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Loretta Chase

Loretta Chase

Titel: Loretta Chase
Autoren: Ein verlockend beherrschter Earl
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»Peregrine interessiert nichts außer Griechisch
... und Latein ... und Kryptisch!«
    »Koptisch«,
sagte Lisle. »Die Sprache der alten ...«
    »Immer nur
Ägypten«, übertönte ihn Mutter mit der unheilvollen Andeutung eines
Schluchzens. »Immer geht es nur um deine Pyramiden und Mumien und
Schriftrollen, nie um uns. Deine Brüder kennen dich kaum!«
    »Sie kennen
mich gut genug«, fand Lisle. »Ich bin doch der, von dem sie all die drolligen
Dinge aus fernen Landen bekommen.«
    Der
geheimnisvolle, verwegene große Bruder, der in einem unzivilisierten und gefährlichen
Land lauter aufregende Abenteuer erlebte. Und er schickte ihnen genau die
Geschenke, die kleine Jungenherzen erfreuten: Mumien von Katzen und Vögeln,
Schlangenhäute, Krokodilszähne und wunderschöne präparierte Skorpione. Auch
schrieb er den Jungen regelmäßig. Von wegen, sie würden ihn kaum kennen!
    Doch wollte
die leise Stimme seines Gewissens nicht verstummen, die ihm sagte, dass er
seine Brüder im Stich gelassen habe. Nur was wäre gewonnen, hielt er dagegen,
wenn er bei ihnen bliebe? Er könnte allenfalls ihr Leid – namentlich die
Gegenwart seiner Eltern – mit ihnen teilen. Welch ein Dilemma.
    Allein Lord
Rathbourne – in der Gesellschaft gemeinhin als Lord Perfect bekannt – war es je
gelungen, seine Eltern zu handhaben. Er hatte Lisle vor ihnen gerettet. Aber
jetzt hatte Rathbourne selbst Familie.
    Im Grunde
seines Herzens wusste Lisle, dass er etwas für seine Brüder tun musste. Doch
diese Schlossgeschichte war schlichtweg Unsinn. Wie lange müsste er deswegen
seine Rückkehr nach Ägypten aufschieben? Und wofür?
    »Ich wüsste
nicht, was es meinen Brüdern bringen sollte, wenn ich fröstelnd und schaudernd
in einem alten Gemäuer herumsitze«, sagte er. »Nichts erscheint mir unsinniger,
als vierhundert Meilen zu reisen, um ein paar abergläubische Arbeiter vor Kobolden
zu beschützen. Nicht dass ich verstünde, wovor sie eigentlich Angst haben. Hat
nicht jedes schottische Schloss sein Gespenst? Es gibt dort überall Geister.
Auf Bäumen. In Flüssen. In Höhlen. Schotten lieben Geister.«
    »Es sind
nicht nur Gespenster«, raunte Vater. »Es gab grauenhafte Unfälle und des Nachts
Schreie, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließen.«
    »Es heißt,
ein alter Fluch sei zu neuem Leben erweckt worden, als dein Cousin Frederick
Dalmay versehentlich auf das Grab von Malcolm MacFetridges Ururgroßmutter
getreten ist«, sagte Mutter schaudernd. »Kurz darauf ging es auch mit
Fredericks Gesundheit bergab. Und drei Jahre später war er tot !«
    Lisle
wünschte – nicht das erste Mal –, es wäre jemand da, den er verschwörerisch
fragen könnte: »Sag mal, glaubst du diesen Unsinn?«
    Seinen
Eltern mochte Vernunft so fremd sein wie Lisle die Existenz von Einhörnern,
aber um selbst bei Verstand zu bleiben, war es unerlässlich, das Gespräch um
ein paar Fakten zu bereichern.
    »Frederick
Dalmay war vierundneunzig«, sagte er. »Er starb im Schlaf. In seinem Haus in
Edinburgh, gute zehn Meilen von dem verfluchten Spukschloss entfernt.«
    »Darum
geht es doch gar nicht«, ereiferte sich Vater. »Es geht darum, dass Gorewood
Castle sich im Besitz der Dalmays befindet und in Schutt und Asche fällt!«
    Was dich
bislang herzlich wenig gekümmert hat, dachte Lisle. Cousin Frederick hatte die
Burg schon vor Jahren verlassen – und seine Eltern hatten sie seitdem
herunterkommen lassen.
    Warum also
war es auf einmal so wichtig?
    Warum wohl?
Es war ein Mittel zum Zweck. Sie wollten ihn in England festhalten. Nicht, weil
sie ihn hier bräuchten oder seine Nähe wünschten. Nein, nur weil sie fanden,
dass er hier zu sein habe. Weil es sich so gehöre. Weil sie ihm Ägypten nicht
gönnten.
    »Ach, was
kümmert es ihn?«, rief seine Mutter aus. »Wann hätte Peregrine sich je um uns
gekümmert?« Sie sprang aus ihrem Sessel an eines der Fenster, als wolle sie
sich in ihrer Verzweiflung hinausstürzen.
    Lisle sah
es gelassen. Seine Mutter würde sich niemals aus dem Fenster stürzen oder sich den
Schädel am Kaminsims zertrümmern. Sie tat nur immer so, als wolle sie es tun.
    Statt mit
Vernunft waren seine Eltern mit Theatralik begabt.
    »Welch
schändlichen Verbrechens haben wir uns nur schuldig gemacht, Jasper, um mit
einem so herzlosen Kind gestraft zu sein?«, jammerte sie.
    »Oh Lisle,
oh Lisle.« Lord Atherton hob die Hand an die Stirn und nahm seine liebste
King-Lear-Pose ein. »Auf wen soll ein Mann bauen, wenn nicht auf seinen
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