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Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins

Titel: Luna, Seelengefährtin - mein Hund, das Leben und der Sinn des Seins
Autoren: Michaela Seul
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wie man gute Gespräche führen kann. Im Sitzen hängen die Gehirnzellen doch schlaff in den Seilen. Die wirklich guten Ideen entstehen im Gehen.«
    »Ach ja?«, fragten meine Freunde zweifelnd.
    »Sicher! Da gibt es wissenschaftliche Untersuchungen dazu. Die Beine sind direkt mit dem Gehirn verbunden, das ist neurodingens, na, du weißt schon.«
    Zum Glück besteht das größte Tortenstück meines Freundeskreises aus Freiberuflern, die sich ihre Zeit selbst einteilen können und dann eben nacharbeiten mussten, wenn sie mich – und Luna – sehen wollten. Mich gab es nicht mehr allein, nur noch im Doppelpack. Zwei Hirne, sechs Beine.
    Ich bin in einer Großstadt geboren und fühlte mich wohl unter vielen Menschen. Verkehr, Beton, Martinshorn, das störte mich alles nicht. Mit meinem Mann war ich aus der Großstadt in eine Kleinstadt gezogen, ohne ihn in das Hexenhäuschen auf dem Land. Sehr kleines Dorf mit sehr viel Natur. Eigentlich nur Natur. Wenn ich morgens aufwachte, wusste ich nicht, bin ich tot oder am Arsch der Welt. Hunde lieben den Arsch der Welt, denn er befindet sich draußen. Viele meiner Freundinnen und Freunde wollten eigentlich lieber drinnen bleiben. Sie wollten mich in Cafés und Kneipen in der Stadt treffen, gerne zum Mittagessen.
    Aber seit Luna aß ich nicht mehr zu Mittag. Mittags ging ich jetzt Gassi, und wer mich, uns sehen wollte, musste sich uns anschließen. Da war ich erbarmungslos.
    »Das schadet dir nicht«, behauptete ich. »Bisschen frische Luft.« Ich hätte zudem anbieten können, Luna zu knuddeln für die Blutdrucksenkung – das Rundum-gesund-Paket. Aber das mit dem Blutdruck wusste ich damals noch nicht.
    In den ersten Monaten mit dem Welpen war ich alles andere als eine aufmerksame Zuhörerin. Da ich Luna konsequent erziehen wollte zu einem Hund, der aufs Wort folgt – was dank ihrer Großmut und ihres Mitgefühls mit mir auch gelang –, forderte ich von mir hundertprozentigen Einsatz. Auf keinen Fall wollte ich diese peinlichen Situationen erleben, die ich als Spaziergängerin so oft beobachtet hatte.
    »Quinzy!«
    »Quinzy, hier!«
    »Quinzy, hierher!«
    »Hierher! Quinzy!«
    »Quiiiii-nnnnzyyyy!«
    »Quinzy, komm jetzt her! Los!«
    »Hier! Hierher Quinzy! Hier!«
    Irgendwann wendet sich der Hundebesitzer achselzuckend ab. Wenn er Glück hat, wird Quinzy keine Leichen hinterlassen, kein Loch in eine Jacke gerissen, keine Joggerin zu Tode erschreckt haben. Weil Quinzy ja ein ganz ein Lieber ist, gell? Der will nämlich nur spielen.
    Ich hasste diese Quinzys plus Anhang, vor allem, als ich selbst noch keinen Hund hatte. Ich korrigiere, ich hasste den Anhang plus Quinzy. So wollte ich niemals werden. Deshalb musste mein Hund folgen wie geschmiert. Luna erkannte mei nen neurotischen Perfektionismus früh und erbarmte sich meiner. Ohne zu lügen, kann ich behaupten, sie folgte im Alter von zwei bis zehn Jahren besser als ein Polizeihund. Dann wurde ich ein wenig lockerer, und auch sie konnte aufatmen. Der Polizeihund, mit dessen Hundeführer ich ein Buch über seine Ermittlungen mit dem Partner auf vier Pfoten schrieb, hat wohl ein weniger neurotisches Herrchen, beziehungsweise dort ist der Hund der Chef. Aber als Hündin bevorzugt Luna ohnehin flache Hierarchien.
    Dienstagmittag am Flaucher an der Isar. Meike und ich. Sie hat etwas auf dem Herzen und mich am Vormittag um ein baldiges Treffen gebeten.
    »Dann habe ich einfach mal sein Handy angeschaut. Ich weiß, dass man das nicht macht, aber ich musste endlich Gewissheit haben. Ich wartete, bis er in der Dusche war, und …«
    »Aus!«
    Irritiert schaute Meike mich an.
    »Entschuldigung. Es ist wegen Luna. Sie soll nichts fressen, was am Weg liegt. Aus!«
    »Also. Martin war in der Dusche, und ich …«
    »Aus!« Ein Aus allein genügt nicht bei einem Welpen. Ich musste zu Luna laufen und ihr das Stück Breze wegnehmen.
    »Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte ich Meike und konnte es mir zum Glück selbst beantworten. »Ach ja, Dusche.«
    »Ja, also. Ich habe gehört, dass das Wasser in der Dusche lief, und dachte, dass ich diese Gelegenheit nutze und mir …«
    »Nein!«
    Es ist absolut verboten, an Menschen hochzuspringen. Viele finden das süß. Aber eben nur, solange der Hund klein ist. Wenn er einem eines Tages auf Augenhöhe, die Pfoten wie Pranken auf den Schultern, übers Gesicht schleckt, freut sich kaum jemand über diese stürmische Begrüßung, besonders im Sommer, in heller Kleidung.
    Das erklärte ich Meike.
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