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Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)

Titel: Lügen, die von Herzen kommen: Roman (German Edition)
Autoren: Kerstin Gier
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praktisch blind ist, muss ich mir keine Sorgen machen wegen dieser unschönen Striemen und Abdrücke, die bestimmte Kleidungsstücke auf der Haut hinterlassen. Ich habe sogar einen Stringtanga an, das habe ich mich schon ewig nicht mehr getraut, genauer gesagt, seit Raimund gesagt hat, das erinnere ihn an diese Linien, die ein Schönheitschirurg vor der OP auf seine Patienten zu malen pflegt. Aber ich bin trotzdem aufgeregt. Möglicherweise habe ich mich ja tatsächlich in diesen Langeweiler verliebt.«
    »Manchmal verliebt man sich in die unmöglichsten Typen«, sagte ich. »Aber wer weiß, bei dir und Alex könnte es vielleicht ein Happy End geben.«
    »Fürs Erste würde mir ein glücklicher Anfang schon reichen«, sagte Carla bescheiden. »Dir wünsch ich auch viel Glück, Rübe. Trink ruhig Champagner, wenn es sein muss, und lass diesen Cousin nicht ohne deine Telefonnummer ziehen. Selbst wenn er Warzen haben sollte, was ich nicht glaube.«
    Sie sollte Recht behalten. Der Cousin hatte wirklich keine Warzen.
    Es gab auch keinen Türsteher, nur eine freundliche Dame, die im Foyer des feinen Hotels, das die Fredemanns zu diesem Anlass exklusiv gemietet hatten, meine Einladung entgegennahm und meinen Namen auf einer endlos langen Liste mit einem Häkchen versah.
    Ich hatte gerade noch Zeit, ein Glas Champagner von einem der uniformierten Kellner entgegenzunehmen, da stürzte sich auch schon Annika Fredemann auf mich.
    »Johanna!« Sie hatte mir zwei Küsschen links und rechts auf die Wange geknallt, ehe ich wusste, wie mir geschah. »Wie schön, dass Sie gekommen sind. Kommen Sie, ich führe Sie zu meinem Vater, damit Sie die Gratulation hinter sich bringen können, und dann suchen wir Adam.«
    Die Art und Weise, wie sie Birnbaums Vornamen aussprach, so vertraut und intim, zwang mich, mein Sektglas in einem Zug zu leeren, während ich hinter Annika herdackelte. Überflüssig zu sagen, dass sie fantastisch aussah, in irgend so einem schwarzen, geschlitzten und dekolletierten Designerfummel, den nur Gwyneth Paltrow und sie tragen konnten, ohne sich lächerlich zu machen. Ich stellte das leere Glas im Vorbeigehen auf dem Tablett eines anderen Kellners ab und griff nach einem vollen.
    Ich hatte Recht gehabt mit meiner Vermutung, Fredemann hatte keinen Schimmer, wer ich war, aber er schüttelte mir mit dem allerherzlichsten Lächeln die Hand und bedankte sich vielmals, dass ich zu seiner Feier erschienen war.
    Ich bedankte mich ebenso vielmals für die überaus freundliche Einladung. Ein Fotograf schoss ein Bild davon, wie wir einander die Hand schüttelten, und ein weiteres, wie ich auch Frau Fredemann die Hand schüttelte, einer eleganten Erscheinung, die wie eine dreißig Jahre ältere Ausgabe von Annika aussah.
    »Dann wünsche ich Ihnen viel Vergnügen mit dem Programm und unserem Sumsebienchen«, sagte Frau Fredemann leutselig. Offensichtlich hatte auch sie schon einige Gläschen Champagner intus – wer konnte es ihr verdenken? Was war Sumsebienchen? Die Band, die man für den Abend engagiert hatte, oder die Champagnermarke? Egal!
    »Ich werde mich auf jeden Fall bestens unterhalten«, versicherte ich lächelnd.
    Damit waren die Formalitäten erledigt, und Annika griff nach meinem Arm.
    »Kommen Sie, Johanna«, sagte sie drängend. »Ich kann es gar nicht erwarten, sein Gesicht zu sehen.«
    Oh ja, natürlich, jetzt wurde es ja erst richtig spannend. Birnbaum und Annikas warziger Cousin warteten hier irgendwo im Gedränge. Ich leerte hastig das zweite Sektglas.
    Annika führte mich durch den riesigen Saal, vorbei an unzähligen lang gestreckten Tischen mit blinkenden Gläsern, edlen Blumengestecken und Tischkarten aus grauem Bütten, auf denen ich im Vorbeigehen so manchen bekannten Namen entzifferte. Vielleicht würde ich ja gegenüber dieser Eisschnellläuferin sitzen oder da, beim Landrat?
    »Sie sitzen natürlich am Familientisch«, sagte Annika.
    Natürlich. Am Familientisch (der noch gähnend leer war, die meisten Gäste tummelten sich noch draußen im Foyer) saß auch Birnbaum. Auch er durfte als zukünftiger Schwiegersohn selbstverständlich am Familientisch sitzen. Allerdings schien diese Aussicht ihn nicht gerade in Hochstimmung zu versetzen. Er schaute geistesabwesend vor sich hin und spielte mit einer echt silbernen Gabel.
    Annika bedeutete mir pantomimisch, den Mund zu halten und hielt ihm von hinten die Augen zu. Sie hatte ihm wohl wirklich nichts davon erzählt, dass sie mich auch eingeladen hatte,
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