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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase
Autoren: Ein verlockend beherrschter Earl
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ältesten
Sohn und Erben?«
    Noch ehe er
zu seinem üblichen Monolog über kaltherzige Ungeheuer und undankbare Kinder
anheben konnte, übernahm Mutter den Part: »So wird uns unsere Nachsicht
vergolten!« Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Das ist unser Lohn dafür, dich
in die Obhut Rupert Carsingtons gegeben haben, dem verantwortungslosesten Mann
in ganz England.«
    »Dich
kümmern nur die Carsingtons«, sagte Vater. »Wie oft hast du uns in all den
Jahren aus Ägypten geschrieben? Ich kann die Briefe an einer Hand abzählen.«
    »Warum sollte er uns schreiben, wo er doch niemals an uns denkt ?«, sagte
Mutter. »Ich bitte ihn um einen Gefallen und ernte nur Spott!« Vater stürmte an
den Kamin und hieb mit der Faust auf den Sims. »Mein Gott, wie soll ich es nur
ertragen? Nichts als Ärger und Sorgen! Du wirst mich noch ins Grab bringen,
Lisle.«
    »Oh,
Liebster, sag das nicht!«, kreischte Mutter. »Ich könnte nicht ohne dich sein.
Keinen Tag würde ich ohne dich ertragen. Ich würde dir ins Grab folgen, und
unsere armen Jungen wären Waisen!« Sie schwankte vom Fenster auf einen Stuhl
und begann haltlos zu schluchzen.
    Mit
erzürnter Hand zeigte Vater auf seine aufgelöste Gemahlin. »Sieh nur, was du
deiner Mutter angetan hast!«
    »Das macht
sie doch immer«, sagte Lisle.
    Vater ließ
die Hand sinken und wandte sich schnaubend ab. Mit großer Geste zückte er sein
Taschentuch und drückte es in Mutters Hand – gerade noch rechtzeitig, denn das
ihre troff bereits von Tränen. Mutter war ganz exzellent im Weinen.
    »Um der
Jungen willen können wir nur beten und hoffen, dass dieser unselige Tag niemals
kommen wird«, sagte Vater und legte ihr tröstend die Hand auf die Schulter.
Auch ihm standen Tränen in den Augen. »Lisle würde es natürlich nicht kümmern.
Er wäre längst auf und davon, würde bei den Barbaren im Sand graben und seine
Brüder ihrem freudlosen Schicksal überlassen. Bei Fremden ließe er sie leben,
bei Leuten, die ihr Wohlergehen nicht kümmerte.«
    Seine
Brüder lebten doch jetzt schon inmitten von Fremden, die ihr Wohlergehen nicht
kümmerte, dachte Lisle. Würden sie Waisen, kämen sie zu einer der zahlreichen
Schwestern seines Vaters. Obwohl Lord Atherton vor einigen Jahren eine verloren
hatte – namentlich Lord Rathbournes erste Frau –, blieben ihm doch noch sechs
weitere, die sich allesamt bester Gesundheit erfreuten und ein paar Köpfe mehr
oder minder in ihrer zahlreichen Kinderschar kaum bemerken dürften. Ohnehin
kümmerten sie sich nicht selbst um ihre Kinder. Der Nachwuchs wurde von Bedienten,
Hauslehrern und Gouvernanten aufgezogen. Eltern taten wenig mehr, als diesen
Frieden dann und wann zu stören und einem mit albernen Ideen auf die Nerven zu
gehen, die reine Zeitverschwendung waren. So wie jetzt.
    Aber nicht
mit ihm. Er würde sich nicht manipulieren lassen. Wenn er sich in den
irrationalen Strudel ihrer Gefühle ziehen ließe, käme er niemals mehr daraus
hervor. Um festen Boden unter den Füßen zu behalten, hielt man sich am besten
an Fakten. »Die Jungen haben genügend Verwandte, die sich um sie kümmern
könnten, und mehr als genug Geld für ein auskömmliches Leben haben sie auch.
Sie werden schon nicht im Waisenhaus landen«, sagte er. »Und ich werde nicht
nach Schottland gehen.«
    »Wie kannst du nur so kalt und herzlos sein?«, rief
seine Mutter. »Das Erbe deiner Ahnen der Auslöschung anheimzugeben!« Sie ließ
sich zurücksinken. Das Taschentuch fiel ihr aus den erschlaffenden Fingern, als
sie sich zur Ohnmacht anschickte.
    Der Butler
trat ein. Wie stets gab er vor, die zur Schau gestellten emotionalen
Extravaganzen nicht zu bemerken.
    Die
Kutsche, ließ er wissen, stehe nun bereit.
    Das Drama war mit dem Aufbruch nicht
beendet, sondern dauerte während der ganzen Fahrt nach Hargate House an. Und
dank der späten Abfahrt und des dichten Verkehrs waren sie unter den letzten
Gästen, die sich zu den Feierlichkeiten einfanden.
    Vor und
nach der Begrüßung ihrer Gastgeber und aller versammelten Carsingtons nahmen
Lisles Eltern ihre Vorhaltungen wieder auf und ließen auch nicht davon ab,
während sie sich durch die Menge ihren Weg zur Jubilarin bahnten.
    Die Dowager
Countess of Hargate, das Geburtstagskind, schien unverändert guter Dinge. Aus
Olivias Briefen wusste Lisle, dass die alte Dame noch immer ausgiebig
tratschte, trank und mit ihren – bei den Carsingtons als die Harpyien bekannten
– Freundinnen Whist zu spielen pflegte. Nebenbei fand sie
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