Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lustig, lustig, tralalalala

Lustig, lustig, tralalalala

Titel: Lustig, lustig, tralalalala
Autoren: Mia Morgowski
Vom Netzwerk:
weshalb ich der Institution Ehe eher skeptisch gegenüberstehe. Laut sage ich: «Sorry, aber das war ein Notfall. Mein Bruder wurde gerade von seiner Freundin verlassen und sucht nun Unterschlupf bei mir. Es geht ihm gar nicht gut, wie du dir bestimmt denken kannst.»
    «Oh, das tut mir leid», entgegnet Andreas, nun schon etwas friedlicher. Doch dann bildet sich eine steile Falte auf seiner Stirn. «Seit wann hast du denn einen Bruder?»
    Ich äh, tja   … Mist, warum kennt Andreas nicht nur meine Lebensgeschichte, sondern auch meine Familienverhältnisse wie seine Westentasche? «Äh, also, habe ich eben Bruder gesagt? Lustig! Freud’scher Versprecher, nehme ich an. Ich meine natürlich Halbbruder.» Wie gut, dass meine Eltern geschieden sind, somit wäre ein Halbbruder rein technisch betrachtet machbar.
    «Aber deine Eltern haben sich doch erst vor drei Jahren scheiden lassen», sagt Andreas, und ich kann an dieser Stellenur sagen: Hut ab vor seinem messerscharfen Verstand. Und vor seinem Gedächtnis. Sollte irgendwo auftreten, der Mann.
    «War ein Ausrutscher vor vielen, vielen Jahren. Hat sich erst vor kurzem rausgestellt», nuschle ich und schaue auf die Uhr. Wenn ich noch lange hier herumstehe und meine fiktiven Familienverhältnisse mit Andreas diskutiere, verpasst Jaques noch die letzte Bahn nach Hamburg.
    «So, na ja. Das tut mir leid», antwortet Andreas.
    «Äh, wieso leid?»
    «Na ja, das muss doch ein Schock für deine Mutter gewesen sein, nach all den Jahren zu erfahren, dass dein Vater sie nicht nur schamlos betrogen, sondern auch noch ein Kind gezeugt hat. Du weißt, wie viel ich persönlich von Treue halte!» Ich nicke so bedächtig wie eben möglich. Ich muss hier raus, und zwar ganz schnell!
    «Ja, es war ein Schock, sie befindet sich deshalb immer noch in therapeutischer Behandlung!» Himmel, was rede ich da? Nun ja, ist jetzt auch schon egal.
    Und dann kommt mir plötzlich eine Idee! Eine super Idee! «Würde es dir etwas ausmachen, heute Nacht in deinem Zimmer zu schlafen? Ich habe am Empfang gefragt, die Insel ist komplett ausgebucht – und irgendwo muss mein Bruder ja schlafen.»
    Andreas verzieht das Gesicht, aber natürlich bleibt ihm nichts anderes übrig, als mir den Gefallen zu tun. Sehr schön! Jetzt muss ich nur noch Jaques in die Bahn nach Hamburg befördern, und dann habe ich endlich meine Ruhe!
     
    Eine halbe Stunde später muss ich dieses Projekt als gescheitert betrachten, denn natürlich fährt kein Zug mehr. Und mir überlegen, worauf der gute Jaques heute Nacht sein müdesHaupt betten wird, denn ich fühle mich für ihn verantwortlich. Schließlich ist er auf die Insel gekommen, um mir seine Liebe zu gestehen.
    Andreas hat mittlerweile zum Glück Leine gezogen, und ich konnte ihn auch erfolgreich davon überzeugen, dass ich den Rest des Abends mit meinem Bruder alleine verbringen muss. Der arme Kerl soll ja schließlich die Möglichkeit haben, sich so richtig über seine Exfreundin auszusprechen.
    Jaques gegenüber behaupte ich, dass die Exfreundin meines Bruders spontan auf Sylt aufgekreuzt ist, um ihn wiederzugewinnen, und dass die beiden Unterschlupf im neuen Golfhotel in Hörnum gefunden haben, auch wenn ein winziges Zimmer pro Nacht dort so viel kostet wie meine Wohnung einen ganzen Monat. Er schluckt diese Begründung, ohne weiter nachzufragen, denn schließlich ist er ja jetzt, wo er schon seit einer Stunde sein wollte: in meiner Nähe.
    Als Jaques seine Zahnbürste neben meine ins Glas stellt und mir breit lächelnd erzählt, dass er sich gleich «frisch machen wird», dämmert mir, dass ich keines meiner Probleme wirklich gelöst, sondern nur eins gegen das andere getauscht habe. Allmählich knurrt mir der Magen, doch die Tomatensuppe ist mittlerweile kalt wie die Nordsee. Ob ich die Terrine auf die Heizung stelle? Ich durchwühle die Minibar und finde abgepackte Erdnüsse. Die könnten über den schlimmsten Hunger hinweghelfen, während die Suppe allmählich warm wird.
    «O chérie, das geht nischt. Du musst etwas Anständiges essen, bevor wir machen Liebe. Nischt so eine eiskalte Zeug», protestiert Jaques (der mittlerweile meinen Bademantel anhat) und stellt die Suppenschüssel zurück aufs Tablett.
    Bevor wir Liebe machen? Merde, wie komme ich denn jetzt aus der Nummer heraus? Erst habe ich fünf Jahre lang nurunregelmäßig Sex, weil Philipp sich nie so richtig entscheiden konnte, und nun soll ich es binnen drei Stunden zweimal krachenlassen? Nichts gegen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher