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Lucy's Song

Lucy's Song

Titel: Lucy's Song
Autoren: Bjorn Ingvaldsen
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das Geld besorgt und alles geregelt. Das muss doch ein tolles Gefühl sein, oder?«
    »Doch, aber du bist es«, sagte ich. »Du bist der Grund, warum wir hergekommen sind.«
    »Jetzt denk nicht weiter an rote Cabrios oder Songs, die populär waren, lange bevor du geboren wurdest. Uns geht es doch prima hier, so gut, wie es uns nur gehen kann.«
    »Aber dein Traum? Dein Lebensmut?«
    »Na, das ist doch wohl vor allem dein Traum. Du träumst davon, dass ich wieder gesund werde und dass unser Leben wieder so wird wie vorher. Und darüber bin ich sehr glücklich. Aber du musst wissen, dass nichts davon abhängt, ob du es schaffst, einen Ferrari in Paris zu besorgen. Der Krebs wird deshalb nicht verschwinden. Es sind du und Lucy, ihr gebt mir den Lebensmut und die Freude. Die Hoffnung, zu sehen, wie ihr erwachsen werdet. Du bist jetzt fast vierzehn. Das ist viel zu früh, um so viel Verantwortung zu übernehmen. Und das macht mir viel mehr Sorgen als die Frage, ob sich ein Cabrio auftreiben lässt. Was ist, wenn es nicht klappt und ich nicht wieder gesund werde? Willst du dann den Rest deines Lebens darüber grübeln, ob das der Grund war, dass ich gestorben bin? So geht das nicht, mein Schatz. So geht das nicht. Jetzt sind wir in Paris. Und hier machen wir das Beste draus, machen alles, was wir können, und haben ein paar fantastische Tage. Wir alle zusammen.«
    Ich wandte mich ab. Sehen, wie Lucy und ich erwachsen wurden. Lebensmut. Ich wusste, was ich wollte. Ich wollte Lebensmut schaffen, Freude. Da konnte sie sagen, was sie wollte. Ich wusste, ich war dafür verantwortlich.
    Die Tante und ich halfen Lucy hinunter in die Rezeption. Da es heute wohl auch einige Spaziergänge geben würde, mussten wir den Rollstuhl mitnehmen. Die Tante ging hoch, um ihn zuholen und Mama zu helfen. Ich ging mit Lucy schon mal vor das Hotel. Ohne Mama oder die Tante war sie unruhig. Ich versuchte sie dazu zu bewegen, sich auf den Rand eines Blumenkübels zu setzen, aber das wollte sie nicht. Sie wiegte sich hin und her und gab Laute von sich.
    Der Mann in der Rezeption klopfte ans Fenster. Ich schaute zu ihm rüber. Er winkte mir zu, ich sollte hereinkommen.
    »Bleib hier stehen«, sagte ich zu Lucy.
    Der Mann gab mir Bescheid, dass der Sightseeingbus zehn Minuten Verspätung haben würde. Sie hatten angerufen.
    »Okay«, sagte ich.
    Ich schaute die Treppe hinauf, um zu sehen, ob die anderen kamen. Dann ging ich wieder hinaus. Lucy war fort.
    »Lucy! Lucy!« Ich rief laut nach ihr, obwohl ich wusste, dass es keinen Sinn hatte. Sie konnte ja nicht antworten. Ich schaute mich um. Sie war nicht hinter den Blumenkübel gefallen, auch nicht zwischen die parkenden Autos. Ich starrte auf die Hoteltür. Wenn nur Mama und die Tante bald herauskämen. Sie konnten mir suchen helfen. Aber sie würden wütend werden. Wütend, weil ich nicht aufgepasst hatte. Jemand musste Lucy doch gesehen haben. Ich war ja nur eine Minute weg gewesen. Nicht einmal eine Minute. Ein paar Sekunden. Jemand musste etwas gesehen haben.
    »Have you seen my …?« versuchte ich es bei einem Paar, das vorbeiging. Sie schüttelten nur den Kopf, verstanden wohl nicht, was ich sagte.
    »Lucy! Lucy!«
    Ich lief um eine Ecke und schaute dort die Straße rauf und runter. Ich lief weiter, starrte in die Geschäfte. Dann zurück zum
    Hotel, keine Lucy vor dem Eingang, weiter zur Straßenecke in die andere Richtung, ich rief, lief, Geschäfte, Hauseingänge, zwischen den Autos, hinter den Mülleimern. Keine Lucy.
    Noch einmal lief ich zurück zum Hotel, bis zur Eingangstür und den großen Fenstern. Drinnen konnte ich die Tante mit dem Rollstuhl kommen sehen. Ich schluchzte, lief weiter, drehte mich um, lief zurück. Die Hoteltür ging auf. Ich wollte die Tante anschreien, Mama anschreien. Doch plötzlich stand sie da. Lucy. Sie stand an die Hotelwand gelehnt und hielt sich an dem Regenrohr fest.
    »Wo warst du?«, fragte ich sie keuchend. Sie konnte nicht antworten. Stand nur da. Die Tante und Mama kamen auf uns zu. Lucy lächelte mich an. Zum ersten Mal lächelte Lucy mich an. Sie lachte nicht, gab keine Töne von sich. Lächelte nur.
    »Der Bus ist etwas verspätet«, sagte die Tante.
    »Ich weiß.«
    »Wir müssen einfach hier warten.«
    Mama schaute mich an.
    »Du bist ganz rot im Gesicht. Alles in Ordnung mit dir?«
    »Ja, alles in Ordnung.«

D
ie Rundfahrt mit dem Bus endete am Eiffelturm. Wir waren an vielen bekannten Sehenswürdigkeiten von Paris vorbeigefahren.
    »Es war
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