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Luzifer

Luzifer

Titel: Luzifer
Autoren: Jason Dark
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hinnehmen.
    Er schwebte irgendwo im Raum, lag zwischen den Welten, war wie eine Röhre oder ein Tunnel, der in die Ewigkeit hineinstach. In ihm stand eine Gestalt.
    Eine Frau. Blond das Haar. An den beiden Seiten des Kopfes nach unten fließend. Die Außenrollen berührten gerade so die Schultern. Eigentlich eine unmoderne Frisur, die jedoch so wirkte, als wäre sie einmal moderner gekämmt worden. Mit dieser Frisur stieg man ins Bett, um zu schlafen.
    Auch das Kleid der Frau erinnerte mehr an ein Nachtgewand als an das Kleidungsstück, das tagsüber getragen wurde. Es war lang, weiß, durchscheinend. Ein hauchzartes Etwas aus dünnem Stoff, das den Körper der Blondine glockenförmig umschwang.
    Die Frau trug keine Schuhe. Aus dem schwingenden Saum schauten die nackten Füße hervor. Sie verschwanden hin und wieder in den anrollenden, blaubleichen Nebelwolken.
    Die Ärmel des Kleidungsstücks endeten in Höhe der Ellbogen. Die weite Öffnung ließ die am Körper herabhängenden Arme etwas starr erscheinen, aber es paßte zu der Erscheinung, die sich nicht bewegte und still auf der Stelle stand.
    Ein blasses Schlafgesicht schaute in die Tiefe des Ganges hinein, als wollten die großen Augen die Nebelwolken durchdringen. Es gab keine einzige Lichtquelle, dennoch war es nicht dunkel. Der geheimnisvolle Nebel schien zu leben. Er trug gewisse Mikroorganismen in sich, die eine magische Botschaft transportieren und das Gehirn der Frau erreichten.
    »Komm, komm zu uns. Geh weiter und schau…«
    Auf dem Gesicht der Frau bewegte sich die Haut. Es war ein hübsches Gesicht, nicht mehr ganz jung, fraulich, mit blaugrauen, eindrucksvollen Augen, in denen die Pupillen jetzt allerdings ziemlich leer wirkten. Die Frau hatte die Worte zwar verstanden, nur traute sie sich nicht, den ersten Schritt zu tun.
    Sie wartete noch…
    Wieder hörte sie das Locken. Es waren mehrere Stimmen, die sie riefen, für sie aber wie eine klangen.
    »Komm, Jane Collins, komm. Du bist diejenige, die ihm die Botschaft überbringen wird. Du kennst dich aus in den Regionen der Finsternis. Du hast einmal zu denen gehört, die dem Teufel dienten. Jetzt beweise, daß du es nicht verlernt hast.«
    Es waren Worte, die Jane schreien wollte, es aber nicht schaffte. Sie drangen ihr einfach nicht über die Lippen, aber die andere Kraft, die ihren Willen beeinflußte, war stärker geworden, und sie trieb Jane Collins voran.
    So ging sie die ersten Schritte.
    Vergleichbar mit den Bewegungen einer Tänzerin, die sich ›aufwärmen‹ will. Sie streckte den Fuß aus und tauchte ihn ein in den bläulichgrauen Nebel.
    Das war der Weg, den sie nehmen mußte. Hinein in den Tunnel, der Ewigkeit entgegen.
    Nebel, Wände, der Boden und Jane Collins verschmolzen zu einer Szene. Wer sie hätte sehen können, der hätte sie für eine geisterhafte Erscheinung halten müssen, aber Jane Collins, die ehemalige Hexe, war eine Gestalt aus Fleisch und Blut.
    Der Gang schluckte sie. Bei jedem Schritt hatte sie das Gefühl, von kalten Armen berührt zu werden. Die Arme schwangen bei jeder Bewegung mit.
    Der rechte Arm war etwas länger als der linke. Aus der Faust stieß etwas hervor.
    Die Klinge eines Messers!
    Es war eine sehr lange Klinge, über die eine dunkle, sirupartige Flüssigkeil rann, sich an der Spitze sammelte und von dort aus zu Boden tropfte, wo sie eine Spur aus Blut hinterließ.
    Und blutig waren auch die Hände der Frau. Bis zu den Unterarmen kroch die Flüssigkeit hoch.
    Blut, nur Blut…
    Jane sah aus wie ein Mensch, aber auch wie eine Mörderin, die von einer schrecklichen Tat zurückkehrt.
    Sie ging nicht schwingend oder lässig, sondern mit steifen, roboterhaft anmutenden Schritten, als würde sie von einem unsichtbaren Wesen an der langen Leine geführt.
    Sie legte eine gewisse Strecke zurück, aber sie wurde nicht kleiner. Es sah aus, als würde sie auf der Stelle gehen, obwohl sie sich fortbewegte. Dann hörte sie etwas.
    Zunächst klang es wie ein fernes Summen. Weit entfernt noch, im Nebel liegend, der sie umwaberte. Jane spitzte die Ohren, sie wollte herausfinden, was dieses Summen bedeutete. Stammte es von irgendeinem Gerät oder etwa von Menschen, die einem gewissen Gesang frönten?
    Jane Collins setzte sich wieder in Bewegung. Die Messerklinge war fast blank, das Blut hatte seinen Weg von der Spitze aus gefunden und war zu Boden getropft.
    Die Spur aber blieb. Niemand war da, um sie zu entfernen. Sie würde stets an den Weg erinnern, den Jane Collins
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