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London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out

Titel: London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
Autoren: Oliver Harris
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Stadt.
    Er dauerte ein paar Minuten, bis er sich daran gewöhnt hatte, so hoch über dem Verkehr zu sitzen. Er hatte damit gerechnet, dass die anderen Autofahrer, die sich durch die engen Straßen von Hampstead schlängelten, mit Missgunst reagieren würden, aber sie wichen ihm respektvoll aus. Es war wie in einem Streifenwagen. Belsey fuhr nach Camden, parkte hinter dem Buck Street Market und ging in einen rund um die Uhr geöffneten Laden, in dem es alle möglichen Souvenirs und im hinteren Teil billige Haushaltswaren gab. Die Angestellten machten einen verschlafenen Eindruck. Er wusste, dass man dort mit Karte zahlen konnte – sie riefen immer im Revier Hampstead an und versuchten betrügerische Transaktionen anzuzeigen. Aus dem gleichen Grund wusste er, dass die Überwachungskamera nie funktionierte. Er brauchte nur eine Minute, um sich einen Flaschenöffner, ein Zippo-Feuerzeug und ein Taschenmesser mit einem Union Jack auf dem Griff auszusuchen. Klein anfangen. Er zog die silberne Visa-Karte aus Devereux’ Brieftasche und fuhr mit den Fingern über den eingeprägten Namen.
    »Verpacken Sie das auch als Geschenk?«, fragte Belsey das Mädchen an der Kasse.
    »Nein.«
    »Okay.«
    Sie warf einen Blick auf die Kreditkarte, drehte sie um, zog sie durch den Schlitz und schaute auf das Display.
    »Hier steht, dass ich den Kartenaussteller anrufen soll.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Warum das?« Belsey sah, dass ihr Blick zum Telefon und zurück wanderte. Er wusste, warum: Etwas hatte das System alarmiert. Vielleicht war die Karte neu, oder Devereux hatte die Adresse geändert oder war ins Ausland gereist. Vielleicht sollte er es einfach mit einer anderen Kreditkarte probieren. Er schaute sich um. Kein Wachpersonal. Eine Tür führte zur Feuertreppe. Ein Hinterausgang ging sicher auf die Camden High Street, und von da führte eine Gasse zu dem überfüllten Markt.
    Sie zuckte mit den Achseln. »Kommt hin und wieder vor.«
    »Okay.«
    »Können Sie sich mit irgendwas ausweisen?«
    Belsey zeigte ihr Devereux’ Visitenkarten und den Mitgliedsausweis des Clubs.
    »Dann muss ich doch anrufen«, sagte das Mädchen. An der Kasse klebte ein Zettel mit den entsprechenden Nummern. Sie rief bei Visa an und gab den Sicherheitscode und Devereux’ Namen durch. Belsey zählte seine Atemzüge. »Ja«, sagte sie. »Er steht vor mir. Ja, gut.« Und zu Belsey: »Geht klar.«
    »Könnten Sie noch nach dem aktuellen Kontostand fragen?«, sagte Belsey.
    »Wie ist der aktuelle Kontostand?«, fragte sie. »Fünfzig? Danke.« Sie legte auf. »Fünfzigtausend«, sagte sie.
    »Fünfzig?«
    »Genau.«
    Belsey suchte sich eine Grußkarte aus, auf der »Ciao« stand, und kaufte die auch noch.
    Belsey fuhr durch die Square Mile, parkte auf dem Tower Hill und warf einen Blick auf Devereux’ Visitenkarte: AD Development, St. Clement’s Court, EC4. Bevor er sich Geld von dem Mann lieh, wollte er etwas mehr über ihn wissen. Er wollte wissen, ob er tot war oder noch lebte.
    Auch wenn in diesen Tagen ein rauerer Wind durch die City wehte, lief Belsey doch immer noch ein Schauer über den Rücken, wenn er in diesem Teil der Stadt war: Arbeitsethos, die Flächen aus Glas und knochenfarbenem Sandstein; streng, barock, überladen. Er liebte die Kirchen, die aussahen wie gestrandete Schiffe, die auf die Klippen der Finanzwelt aufgelaufen waren. Vor einigen Jahren hatte er öfter bei Sitzdemonstrationen in den Kirchen der City mitgemacht. Eine Organisation hatte dazu aufgerufen, damit die Türen der Kirchen geöffnet blieben. Auf die Idee hatte ihn ein Heroinsüchtiger gebracht, bei dem er ein Auge zugedrückt hatte. Eine Zeit lang hatte er Gefallen daran gefunden – während seiner Anfangszeit in Hampstead, als er versucht hatte, sich über einige Dinge klar zu werden. Bis dahin hatte er es kaum mal zwei Minuten in einem Gotteshaus ausgehalten, nie hatte er auch nur eine Sekunde Religionsunterricht gehabt. Er hatte sich gedacht, fange ich halt mit der Immobilie an. Das war nur eine Phase gewesen, genau wie die prägende Periode in seinem Leben, als er alte Bücher gestohlen hatte – verstaubte, gebundene Bücher über Ge schichte und Philosophie, die zu Dekorationszwecken in Pubs herumlagen. Er hatte sogar die Bibel gelesen, die ihm überraschend gut gefallen hatte. Es war darin so viel von Unzufriedenheit, von Abschieden, von Verlorenheit die Rede gewesen. Bestimmte Wendungen verfolgten ihn, als hätte er ihnen beim ersten Lesen nicht die angemessene
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