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Lucy's Song

Lucy's Song

Titel: Lucy's Song
Autoren: Bjorn Ingvaldsen
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konnten wir uns leisten, vielleicht sogar für vier Stunden.
    Sie sprach wieder mit dem Autovermieter.
    »Sie haben in vier Wochen einen Ferrari ohne Verdeck frei. Passt das?«
    »Nein, es muss noch vor Sonntag sein.«
    Die Dame schüttelte den Kopf.
    »Das geht nicht, alle Autos sind gerade vermietet. Sie sind bei Filmaufnahmen in Marseille. Die werden im August fertig sein.«
    »Das ist zu spät.«
    Die Frau sagte etwas ins Telefon und legte dann den Hörer auf.
    »Dann tut es mir leid.«
    Als ich die Touristeninformation verließ, war ich den Tränen nahe. Es gab Autos, die wir hätten mieten können, wir waren nur zum falschen Zeitpunkt hier. Warum hatte ich das nicht herausgefunden, bevor wir die Flugtickets gekauft hatten? Dann wären wir im August gekommen.
    Ich ging zurück zum Hotel. Da entdeckte ich auf der anderen Straßenseite einen Laden. »Lucy Jordan« stand auf dem Schild. »Lucy Jordan«! Ich musste es laut rufen. Das musste doch ein gutes Zeichen sein. Es gab in Paris einen Laden, der hieß »Lucy Jordan« und der lag nur zwei Straßen von unserem Hotel entfernt. Ich glaube, ich riss die Tür zu dem Laden voller Schwung auf.
    Drinnen war es ganz still. An den Wänden standen Ständer, die mit Kleidung vollgepackt waren. In der Mitte des Raums waren Kisten mit Schuhen und Taschen abgestellt. Eine Frau kam durch eine Tür aus dem Hinterzimmer herein. Sie begrüßte mich auf Französisch. Ich antwortete auf Englisch.
    »Heißen Sie … äh, sind Sie … was verkaufen Sie hier?«
    »Wir verkaufen gebrauchte Kleidung«, sagte sie. »Gebrauchte Kleidung und Schuhe.«
    »Aber der Name? ›Lucy Jordan‹? Heißen Sie so?«
    Sie musste lachen.
    »Nein, das ist aus einem Song. Über eine Frau, die davon träumt, einmal nach Paris zu reisen.«
    »Sie träumt davon, in einem Cabrio durch die Stadt zu fahren, mit dem Wind in den Haaren.«
    »Du kennst den Song.«
    Ich erzählte ihr von Mama.
    »Weißt du«, sagte sie. »Als ich fünfunddreißig war, da war ich gerade geschieden. Ich lebte in Kanada. Eines Tages habe ich dieses Lied gehört, und da habe ich beschlossen, nach Paris zu ziehen und etwas ganz anderes zu tun. In Kanada war ich Lehrerin. Jetzt verkaufe ich tagsüber gebrauchte Kleidung und unterrichte abends französische Studenten in Englisch.«
    »Ist das denn was ganz anderes?«
    »Nein, nicht ganz. Aber etwas muss man ja tun, etwas, das man kann. Ich habe immer davon geträumt, Kleider in Paris zu verkaufen. In der Modehauptstadt der Welt. Mein eigenes Modehaus zu leiten. Das werde ich niemals schaffen. Aber ich verkaufe Kleidung. Und damit ich davon leben kann, muss ich nebenbei unterrichten. Man kann seine Träume erfüllen. Einige schaffen alles, aber die meisten müssen sich mit etwas weniger zufriedengeben. Deshalb heißt mein Laden ›Lucy Jordan‹.«
    »Kennen Sie jemanden, der so ein Cabrio hat?«
    »Nein, aber ich glaube, ihr schafft das. Das habe ich so im Gefühl.«

A
ls ich zurück ins Hotel kam, ging es Mama wieder gut. Wir beschlossen, in einem der kleinen Restaurants in der Nähe essen zu gehen.
    »Etwas richtig Exklusives, original Französisches, das wäre das Richtige heute«, sagte die Tante. »Damit wir wirklich fühlen, dass wir in Paris sind. Nur keine Schnecken. Oder Froschschenkel.«
    »Ich habe einmal Froschschenkel gegessen«, sagte Mama. »Das war in Dänemark. Die haben nicht schlecht geschmeckt, aber besonders gut waren sie auch nicht. Die müssen wir heute nicht essen. Worauf hast du Lust?«
    Sie sah mich an.
    »Pizza«, sagte ich.
    Und es wurde Pizza. Wir fanden ein kleines Lokal gleich um die Ecke vom Hotel. Der Fahrstuhl funktionierte immer noch nicht, und wir hatten keine Lust, den Rollstuhl all die Treppen hinunterzuschaffen, deshalb musste es sehr, sehr nahe sein. Die Tante und ich stützten Lucy auf beiden Seiten.
    »Oh, wie schön«, sagte Mama. Der Kellner hatte eine Kerze angezündet, die er oben in eine leere Weinflasche gesteckt hatte. Auf dem Tisch lag eine karierte Decke. »Es ist schon eine Ewigkeit her, dass ich das letzte Mal im Restaurant war.«
    Der Kellner kam mit einem Schälchen Oliven. Tante probierte sie und sagte, die seien richtig gut. Ich probierte auch eine und stellte fest, dass es das Schlimmste war, was ich jemals gegessen hatte. Als ich sie ausspuckte, musste die Tante lachen.
    »Ich glaube, man muss erwachsen sein, um die zu mögen«, sagte sie.
    Mama bestellte für Lucy Lasagne, wir anderen aßen Pizza.
    »Welche Pläne haben wir
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