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Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Titel: Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)
Autoren: Kerstin Gier
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Das kann ich Ihnen gerne sagen, Birnbaum«, rief ich aus. »Es ist die billigste und klischeehafteste Erklärung, die mir jemals untergekommen ist. Wir sind doch hier nicht in einem billigen Roman!«
    »Also, das müssen Sie mir jetzt aber mal näher erläutern«, sagte Birnbaum.
    »Herrgott, Birnbaum! Wir alle waren der Ansicht, Annika sei Ihre Geliebte«, sagte ich ungeduldig. »Jeder dachte das! Ich natürlich auch. Und jetzt sagen Sie mir, Sie ist Ihre Cousine! Bis hierhin können Sie mir doch folgen, oder?«
    Birnbaum nickte.
    »Gut. Und was bitte passiert in einem Kitschroman, wenn die Heldin sich gerade wegen ihrer schönen Rivalin von der Brücke stürzen will? Hm? Hm? Richtig: Es stellt sich heraus, dass die schöne Rivalin a) seine Schwester oder b) eine Lesbe oder c) seine Cousine ersten Grades ist. Das nenne ich billig!«
    Zum ersten Mal an diesem Abend lächelte Birnbaum. »Aha! Höre ich da heraus, dass Sie sich mit der Heldin in diesem Kitschroman identifizieren?«
    »Himmel, nein! Das hier ist der reinste Horrorroman!« Auf einmal war ich wieder den Tränen nahe. Irgendwie war das alles zu viel für mich.
    »Aber ist es denn nicht schön, dass Sie sich nicht von der Brücke stürzen müssen?«, fragte Birnbaum.
    »Das hatte ich niemals vor, Sie eingebildeter …«, rief ich aus, aber Birnbaum legte mir die Hand auf den Mund.
    »Vorsicht! Ich bin immer noch dein Chefredakteur«, sagte er. Offensichtlich hielt er es für angebracht, zu einer weniger förmlichen Anrede überzugehen. »Ich wusste nicht, dass ich dich heute Abend hier treffen würde, Johanna, aber wo du schon mal hier bist, können wir gleich ein paar entscheidende Dinge klären.«
    »Von mir aus! Ich hätte mich schon nicht von der Brücke gestürzt«, sagte ich. »Nicht Ihretwegen und auch nicht wegen all der anderen Probleme, die sich vor und hinter mir auftürmen wie Wolkenkratzer. Ich bin nicht der Typ, der sich von der Brücke stürzt. Nicht mal Vivi würde das tun, obwohl sie seit Jahren davon redet. Fräulein? Noch einen Champagner bitte.«
    Die uniformierte Kellnerin stellte mir ein Glas auf den Tisch.
    »Ach, geben Sie mir ruhig gleich noch eins«, sagte ich und stürzte den Champus durstig meine Kehle hinunter.
    »Ich möchte gerne mal wissen, wann das Zeug endlich in meinem Gehirn ankommt«, sagte ich zu Birnbaum.
    »Jeden Augenblick, da bin ich sicher«, sagte Birnbaum.
    »Ja, dann wollen wir das mal hoffen.« Ich leerte zuerst das eine, dann das andere Glas, und Birnbaum sah mir dabei zu. Allmählich füllten sich die Sitzplätze an den Tischen, auch um uns herum gab es immer weniger freie Stühle. Uns gegenüber nahmen ein Mann im Smoking und eine ebenso elegante Frau Platz. Beide lächelten erst Birnbaum und dann mich an.
    Genau in diesem Augenblick fühlte ich den Alkohol in meinem Gehirn ankommen.
    »Angenehm, Anselm Fredemann«, schnarrte der Mann, und die Frau sagte: »Fröschlein.«
    »Gesundheit«, sagte ich. Huihui, was war das doch für ein herrliches Gefühl, wenn fünf Gläser Champus auf einmal im Großhirn anlangten!
    »Ich liebe dich«, sagte Birnbaum.
    Ich sah ihn verschwommen an. Die Gedanken, die in meinem Kopf herumturnten, hatten allesamt Schluckauf. »Seit wann das denn?«
    »Ich glaube schon ziemlich lange«, antwortete er ernst. »Zuerst war es nur ein Spiel, und Neugier natürlich, aber dann hat’s mich voll erwischt.«
    »Wirklich? Obwohl Sie die Fotos von mir im Eiswürfelbett gesehen haben?«
    Birnbaum lachte. »Du sahst toll aus.«
    »Kann es sein, dass Sie vielleicht auch kurzsichtig sind? Ich fürchte, alle Männer, die sich in mich verlieben, haben was auf den Augen.«
    »Ich habe Augen wie ein Luchs«, sagte Birnbaum.
    Prüfend schaute ich ihn an. Er hatte überhaupt keine Augen wie ein Luchs, eher solche wie sein Hund Jakob, braun, treu und gutmütig. Viel, viel schöner, als die von George Clooney. George Clooney war überhaupt ein Dreck gegen Birnbaum.
    »Das wäre jetzt der Augenblick, in dem du sagen könntest, dass es dir genauso geht wie mir«, sagte Birnbaum schließlich.
    »Mir geht es aber nicht wie Ihnen«, sagte ich. »Ich stecke gerade mitten in einer tiefen persönlichen Krise. Meine Familie fällt auseinander, und ich habe mich in meinen Chef verliebt. Gut, seine vermeintliche Geliebte hat sich soeben als seine Cousine entpuppt, aber ich sage Ihnen, meine Probleme sind immer noch ausgesprochen vielfältig. Zu allem Überfluss gibt es da noch einen anderen Mann. Zufälligerweise
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