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Love Train

Love Train

Titel: Love Train
Autoren: Katrin Lankers
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beschlossen hatten, nach Hause zu fahren, ging es mir stetig besser. Das Fieber war so plötzlich verschwunden, wie es aufgetaucht war, und meine Tränen flossen nicht mehr in Strömen, sondern tropften nur gelegentlich, wenn mir mein Elend gerade mal wieder besonders bewusst wurde.
    Juli war zum Bahnhof gefahren, um unsere Tickets für die Heimfahrt zu besorgen, und ich hatte mich im Aufenthaltsraum an den Computer gesetzt, um mir meinen Frust von der Seele zu schreiben. Zu meiner eigenen Überraschung hatte mich auch das ein bisschen erleichtert. Es fühlte sich an, wie über das Problem zu reden, nur ohne ein Gegenüber zu haben, das unpassende Kommentare abgab.
    Â»Hi«, sagte meine Schwester hinter mir und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Wir müssen packen und uns auf den Weg machen, wir fahren schon in zwei Stunden. Wir nehmen den Nachtzug nach Paris, dann den Thalys nach Brüssel und von dort den ICE direkt nach Köln. Morgen Mittag sind wir wieder zu Hause. War nicht ganz billig, aber wir brauchen das Geld ja nun nicht mehr für den Rest der Reise.« Sie versüßte die kleine Spitze mit einem liebevollen Lächeln.
    Ich schob den Stuhl zurück, um Juli auf unser Zimmer zu folgen, während meine Schwester ohne Unterlass weitererzählte.
    Â»Du wirst nicht glauben, wen ich am Bahnhof getroffen habe: Felix. Er bricht die Reise auch ab. Offenbar hat er sich so mit Tobias zerstritten, dass er keine Lust mehr darauf hat, mit seinem Kumpel unterwegs zu sein. Geschieht Tobi ganz recht, findest du nicht?«
    Â»Felix?«, echote ich perplex. »Und was hat er sonst noch gesagt? Hat er sich nach mir erkundigt?« Die Frage war heraus, bevor ich es verhindern konnte, zu spät biss ich mir auf die Zunge. Ich hatte Juli nicht erzählt, dass Felix der Hauptgrund für meine Dauerheulerei war. Auch wenn wir mittlerweile über vieles redeten, war mir dieses Thema zu heikel gewesen, um es überhaupt anzusprechen.
    Â»Stell dir vor, das hat er«, antwortete Juli ohne Argwohn.
    Â»Und, was hast du gesagt?« Ich hing förmlich an ihren Lippen.
    Â»Ich habe ihm erzählt, dass du im Hostel am Computer sitzt und an deinem Blog schreibst«, berichtete Juli.
    Â»Das hast du nicht!«
    Â»Es erschien mir besser, als zu sagen, dass du auf dem Bett liegst und dir seinetwegen die Augen aus dem Kopf heulst, meinst du nicht?«, entgegnete Juli sachlich. Oh, shit, meine Schwester durchschaute mich inzwischen besser, als ich gedacht hatte. »Außerdem schien er das interessant zu finden, er hat sich sogar erkundigt, wie dein Blog heißt.«
    Â»Und hast du es ihm verraten?«
    Bitte nicht!
    Â»Klar, wieso nicht?«
    Oh nein!!!
    Ruckartig drehte ich mich um und wollte zum Computer zurückstürzen. Ich musste unbedingt meinen letzten Eintrag löschen! Was, wenn Felix auf die Idee kam, meinen Blog zu lesen? Er würde sofort wissen, um wen es in meiner Geschichte ging.
    Â»He, was machst du?« Juli griff nach meinem Arm.
    Â»Ich muss noch mal schnell an den Rechner.«
    Â»Dafür ist jetzt wirklich keine Zeit mehr. Wir sollten uns ein bisschen beeilen, wenn wir unseren Zug erwischen wollen.«
    Â»Geht ganz schnell«, jammerte ich, aber meine Schwester zerrte mich unbarmherzig hinter sich her zur Treppe.
    Â»Wenn wir diesen Zug verpassen, verfallen unsere Tickets«, argumentierte sie, während sie mich die Stufen hochschob. »Und ich habe keine Lust, das Geld zweimal zu bezahlen.«
    18 Stunden und 59 Minuten sollte die Rückfahrt dauern. Zuerst bummelten wir mit einem Regionalzug von Barcelona nach Cerbère, einem französischen Grenzstädtchen mit knapp über tausend Einwohnern, dessen einziges bedeutendes Bauwerk der Bahnhof ist. Immerhin konnten wir beim Umsteigen einen letzten, wehmütigen Blick auf das tiefblaue Meer erhaschen. Dann ging es weiter mit dem Nachtzug, dieses Mal hatte Juli uns anstelle der unbequemen Ruhesessel zwei Liegen in einem Sechserabteil gegönnt, sodass ich mich ausstrecken und schlafen konnte, was mir nach der vorherigen unruhigen Nacht nicht schwerfiel. Kaum hatte der Zug sich in Bewegung gesetzt, war ich auch schon eingeschlafen.
    Ich träumte von dem No-Way -Konzert und genau wie in meinen lebhaften Tagträumen stand ich am Rand der Bühne und Joey sang »Dreamgirl« ganz allein für mich. Er schaut mich an, so intensiv, dass mein Magen flattert und mein Herz
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