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Lucifer - Traeger des Lichts

Titel: Lucifer - Traeger des Lichts
Autoren: Catherine Webb
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leer. Der einzige Laut darin war das ständige Ticken von Uhrwerken. Er schaute sich um, und sein Blick fiel auf die Uhr, in der er vor langer, langer Zeit ein
    Schwert und eine Krone gefunden hatte. Dann hob sich sein Blick zum ersten Mal zu dem riesigen leeren Thron an der Kopfseite der Halle empor. Hinter dem Thron war die größte Uhr von allen, aus reinem Licht gemacht. Ihr Ziffernblatt sah merkwürdig aus; man hatte ihm einmal erzählt, dass der Sekundenzeiger nicht die Pause zwischen einem Schlag und dem nächsten maß, sondern die Schwingung des Lichts. Sam stand da und starrte auf den leeren Thron. »Nein«, sagte er schließlich, »es kümmert dich nicht, nicht wahr?« Er seufzte und begann die Halle mit seinen Schritten zu durchmessen, wobei er weitersprach, wie zu sich selbst.
    »Es ist sehr kompliziert, aber ich glaube, der Dreh- und Angelpunkt der Sache ist dies: Du bist der Prozess, durch den wir leben und schließlich sterben. Du bist der Anfang und das Ende, und beides ist dir von Natur aus gegeben. Allein aber bist du nicht mehr als das. Aber mit dem Leben, insbesondere denkendem und fühlendem Leben, wirst du zu etwas mehr. Jeder Gedanke, den ich fasse, braucht Zeit und nimmt ein bisschen von dir, und so erinnerst du dich natürlich daran, als ob es dein eigener wäre. Und so ist jeder Gedanke und jedes Gefühl ein Teil von dir, ist in dir, irgendwo in einem großen Gemenge zusammen mit allen anderen. Und doch kümmert dich das alles nicht.«
    »Warum bist du hier?« Die Stimme schien von allen Seiten zugleich zu kommen, erfüllte den Raum, dröhnte betäubend in seinen Ohren.
    Er duckte sich in Furcht, doch als er sprach, geschah es mit Trotz: »Du solltest es wissen! Du bist in meinen Gedanken!«, schrie er laut, um die Echos zu übertönen.
    Der Raum schien sich zu verdunkeln, die Schatten wurden länger, verschmolzen ineinander. Sam war es plötzlich sehr kalt.
    »Anmaßender Bursche! Du wagst es, jetzt zu mir zu kommen? Du wagst es anzunehmen, dass ich dir helfen werde?«
    »Ich bin dein Sohn!«
    Etwas huschte über Sams Fuß. Etwas anderes packte ihn von hinten, doch als er sich umdrehte, war es nur ein Schatten. Etwas Schweres traf ihn zwischen den Schultern, und er fiel auf Hände und Knie nieder.
    Auf Hände und Knie, direkt vor dem leeren Thron. Dann packte ihn eine Hand, unnachgiebig und kalt wie Eis, bei den Haaren und riss seinen Kopf hoch. Er spürte den Druck einer Klinge an seiner Kehle und den Schmerz eines Schnitts, als wäre es wirklich geschehen.
    »Niemand hat je so zu mir gesprochen wie du, Knabe. Niemand hat es je so gewagt, meinen Zorn herauszufordern!«
    »Du hast mich selbst dazu gebracht!«, schrie er zurück, zitternd vor Furcht. Es war nicht seine Furcht, denn in dem Augenblick verspürte er eine große innere Ruhe, sondern ein älterer Schrecken, der aus seinen Erinnerungen gespeist und ihm von einem zornigen Vater immer wieder vorgehalten wurde.
    »Bin ich nicht dein notwendiges Kind? Hast du mich nicht geschaffen, um deinem Zweck und allein deinem Zweck zu dienen? War nicht das Licht zu sanft für dich, und ist nicht Magie die einzige Macht, die deine tödlichen Spiele mitspielen kann? Bin ich nicht dein?«
    »Du widersetzt dich mir! Mir! Mit jedem Atemzug, den du tust, trotzt du mir, und jeder Gedanke, den du denkst, ist darauf gerichtet, mich zu überlisten. Mich!«
    Sam öffnete den Mund, um zu sprechen, doch die Stimme peitschte seine Ohren, bevor er etwas sagen konnte. »Streite es nicht ab, denn ich bin in deinen Gedanken und bin es immer gewesen!«
    »Dann weißt du auch, warum ich dir trotze! Wie kannst du in mir sein, und doch kümmert es dich nicht?«
    Schmerz durchfuhr ihn wie Feuer. Sam wand sich, doch der
    Griff war unmöglich zu brechen. »Du weißt, dass ich nicht die Absicht habe, dir und deinen Plänen zu dienen. Wenn es dich nicht kümmert, warum tötest du mich dann nicht und sparst dir den Ärger?«
    Der Griff lockerte sich plötzlich, und Sam kippte nach vorn nach Atem ringend. Die Furcht war fort, und der Schmerz ebenso. Doch die Schatten um tanzten ihn immer noch. Er ließ den Blick durch die Halle schweifen. Es war niemand da.
    »Warum widersetzt du dich mir?«, flüsterte eine Stimme, und sie klang so traurig und müde, dass ihn ein plötzliches Schuldgefühl überkam, den Sorgen dieser alten Macht noch eine weitere hinzugefügt zu haben.
    »Dich kümmert es nicht einmal, was mit deinen Kindern geschieht. Sie vernichten sich gegenseitig, und
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