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Lux Aeterna (German Edition)

Lux Aeterna (German Edition)

Titel: Lux Aeterna (German Edition)
Autoren: Carol Grayson
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grausamen Schlachten des ersten Weltkrieges lieferten diesem mächtigen Vampir so etwas wie ein festliches Buffet über viele Jahre, in denen er unerkannt töten konnte. Ab und zu erschuf er aus Spaß einen neuen Vampir, der unter seinen Kameraden ein weiteres Blutbad anrichtete. Dominique Polignac war an Dekadenz kaum mehr zu überbieten.
    Aber der Krieg war im November Neunzehnhundertachtzehn zu Ende gegangen – sehr zu seinem Bedauern - und so zog er Nacht für Nacht über die Dörfer und suchte seine Opfer wieder wie ein ganz normaler Vampir. Bis er auf den Gedanken verfiel, die Lazarette aufzusuchen, wo er meist hilflose Opfer fand. So erreichte er eines Nachts auch das Chateau in Longueval, das jetzt ein Krankenhaus war. Er streifte mit den Schatten durch die leeren, mit schwachen Gaslaternen beleuchteten Gänge. Überall roch es nach Bohnerwachs, Äther und Tod.
    In einem der Mehrbettzimmer sah Polignac den jungen Mann mit dem Verband um den Kopf auf einer der mit Stroh gefüllten Matratzen liegen. Er spürte seine Gedanken. Gedanken des Zorns. Er spürte die Depressionen, die diesen Jungen von gerade mal vierundzwanzig Jahren quälten, der offensichtlich blind war. Als Polignac näher trat, nahm Jason seine Anwesenheit wahr.
    „Wer ist da?“, fragte er leise.
    „Ganz ruhig, mein Junge, es geschieht dir nichts. Ich möchte dir helfen.“
    „Sind Sie Arzt?“
    Polignac musste grinsen. „So etwas ähnliches. Was würdest du tun, um dein Augenlicht zurückzuerhalten?“
    „Alles“, seufzte Jason ergeben.
    „Wie ist dein Name?“, fragte Polignac.
    „Ich weiß es nicht.“
    „Hm, dann sollten wir dir auch dein Gedächtnis zurückgeben“, er unterdrückte ein amüsiertes Lachen.
    Jason setzte sich auf. „Wollen Sie mich zum Narren halten?“
     
    „Ssscht, du weckst ja die anderen auf. Nein, ich meine es absolut ernst. Und ich bin vielleicht der Einzige, der dir überhaupt noch helfen kann.“
    Der französische Adlige liebte dieses Katz- und Maus-Spiel mit seinem Opfer.
    „Dann tun Sie es bitte“, kam die flehende Stimme des jungen Mannes.
    „Auch wenn du nie wieder so leben wirst, wie du es gewohnt warst? Wenn du töten müsstest, um zu überleben?“
    Jason schwieg, er schien zu überlegen, wirkte unsicher. „Wie meinen Sie das?“, wollte er wissen.
    Polignac legte seine kühle, blasse Hand auf seinen Arm. „Es ist so eine Art Pakt, den du eingehen wirst, so ähnlich wie Faust.“
    Jason verstand. Einige Minuten verstrichen, dann nickte er. „Tun Sie es.“
     
    Der Franzose beugte sich zu dem Engländer, strich die mittlerweile länger gewordenen Haare zurück. Seine Hand packte den Nacken des jungen Mannes, dabei ertastete er mit dem Daumen die unter der Haut pulsierende Schlagader. Das war die richtige Stelle.
    Jason spürte einen kalten Atem, einen schmerzhaften Einstich in seinem Hals. Er bäumte sich auf. Die Stelle brannte wie Feuer. Er wollte schreien, doch er blieb stumm, während das Leben aus ihm heraus gesogen wurde. Innerhalb von Minuten zog der Film seines Lebens vor seinem inneren Auge vorüber, als wäre er ein unbeteiligter Zuschauer. Er wunderte sich selbst, dass er keinerlei Emotionen verspürte, als seine Vergangenheit ausgelöscht wurde. Nur bei dem Bild von Elisabeth empfand er eine leichte Wehmut.
    Sein Herzschlag wurde leiser und leiser, doch noch bevor er ganz verklang, hatte Polignac aufgehört und gab ihm nun aus seinen Adern zu trinken.
    Ein schmerzhafter Prozess der Verwandlung begann. Es war seltsam, dass keiner der Zimmergenossen dabei aufwachte. Als ob der Vampirfürst einen Bann über sie gelegt hatte, schliefen sie alle ruhig weiter.
    Nachdem die Transformation abgeschlossen war, riss Jason sich die Augenbinde ab. Er konnte sehen! Er sah in der Dunkelheit wie eine Katze. Alle seine Sinne waren geschärft. Er hörte das Atmen eines jeden einzelnen Schläfers. Sogar ihren Gesundheitszustand konnte er bestimmen und ihre Träume liefen in seinem Kopf ab wie Filme.
    Jason erhob sich von dem unbequemen Krankenhausbett. Seine Gestalt war schlank und doch kräftig, die Bewegungen geschmeidig. Sein Gesicht hatte androgyne Züge angenommen und die großen, weichen Augen besaßen einen hypnotischen Ausdruck.
    Polignac lächelte beeindruckt. Das war ein hübscher Sohn! Aus dem hilfslosen Kriegsopfer war ein Todesengel geworden. Die spitzen Eckzähne, die der sinnliche Mund verbarg, waren von außen nicht zu sehen. ‚Der geborene Verführer’ , schmunzelte Polignac in
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