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Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde

Titel: Lydia Strong 01 - Im Herzen die Sünde
Autoren: Lisa Unger
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verbunden. Sie hatten sich zum letzten Mal vor fünf Wochen unterhalten, und plötzlich sehnte Lydia sich danach, seine Stimme zu hören. Sie vermisste ihn, wie man den Geruch des Ozeans vermisst: Was einem entgangen ist, merkt man erst, wenn man ihn nach langer Zeit wieder in der Nase hat. Sie betrachtete das Telefon und wusste, dass er genau in diesem Moment an sie dachte. Unbewusst wartete er ständig auf ihren Anruf, jeden Tag. An sie zu denken erlaubte er sich aber nur, wenn er allein in seinem Büro war oder nachts im Bett lag. Doch sie beherrschte sich und rief ihn nicht an, weil sie herausfinden wollte, wie lange sie ohne seine Stimme durchhalten konnte. Sie verabscheute die Vorstellung, von etwas oder jemandem abhängig zu sein.
    Ein Psychologe hatte sie zu ihrem scheinbar komplizierten Verhältnis zu Jeffrey befragt und wissen wollen, was er ihr bedeute. Die Frage drängte sich auf, aber Lydia hatte keine Lust, einem dahergelaufenen Arzt ihre intimsten Gedanken zu offenbaren. Auch wenn der Sinn einer Gesprächstherapie genau darin bestand. Das Verhältnis war tatsächlich kompliziert, denn sie liebte Jeffrey und wollte nicht ohne ihn sein. Vielleicht lag es daran, dass sie bei ihrer ersten Begegnung so jung gewesen war und er automatisch die Rolle des Retters und Beschützers eingenommen hatte. Lange hatte sie ihn geradezu angebetet. Er war alles, was einen Mann ausmachte: stark, mutig, ehrlich, ehrenhaft und verlässlich. Lydia strebte danach, sich diese Eigenschaften anzueignen, und betrachtete Jeffrey als eine allwissende, omnipräsente Macht in ihrem Leben. Er war mehr als ein Freund, mehr als ein Bruder, er war ihr Ein und Alles. Aber als er vor über einem Jahr angeschossen wurde, hatte sich ihr Verhältnis unmerklich verändert. Der Gedanke, er könne eines Tages nicht mehr für sie da sein, war ihr unerträglich. Dass er nur ein Mensch war und somit ebenso verletzlich und sterblich wie sie und ihre Mutter, hatte sie dazu gebracht, sich ihre Liebe zu ihm einzugestehen. Sie wollte ihn nicht verlieren, ging aber so weit wie möglich auf Abstand, denn diese Art von Liebe war ihr viel zu riskant.
    Sie wandte sich wieder den Zeitungsausschnitten zu. Weit unten im Stapel fand sie einen Artikel über mehrere Autos, die scheinbar grundlos in der Wüste abgestellt worden waren. Unter anderem ein alter Cadillac mit eingeschaltetem Licht und einer verdreckten, kopflosen Babypuppe auf dem Rücksitz. Der Fall mit seinen unendlichen Erklärungsmöglichkeiten faszinierte Lydia. Ein anderer Artikel machte auf die hohe Rate von jugendlichen Meth-Konsumenten in ländlichen Gegenden aufmerksam. Eine Hausfrau, die »Lederaccessoires« trug, hatte sich erhängt, angeblich ein »Unfall« . Wahrscheinlich lassen sich »autoerotische Asphyxie« und »Hausfrau« nicht im selben Satz unterbringen , dachte Lydia. Erstaunlich, was man in den Lokalnachrichten so alles fand, wenn man genau hinschaute. Lydia war überzeugt, dass es die viel beschworene amerikanische Vorstadtidylle nicht gab und nie gegeben hatte. Hinter der hübschen, gepflegten Fassade der Kleinstädte führten die Menschen ein unvorstellbar hässliches, pervertiertes Leben.
    Heute stolperte Lydia über besonders seltsame Artikel, die miteinander in Verbindung zu stehen schienen.
    10. August
    Einbruch bei Grosshändler für Krankenhauszubehör
    Instrumente und Materialien in kleinen Mengen gestohlen
    15. August
    Leerstehende Scheune in Flammen – Verdacht auf Brandstiftung
    16. August
    Teenager aus Pflegefamilie verschwunden
    21. August
    Drogenabhängiges Paar vermisst
    Ehefrau war jahrelang Opfer von häuslicher Gewalt
    Doch besonders bei einer Geschichte stellten sich Lydias Nackenhaare auf.
    Seit ihrer Ankunft in Santa Fe hatte sie das Schicksal eines leukämiekranken Jungen verfolgt, dessen Schäferhund Lucky entlaufen war. Die Mutter des Jungen war Kongressabgeordnete, und der Hund war dem Vater beim Abendspaziergang in Angel Fire abhandengekommen. Das Kind lag im Sterben und wünschte sich nichts sehnlicher als sein Haustier zurück. Natürlich war es eine dieser rührseligen Geschichten, auf die die Medien sofort anspringen: Sterbender Junge verliert seinen besten Freund – o Gott, wo ist nur mein kleiner Hund ? Der reinste Schund. Traurigerweise war das Kind gestorben, bevor man den Hund wiedergefunden hatte.
    Einem zweiten Artikel zufolge war der Hund am Vortag im Kirchgarten entdeckt worden – mit aufgeschlitztem Bauch. Man hatte dem Tier die inneren
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