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Luegst du noch oder liebst du schon Roman

Titel: Luegst du noch oder liebst du schon Roman
Autoren: Rebecca Fischer
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hellblauen Augen um die Wette. Kurz durchbohrt mich ein Schmerz wie ein scharfes Messer. Hört das denn nie auf?
    Hinter seinen unverschämt langen Beinen taucht Sammy auf. Kein Wunder, dass unsere Ehe schiefging - Ralf und ich waren einfach nicht auf Augenhöhe. Ich, ein Meter zweiundsechzig, er, ein Meter fünfundneunzig. Es tut nie gut, wenn der eine zum anderen aufsehen muss.

    Mein Sohn grinst von einem Ohr zu anderen und wirft sich in meine Arme. Wie gut er duftet! Eine Mischung aus Kakao, Haarshampoo und Heu. Wie diese Kombination zustande kommt, ist mir ein Rätsel. Mir wird schlagartig warm ums Herz - ich liebe meinen Sohn wirklich sehr. Und genau deshalb werden wir hier auch ganz schnell die Biege machen.
    »Willst du einen Kaffee?«, fragt Ralf und lächelt mich an, als sei nichts geschehen.
    »Nein danke, ist nicht nötig. Wir wollen gleich los«, antworte ich mit zusammengebissenen Zähnen. Bloß weg, bevor Britta auftaucht.
    »Aber bleibt doch noch einen Moment, die Geschäfte öffnen erst um zehn Uhr«, flötet es aus der Küche - das Klappergestell ist wach. Ehe ich es mich versehe, schiebt Ralf Sammy und mich schon in die Richtung, aus der die Stimme kommt.
    Mist, warum habe ich mich nicht ein bisschen zurechtgemacht? Mein ungebügeltes T-Shirt, die ausgebeulte Jeans und meine uralten Turnschuhe stehen in krassem Kontrast zu Britta Brandtners Seidennegligé in pudrigem Nude-Ton und den kleinen rosa Schläppchen an ihren Füßen.
    Während Ralf sich an der Philips-Gourmet-Kaffeemaschine zu schaffen macht, legt Britta goldglänzende Aufbackbrötchen aufs Blech. Die stilvolle Altbauwohnung mit den hohen Decken und dem üppigen Stuckdekor wird von sanfter Jazz-Musik beschallt, die mich augenblicklich müde macht. Die Szenerie wirkt wie aus Schöner Wohnen - durchdesignt bis ins letzte Detail.
Wahrscheinlich ist Britta in Wahrheit gar kein Mensch aus Fleisch und Blut, sondern eine dieser batteriebetriebenen Frauen aus Stepford.
    Sammy zuliebe beschließe ich, trotz meiner Unsicherheit die souveräne Mama zu geben, die alles im Griff hat.
    »Was ist das denn für eine Präsentation am Dienstag?«, erkundige ich mich tapfer nach dem Grund für den akuten Kleidungsnotstand.
    Beglückt über die Frage dreht Britta sich zu mir um und schiebt ihre glänzenden rötlich blonden Locken, Marke Undone-Look, hinters Ohr.
    »Übermorgen kommen unsere Chefs aus dem US-Department«, beginnt sie zu erklären, während Sammy seinen Spielzeugbagger scheppernd über den alten Kachelfußboden schiebt. Hoffentlich fährt er aus Versehen über Brittas perlmuttfarben lackierte Fußnägel! Doch dummerweise nimmt er stattdessen Kurs auf meine Füße, die ich deshalb reflexartig unter den Stuhl ziehe.
    »Das bedeutet, dass ich vor einem Gremium von zehn Vorstandsmitgliedern unser neues Konzept vorstellen muss, mit dem ich den deutschen Markt wieder auf Vordermann bringen will.« Britta sieht mich an, als erwarte sie, dass ich vor Ehrfurcht augenblicklich in die Knie gehe. Mache ich aber nicht, sie hat ja schließlich kein Mittel gegen Krebs oder Aids entdeckt.
    »Na, dann viel Erfolg«, antworte ich knapp. Ich werde ihr jetzt nicht den Gefallen tun und weiter nachhaken, denn ihr ganzer Modefirlefanz interessiert mich kein bisschen.

    Alles, was ich momentan will, ist, mir Sammy unter den Arm zu klemmen und endlich diese Wohnung zu verlassen.
    »In Zeiten der Finanzkrise hat es die Modebranche besonders schwer«, beeilt sich nun Ralf, das Gespräch unnötig in die Länge zu ziehen. Warum braucht diese dämliche Kaffeemaschine denn so lange? »Wie sieht es denn diesbezüglich momentan bei Pure-Nature-Cosmetics aus?«
    Ich schlucke. Heute ist Sonntag, und da will ich nicht an meinen Job erinnert werden. Und schon gar nicht daran, dass er momentan am sprichwörtlich seidenen Faden hängt.
    Ich arbeite in Teilzeit als PR-Frau für eine Firma, die Naturkosmetik herstellt, und natürlich ist das alles andere als ein krisenfester Job.
    »Bislang haben wir keine nennenswerten Rückgänge zu verzeichnen, eher im Gegenteil«, versuche ich glaubhaft zu versichern, auch wenn das nicht ganz stimmt. Erst letzte Woche hat mich die Leiterin der Produktabteilung um ein Treffen gebeten, was vermutlich kein besonders gutes Zeichen ist. Wir sehen uns am Mittwoch, und bis dahin verhalte ich mich einfach so, als sei nichts passiert.
    »Also ich persönlich kann ja gar nichts mit eurer Kosmetik anfangen«, mischt sich nun Britta ein, der es vermutlich
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