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London Hades

London Hades

Titel: London Hades
Autoren: Stefanie Dettmers
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«
    » Das kann Mutter unm ö glich gewusst haben! «
    » Bist du dir sicher? «
    Nein, das war sie sich ganz und gar nicht. Und sie hatte ein schlechtes Gewissen deswegen. » Meine Mutter ist keine Heilige. Aber …« Frances stockte. Was wenn Mary Recht hatte? Aber Mutter hatte ihr altes Leben nach ihrer Hochzeit mit dem Pastor abgelegt. Seit Frances ’ j ü ngere Schwester vor ein paar Jahren gestorben war, war Mutter zwar noch unnahbarer und geradezu undurchschaubar geworden – sie ging g ä nzlich in ihrem Gesch ä ft auf – , aber sie w ü rde sie, ihre eigene Tochter, doch niemals so hintergehen!
    » Ja. « Farnces nickte bestimmt, um den Klo ß in ihrem Hals loszuwerden. » Ich bin mir sicher. «
    » Und bist du dir auch sicher, dass du hierbleiben willst? «
    » Ich hab ’ keine andere Wahl. Au ß er meinem gro ß en Bruder, kenne ich niemanden in der Stadt, und ich wei ß nicht, wo er wohnt. « Sie wusste nicht einmal, ob er sich an sein altes Versprechen, ihr zu helfen, ü berhaupt noch erinnern w ü rde.
    » Wenn du meinst. Ich schlafe auf einer Matratze neben dem Herd. Sie bietet Platz f ü r mich. Wenn du nicht auf dem Boden liegen willst, solltest du dir eine Decke besorgen. Verstanden? «
    Frances nickte.
    » Hast du Gep ä ck? « Als Mary ihren zur Gewölbedecke wandernden Blick sah, seufzte sie: » Du hast es hoffentlich nicht bei denen gelassen? «
    » Ich …« Sie starrte Mary noch einige Herzschl ä ge lang an, dann fuhr sie auf den Abs ä tzen herum und rannte die Treppe hinauf. Sie presste sich am Treppenaufgang vorbei, st ü rzte in die Stube, aber die war mittlerweile verlassen. Ein halb fertig gestelltes H ä ubchen lag auf dem Stuhl neben der T ü r, Miltons Paradise Lost auf dem Sofa und das offene Kartendeck auf dem Tisch. Die Besitzerinnen dieser Dinge waren fort. Ebenso wie Frances ’ Korb.
    Die Uhr auf dem Kamin tickte wie die Wut in ihr.
    Sie bebte, ballte die F ä uste und ü berlegte, ob es Sinn ergab, nach ihrem Eigentum zu suchen. Aber wo? Ihre Finger fanden das M ä ppchen mit Matthews Bild in ihrer Rocktasche, sein letzter Brief steckte sicher zwischen Schn ü rbrust und Chemise, in der N ä he ihres Herzens. Von diesen beiden Sch ä tzen gest ä rkt, verlie ß sie fluchtartig das Haus.

Kapitel 2

    Mein Herz,
    von allen Dingen fürchtete ich stets am meisten, dir nie genügen zu können. Du weißt, Frances, ich hätte alles – alles! – gegeben, um nicht ohne einen Ring zu dir zur ückkehren zu müssen. Doch nun, nun habe ich den Ring, und wenn Gott es fügt, dann sehen wir uns bald wieder.
    Keines meiner Worte, du liebes, liebstes Geschöpf, könnte ausdrücken, wie vollständig und unveränderlich ich dein bin.
    Matthew
    » Mach Platz, scher dich davon! «
    Frances wischte sich mit dem Ä rmel ü ber die Augen und sprang von der Treppe hoch, auf der sie sich ausgeruht hatte. Ein Mann verlie ß das Haus hinter ihr. Er wedelte sie mit seinem Spazierstock so heftig aus dem Weg, dass sie kaum dazu kam, Matthews Brief wegzustecken. Sie neigte den Kopf, als der Mann an ihr vorbeist ü rmte. Ihr war schwindelig, und der stechende Schmerz in ihren F üß en lie ß nicht lange auf sich warten.
    » Verzeihung. « Sie streckte die Hand nach dem Fremden aus, ohne ihn richtig zu sehen. » Wo finde ich die Drei Schlangen ? «
    Sie rechnete kaum mit einer Antwort, aber der Mann drehte sich tats ä chlich fl ü chtig um und meinte: » Am anderen Ende der Stra ß e, Cross Dagger Court . «
    Am anderen Ende … die Stra ß e verschwand in weiter Ferne, hinter den Menschenmengen, die sich dar ü ber schoben. Es schien, als w ü rde ihr die ganze Welt entgegenstr ö men und sie w ä re die Einzige, die in die andere Richtung unterwegs war. Sie k ä mpfte sich weiter, schnappte hin und wieder Unterhaltungsfetzen auf, die sich um die anstehenden Exekutionen drehten. Waren denn all diese Leute unterwegs nach Tyburn ?
    Ü ber dem erm ü denden Fu ß weg hierher war es sp ä ter Nachmittag geworden. Sie sp ü rte jeden einzelnen Stein durch die Sohlen ihrer Schuhe, als w ä ren es N ä gel, auf die sie trat, und allm ä hlich musste sie sich eingestehen, dass sie sich in London nicht mehr ganz so gut auskannte wie vor zehn Jahren, als die Stadt ihr geh ö rt hatte und sie der Stadt, ein junges Ding, dem es freistand, ü berall seine Nase hineinzustecken.
    Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie viele Passanten sie nach dem Weg gefragt hatte. Sie war m ü de. Aber jetzt endlich lag die
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