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Lycana

Lycana

Titel: Lycana
Autoren: Ulrike Schweikert
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- vor allem Ivy. So lautete der Wille des Meisters. Die Kraft der Reifen verlosch schnell, wenn sie das Land verließen. Vielleicht würde es dem Meister schon in wenigen Monaten gelingen, ihrer habhaft zu werden, wenn Ivy die Insel verließ, um an einem neuen Jahr in der Akademie teilzunehmen. Die Vampirin fragte sich wieder einmal, warum er gerade dieses Mädchen haben wollte. Was war an der Lycana so besonders, dass der Meister Jahre seines Daseins geduldig darauf hinarbeitete, sie zu besitzen? Es kränkte sie, dass er ihr nicht so viel Vertrauen entgegenbrachte, sie in seine Pläne einzuweihen. Und doch konnte sie sich nicht von ihm abwenden. Allein der Gedanke an ihn ließ ihren Geist erzittern. Sie hatte sich ihm verschworen, und sie würde ihm dienen, was er auch von ihr verlangte.
    Die Vampirin griff wieder nach den Rudern und zog sie mit aller Kraft durch das Wasser.
    »Was hast du vor?«, rief die Frau. Mit Befriedigung registrierte die Vampirin den Schreck in ihrer Stimme. Sie antwortete nicht. Sie konzentrierte sich ganz auf das Spiel ihrer Muskeln und auf die Spitze ihres Bugs, der auf die Seite des Druidenschiffes zuhielt. Noch ein kräftiger Zug. Der Bug rammte gegen die Planken. Das Holz knirschte. Das weiße Boot neigte sich zur Seite. Wasser schwappte über die Bordwand. Die Druidin stieß einen Schrei aus und umklammerte den Stein. Die Vampirin setzte ein Stück zurück und rammte das Boot ein zweites Mal. Sie hielt den Druck, obwohl sie glaubte, ihre Arme müssten bersten, bis die Bordkante des anderen Bootes unter Wasser geriet. Mit einem Aufschrei fiel die Druidin ins Wasser. Ihr Boot schlug um und tanzte kieloben auf den Wellen. Prustend kam die Druidin an die Oberfläche. Sie  strampelte mit den Beinen. Den schweren Stein hielt sie noch immer gegen die Brust gepresst.
    »Lass ihn los!«
    Mit wenigen Ruderschlägen war die Vampirin bei ihr. Sie schlug mit dem Holz nach dem Kopf der Frau und fuhr dann einfach über sie hinweg. Wieder tauchte sie unter. Luftblasen stiegen nach oben und zerplatzten. Die Vampirin dachte schon, sie sei ertrunken, als ihr Kopf die Oberfläche wieder durchstieß und die Druidin hustend nach Luft schnappte. Sie schlug mit den Armen, um sich über Wasser zu halten. Der Stein war ihrem Griff entglitten und glitt durch das grünlich schimmernde Nass dem Grund zu. Von einem Schluchzen geschüttelt, klammerte sich die junge Frau am Rumpf ihres Bootes fest. Ihr blondes Haar war blutverschmiert.
    Die Vampirin legte den Kopf in den Nacken und stieß ein triumphierendes Geheul aus. Sie lachte, dass ihr Leib bebte.
    »Es ist vollbracht! Meister, ich habe gesiegt!«, rief sie und reckte die Faust in die Luft. Dann machte sie sich auf den Heimweg. Zurück zum Ufer, zurück nach Dublin, zurück auf den Kontinent in ihre Heimat, um von ihrem Sieg zu berichten. Ihre Gedanken eilten ihr voraus, und sie sah sich, wie sie ihm gegenübertrat. Nun durfte sie es wagen, den Blick zu erheben und seine hochgewachsene Gestalt zu schauen, den Echsenring an seinem Finger zu küssen und in der Aura seiner Kraft zu baden. Seine Stimme hallte durch ihren Geist. »Das hast du gut gemacht. Ich habe mich nicht in dir getäuscht! Ich weiß Versagen zu bestrafen, doch genauso auch den Sieg zu würdigen.« Er würde ihre Hand umfassen und sie zu sich nehmen. Die Vampirin schloss die Augen und stieß einen tiefen Seufzer aus.
     
    Der cloch adhair war verloren. Er ruhte nun auf dem Grund des Lough Corrib und war für keinen mehr erreichbar. Isleen konnte es nicht fassen. Sie hatte das Herz Irlands verloren! Seine Seele verspielt. Es war ihre Schuld. Wie hatte so etwas passieren  können? Warum hatten nicht einmal Tara oder Turlough es vorausgesehen? Isleen hielt sich noch immer an dem treibenden Bootsrumpf fest, doch ihre Kräfte ließen nach. Der Hieb mit dem Paddel hatte ihr eine klaffende Wunde über der Schläfe zugefügt. Noch immer floss Blut und vermischte sich mit dem Seewasser, und mit dem Blut schwanden ihre Kräfte. Sie würde sich nicht mehr lange festhalten können. Die Bewegungen ihrer Beine wurden träge. Ihr Blick trübte sich.
    Vielleicht war es besser so. Sie hatte versagt und das Recht zu leben verwirkt. Isleen schloss die Augen. Die Sonne ging auf und überschüttete den Lough mit Gold. Wie sehr sie diesen Anblick immer geliebt hatte. Heute würde sie ihn zum letzen Mal sehen. Tränen ließen das Bild verschwimmen. Isleen blinzelte. Ein dunkler Schatten brach das Gold der
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