schild hoch, auf dem »Hupt für Gras« stand. Der Taxifahrer hupte.
    Danach fuhren sie auf den Highway 10 in Richtung Norden.
    Die Häuser wurden größer, und die Straßen wurden von schicken Fitnessstudios, netten kleinen Bistros, Feinkostgeschäften und Edelboutiquen gesäumt. Emma sah den Eingang des La-Encantada-Einkaufszentrums und dann das luxuriöse Elizabeth Arden Red Door Spa. Vielleicht könnte ich mir mit Sutton hier eine Pediküre gönnen , dachte sie. Die Vorstellung machte sie ein bisschen nervös. Sie hatte noch nie eine professionelle Pediküre bekommen. Wenn jemand ihre Füße berührte, dann prustete sie los wie Ernie aus der Sesamstraße .
    Ich starrte wie betäubt auf all die Wahrzeichen der Stadt, an denen das Auto vorbeifuhr. Tief in meinem Inneren blitzten gewisse Gefühle und Eindrücke in mir auf – ein vages Hochgefühl, als wir ein Restaurant namens No RTH passierten, der Duft nach Jasminparfüm, der aus den Boutiquen von La Encantada drang – aber alles blieb flüchtig. Fragen summten wie ein Bienenschwarm in meinem Kopf herum. Wer hatte Emma geantwortet? Wusste sonst noch jemand, dass ich tot war? Ich wollte unbedingt meine Facebook-Seite überprüfen, aber Emma hatte sie nicht noch einmal aufgerufen. Ein ganzer Tag war seit meinem Tod vergangen – oder vielleicht noch länger. Suchten mich die Leute vielleicht schon? Und warum hatte noch niemand meine Leiche entdeckt? Okay, ich war ermordet worden. Es war gut möglich, dass ich in eine Trillion Stücke gehackt worden war.
    Ich wollte laut aufschreien. Ich wollte verzweifelt weinen. Aber ich konnte nur Emma folgen, stumm, geschockt und panisch. Es war wie einer dieser schrecklichen Träume, in denen ich von einem hohen Gebäude in die Tiefe stürzte. Ich schrie immer, jemand sollte mich auffangen, aber nie reagierte jemand auf mein Flehen.
    Das Taxi bog nach links ab, und vor Emmas Augen erhob sich ein Berg. Ein verwittertes Holzschild trug die Aufschrift »Sabino Canyon«.
    »Bitte sehr«, sagte der Fahrer und hielt am Bordstein.
    Das war es. Emma gab ihm zwanzig Dollar und ging mit knirschenden Schritten über den Kiesweg zu einer Bank. Sie atmete den Geruch von Sonnencreme, Staub und in der Abendsonne aufgeheizten Felsen ein. Wanderer dehnten ihre Waden an dem Geländer, das
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