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Love Train

Love Train

Titel: Love Train
Autoren: Katrin Lankers
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mehr, was ich tun würde. Wie ferngesteuert stand ich auf und taumelte durch den Mittelgang des wackelnden Zuges. Hier und da musste ich mich an den Sitzlehnen abstützen, und überall sah ich in die Gesichter der anderen Passagiere, die mich neugierig, fragend oder amüsiert musterten. Die meisten nickten mir aber lächelnd zu. Es war längst nicht so schlimm, wie ich es mir vorgestellt hatte, an all diesen Menschen vorbeizugehen, denn ich kannte mein Ziel, und das war in diesem Moment wichtiger als alles andere.
    Felix’ Stimme begleitete mich mit meinem Lieblingslied quer durch den Zug, bis ich endlich den vorletzten Waggon erreichte. Und da stand er, einen albernen Telefonhörer in der Hand, den er mit einem Dankeschön an den Schaffner zurückreichte, als er mich sah.
    Â»Gern geschehen«, sagte der Schaffner. »Vielleicht legt sie ja dafür bei ihrer Schwester ein gutes Wort für mich ein.« Aber bevor ich etwas erwidern konnte, drehte er sich um und verschwand im nächsten Abteil.
    Felix und ich blieben allein zurück. Er lächelte mich vorsichtig an, und mit dem Lächeln kamen die Grübchen, die ich unwiderstehlicher fand als je zuvor. Gleichzeitig machten wir einen Schritt aufeinander zu, sodass uns plötzlich nur noch ein paar Zentimeter trennten.
    Â»Ich dachte, du kannst dieses Lied nicht leiden«, sagte ich. Das war das Erstbeste, was mir durch den Kopf schoss.
    Â»Aber dich kann ich umso besser leiden.« Felix kam noch ein winziges Stückchen näher, fast glaubte ich, seinen Atem auf meinem Gesicht zu spüren, so nah war er mir. Meine Beine fühlten sich mit einem Mal ganz wackelig an.
    Â»Kannst du mir verzeihen, dass ich blöd genug war zu glauben, du hättest was mit Tobias angefangen?«, fragte er so zerknirscht, dass ich beinahe hysterisch loskicherte, damit mir nicht vor lauter Rührung wieder die Tränen in die Augen stiegen. Doch zu meiner eigenen Überraschung schaffte ich es, sie runterzuschlucken. »Und kannst du mir verzeihen, dass ich einfach weggelaufen bin?«
    Â»Ja, ich glaube, das kann ich dir verzeihen«, erklärte ich und setzte ein Pokergesicht auf – zumindest hoffte ich, dass es wie eines aussah. »Aber ich weiß nicht, ob ich dir vergebe, dass du mich vor allen Leuten hier im Zug blamiert hast.«
    Â»Na, hör mal, wenn sich hier einer blamiert hat, dann ja wohl ich«, empörte Felix sich. »Und um ehrlich zu sein, hatte ich eine Riesenmegaangst, dass du nicht kommen würdest. Aber wie ein kluger Mensch mal gesagt hat: Wer zugibt, dass er feige ist, hat Mut!«
    Â»He«, warf ich ein. »Das hab ich in meinem Blog geschrieben.« Zu spät erinnerte ich mich daran, dass ich mit Felix lieber nicht über den Blog reden wollte.
    Â»Stimmt, da hab ich es gelesen.« Er tat, als würde es ihm gerade erst wieder einfallen. »Guter Blog übrigens.«
    Ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden, wahrscheinlich lief ich jetzt genauso knallrot an wie der Schaffner vorhin. In diesem Moment fuhr der Zug in eine enge Kurve, ich wurde von meinen ohnehin wackeligen Beinen gerissen und fiel Felix direkt in die Arme.
    Â»Praktisch, diese Züge«, bemerkte Felix mit einem frechen Grinsen. Er nahm meine Wangen in beide Hände, kam mir mit seinem Gesicht noch ein Stückchen näher und sah mir tief in die Augen. »Du bist das Mädchen meiner Träume«, sagte er leise. »Mein Dreamgirl.«
    Los, küss mich!, dachte ich, aber er tat es nicht. Er betrachtete mich nur so intensiv, dass mir ganz heiß und kalt davon wurde. Warum küsst er mich nicht?, überlegte ich, aber mein Gehirn war unter seinem Blick nicht in der Lage, einen einzigen logischen Gedanken zu produzieren. Ist ja eigentlich auch egal, beschloss ich – und küsste ihn. Ohne zu zögern, erwiderte er meinen Kuss, so innig, als hätte er nur darauf gewartet. Und dann hörten wir gar nicht mehr auf, uns zu küssen, bis sich der Schaffner neben uns räusperte, weil er den nächsten Halt Köln Hauptbahnhof durchsagen wollte.
    Ich befreite mich widerstrebend aus Felix’ Armen, um mein Gepäck zu holen, und während ich zu meinem Platz zurückhetzte, dachte ich, dass das wirklich eine der kompliziertesten Liebesgeschichten war, die ich kannte. Aber dafür traumhaft romantisch und sogar mit einem
    Happy End.

Katrin Lankers, geboren 1977, hat schon einiges von der
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