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Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins
Autoren: Michaela Seul
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Ärger.
    Ständig musst du raus. Auch wenn es regnet.
    Und was machst du, wenn du mal krank bist? Wer geht dann mit dem Hund?
    Ich werde einfach nicht krank, sagte ich. Weil ich doch immer Gassi gehen muss. Da kann ich mir Kranksein gar nicht leisten.
    Das stellst du dir zu leicht vor, warnten meine Eltern. Ich vermute, meine Eltern haben sich immer alles ganz schwer vorgestellt, um sich später überraschen zu lassen, wie einfach es dann doch war. Was sie allerdings nie freute, da ja schon immer das nächste Schwere vor ihnen stand. Ich habe einige Zeit gebraucht, um herauszufinden, dass man links und rechts neben dem Schweren vorbeischauen kann. Und dort lag Lilly auf der Seite mit einem dicken Bauch mit Welpen drin, und einer davon würde meiner sein.
    Warum kam ich auf diese Idee?
    Weil ich mir als Kind immer einen Hund gewünscht hatte und weil ich nun schmerzlich erfahren hatte, wie schnell ein Leben vorbei sein kann, und dann war keine Zeit mehr, sich Wünsche zu erfüllen. Weil dieser Wunsch in meiner Macht lag. Ich konnte mir auch wünschen, eine weltberühmte Schrift stellerin zu sein. Aber vor mir wölbte sich kein dicker Bauch eines Kritikers, vollgestopft mit lobenden Rezensionen und Literaturpreisempfehlungen. Bloß Lillys Bauch. Und da war eine Luna drin. Mein Hund.
    »Und wenn es kein Weiberl wird?«
    »Dann heißt er eben Luno.«
    »Komischer Name.«
    »Grammatik geht vor«, behauptete ich leichthin und schaute doch immer wieder mal zu dem Berg der Unbilden. Ich kann nie mehr in den Urlaub fahren. Meine Nachbarn werden mich hassen. Wie viel Geld kostet ein Haustier im Monat? Was mache ich, wenn der Hund mir nicht folgt? Beißt der? Was mache ich, wenn er aggressiv ist? Und am schlimmsten: wenn wir nicht zueinanderpassen?
    Grammatik und Verantwortung gehen bei mir Hand in Hand. Ich würde einen Hund, der nicht zu mir passt, in kein Tierheim bringen oder an einer Autobahnraststätte aussetzen. Dazu hatte ich zu viel Fantasie und Einfühlungsver mögen. Was in meinem Beruf von Vorteil ist, wäre beim Aussetzen eines Hundes ein Ausschlusskriterium. Ich würde an diesen Hund gefesselt sein bis an mein oder bis an sein Lebensende.
    Mit Anfang zwanzig hielt ich eine Katze. Sie beging Selbstmord aus dem achten Stockwerk, ich verübelte es ihr nicht, denn ich war selten zu Hause. Damals war ich sicher keine Tierfreundin und erschlug Fliegen ohne Anflug eines schlech ten Gewissens. Aber die Zeiten haben sich geändert. Unsere Gesellschaft ist immer tierfreundlicher geworden. Tiere haben jetzt auch vor dem Gesetz eine »Seele«. Um etwas zu ändern, hilft ein Gesetz nicht viel. Aber die Nähe zu einem Tier führt in die Nähe vieler Tiere. Wenn ich denke: »Das tue ich meinem Hund nicht an«, wie kann ich es dann einem anderen antun? Es sind doch beides Hunde. Oder Katzen. Und wenn ich den Kreis erweitere: Wenn ich weiß, dass ein Hund Gefühle hat, dann kann ich davon ausgehen, dass eine Kuh auch Gefühle hat.
    Die Frage ist, ob ich es wissen will. Denn natürlich ist es angenehmer, der Kuh keine Gefühle zuzugestehen.
    Es kommt darauf an, wie viel Empathie man zulassen möchte oder kann. Das bestimmt die Richtung des eigenen Lebens. Luna hat mich weicher gemacht und somit auch verletzlicher. Darunter leide ich jetzt. Und ich bedaure es kein bisschen.
    Einige Monate nachdem mein Mann gestorben war, lud mich eine alleinlebende Freundin zum Essen ein. Beim Dessert vertraute sie mir an: »Wenn ich sehe, wie sehr du leidest, dann weiß ich, dass es gar nicht so schlimm ist, alleine zu sein. So bleibt mir das erspart, was du jetzt durchmachst.«
    Ohne zu zögern, erwiderte ich: »Was ich jetzt erlebe, ist das Resultat einer wunderbaren Vergangenheit, von der ich keine Sekunde missen möchte. Und ich weiß, dass ich mich eines Tages wieder verlieben werde, egal, wie schwer diese Zeit der Trauer nun für mich ist.«
    Ich habe mich dann auch wieder verliebt, und Luna rückte im Rudel von Platz zwei auf drei.

Der Schlangenbiss
    I ch stand im Bad, die Tür war offen, da hörte ich, wie Johannes seiner Schwester am Telefon Lunas Krankengeschichte erzählte. Es interessierte mich, wie er die letzten Tage erlebt hatte – anders als ich? Jahrelang hatte er Luna vor allem am Wochenende gesehen, wir wohnten erst seit Kurzem zusammen. Trotzdem war er von Anfang an dabei gewesen. Als Freund hatte er mit mir das Für ohne Wider eines Hundes erwogen, als meinen Freund stellte ich Johannes vor, als wir den Welpen Luna abholten
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