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Lulu

Lulu

Titel: Lulu
Autoren: Frank Wedekind
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Ausnahme so ohne weiteres auf die ganze Zunft schließen dürfen.
    SCHWARZ (von der Staffelei zurücktretend)
    Ich hätte mir im vergangenen Herbst doch lieber ein anderes Atelier mieten müssen.
    SCHÖN (zu Goll)
    Was ich fragen wollte – haben Sie die kleine O’Morphi schon als peruanische Perlenfischerin gesehen?
    GOLL
    Morgen sehe ich sie mir zum viertenmal an. Der Fürst Polossow führte mich hin. Sein Haar ist vor Entzücken schon wieder dunkelblond geworden.
    SCHÖN
    Sie finden sie also auch so fabelhaft?
    GOLL
    Wer will das je im Voraus beurteilen!
    LULU
    Ich glaube, es hat geklopft.
    SCHWARZ
    Entschuldigen Sie mich einen Augenblick. (Geht zur Türe und öffnet.)
    GOLL
    Du darfst ihn getrost etwas unbefangener anlächeln.
    SCHÖN
    Dem macht das gar nichts.
    GOLL
    Und wenn! – Wozu sitzen wir beide denn hier!
    Dritter Auftritt
    ALWA SCHÖN. DIE VORIGEN.
    ALWA (noch hinter der spanischen Wand)
    Darf man eintreten?
    SCHÖN
    Mein Sohn.
    LULU
    Das ist ja Herr Alwa!
    GOLL
    Kommen Sie nur ungeniert herein!
    ALWA (vortretend, reicht Schön und Goll die Hand)
    Herr Medizinalrat … (Sich nach Lulu umwendend.) Seh ich recht? – Wenn ich Sie doch nur für meine Hauptrolle engagieren könnte!
    LULU
    Ich würde für Ihr Stück wohl kaum gut genug tanzen.
    ALWA
    Aber Sie haben doch einen Tanzlehrer, wie man ihn an keiner Bühne Europas findet!
    SCHÖN
    Was führt dich denn hierher?
    GOLL
    Sie lassen hier wohl auch insgeheim irgendjemanden porträtieren?
    ALWA (zu Schön)
    Ich wollte dich zur Generalprobe abholen.
    SCHÖN
    (erhebt sich).
    GOLL
    Lassen Sie denn heute schon in vollem Kostüm tanzen?
    ALWA
    Versteht sich. Kommen Sie mit. In fünf Minuten muss ich auf der Bühne sein. (Zu Lulu.) Ich Unglücklicher!
    GOLL
    Ich habe ganz vergessen – wie nennt sich doch Ihr Ballett?
    ALWA
    »Dalailama«.
    GOLL
    Ich glaubte, der wäre im Irrenhaus.
    SCHÖN
    Sie meinen Nietzsche, Herr Sanitätsrat.
    GOLL
    Sie haben recht. Ich verwechsle die beiden.
    ALWA
    Ich habe dem Buddhismus auf die Beine geholfen.
    GOLL
    An den Beinen erkennt man den Bühnendichter.
    ALWA
    Die Corticelli tanzt den jugendlichen Buddah, als hätte sie am Ganges das Licht der Welt erblickt.
    SCHÖN
    Solang die Mutter noch lebte, tanzte sie mit den Beinen …
    ALWA
    Als sie dann frei wurde, tanzte sie mit dem Verstande …
    GOLL
    Jetzt tanzt sie mit dem Herzen!
    ALWA
    Wenn Sie sie sehen wollen?
    GOLL
    Danke.
    ALWA
    Kommen Sie doch mit!
    GOLL
    Unmöglich!
    SCHÖN
    Wir haben übrigens keine Zeit zu verlieren.
    ALWA
    Kommen Sie mit, Herr Medizinalrat. Im dritten Akt sehen Sie Dalailama in seinem Kloster, mit seinen Mönchen …
    GOLL
    Mir wäre es lediglich um den jugendlichen Buddah zu tun.
    ALWA
    Was hindert Sie denn?
    GOLL
    Es geht nicht. Es geht nicht.
    ALWA
    Wir gehen nachher zu Peters. Da können Sie Ihrer Bewunderung Ausdruck geben.
    GOLL
    Dringen Sie nicht weiter in mich. Ich bitte Sie.
    ALWA
    Sie sehen die zahmen Affen, die beiden Brahmanen, die kleinen Mädchen …
    GOLL
    Bleiben Sie mir nur um Gottes willen mit den kleinen Mädchen vom Halse!
    LULU
    Reservieren Sie uns eine Proszeniumsloge auf Montag, Herr Alwa!
    ALWA
    Wie konnten gnädige Frau daran zweifeln.
    GOLL
    Wenn ich zurückkomme, hat mir der Höllenbreugel das ganze Bild verpatzt!
    ALWA
    Das wäre doch kein Unglück. Das lässt sich übermalen.
    GOLL
    Wenn man dem Caravacci nicht jeden Pinselstrich expliziert …
    SCHÖN
    Ich halte Ihre Befürchtungen übrigens für unbegründet.
    GOLL
    Das nächste Mal, meine Herren!
    ALWA
    Die Brahmanen werden ungeduldig! Die Töchter Nirvanas schlottern in ihren Trikots!
    GOLL
    Verdammte Klexerei!!
    SCHÖN
    Man wird uns auszanken, dass wir Sie nicht mitbringen.
    GOLL
    In fünf Minuten bin ich zurück. (Stellt sich links vorn hinter Schwarz und vergleicht das Bild mit Lulu.)
    ALWA (zu Lulu)
    Mich ruft leider die Pflicht, gnädige Frau.
    GOLL (zu Schwarz)
    Sie müssen hier ein wenig mehr modellieren. Das Haar ist schlecht. Sie sind nicht genug bei der Sache …
    ALWA
    Kommen Sie.
    GOLL
    Nun nur hopp! Zu Peters bringen mich keine zehn Pferde.
    SCHÖN (Alwa und Goll folgend)
    Wir nehmen meinen Wagen, der unten steht.
    Vierter Auftritt
    SCHWARZ. LULU.
    SCHWARZ (beugt sich nach links, spuckt aus)
    Pack! – Wäre doch das Leben zu Ende! – Der Brotkorb! – Brotkorb und Maulkorb! Jetzt bäumt sich mein Künstlerstolz. (Nach einem Blick auf Lulu.) Diese Gesellschaft! – (Erhebt sich, geht nach rechts hinten, betrachtet Lulu von allen Seiten,
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