Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lolita (German)

Lolita (German)

Titel: Lolita (German)
Autoren: Vladimir Nabokov
Vom Netzwerk:
langem aus den Rückreiseströmen englischer Urlauber heraus. Jetzt ersuchte der britische Innenminister seinen französischen Kollegen, der ebenso ungebildet wie diensteifrig war, den Verkauf sämtlicher Olympia-Bücher zu verbieten, woraufhin die Pariser Lolita eine Zeitlang das Schicksal der unflätigen Olympia-Ausgaben teilte.
    Inzwischen fand sich ein Londoner Verleger, der sie drucken wollte. Der Abschluß fiel zeitlich mit der Diskussion um ein neues Zensurgesetz zusammen (1958/ 59), und sowohl die Liberalen als auch die Konservativen bedienten sich Lolitas als Argument. Das Parlament bestellte einige Exemplare aus Amerika, und die Parlamentarier machten sich mit dem Buch vertraut. Das Gesetz wurde angenommen, und Lolita erschien 1959 bei dem Londoner Verlag Weidenfeld & Nicholson. Gleichzeitig bereitete Gallimard in Paris eine französi-sehe Ausgabe vor - und die unglückselige erste englische Olympia-Press-Ausgabe, geschäftstüchtig und empört wieder festen Fuß fassend, erschien von neuem an den Kiosken.
    Seit jener Zeit ist Lolita in viele Sprachen übersetzt worden: Sie erschien als Buchausgabe in den arabischen Staaten, in Argentinien, Brasilien, China, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Holland, Israel, Indien, Italien, Japan, Mexiko, Norwegen, der Schweiz, der Türkei und in Uruguay. Vor kurzem wurde ihr Verkauf in Australien freigegeben, doch in Spanien und der Republik Südafrika ist sie noch immer verboten, Auch in den puritanischen Staaten jenseits des Eisernen Vorhangs ist sie bislang nicht erschienen. Unter all diesen Ubersetzungen verbürge ich mich, was Genauigkeit und Vollständigkeit betrifft, nur für die französische, die ich selber durchgesehen habe, bevor sie in Druck ging. Ich kann mir gut vorstellen, was die Ägypter und Chinesen mit der Armen gemacht haben, aber noch klarer kann ich mir vorstellen, was eine «umgezogene Dame», die gerade Englisch gelernt hat, mit ihr machen würde, wenn ich es zuließe, oder ein Amerikaner, der in der Universität Russisch «genommen» hat. Die Frage ist doch: Für wen wird Lolita eigentlich übersetzt, für wen zählt sie zum Bereich der Metaphysik und des Humors? Nur schwer kann ich mir ein Regime vorstellen - liberal oder totalitär wie in meinem prüden Vaterland -, unter dem eine Zensurbehörde meine Lolita durchgehen ließe. Übrigens habe ich keine Ahnung, wen man momentan in Rußland besonders liest - mir scheint, den modernen Hemingway, der  Mayne Reid und die beiden unbedeutenden Schriftsteller Faulkner und Sartre, diese Schwätzer der westlichen Bourgeoisie, abgelöst hat. Die Auslandsrussen lesen ununterbrochen sowjetische Romane und ergötzen sich am Anblick der kartonierten stillen Dons auf den Gestellen mit den ebenso kartonierten Restbeständen oder an jenem lyrischen Doktor mit den primitivmystischen Anwandlungen, den kleinbürgerlichen Redewendungen und dem bezaubernden Mädchen aus Tscharskij, der der sowjetischen Regierung so viele harte Valuta eingebracht hat.
    Mit der russischen Lolita verfolge ich ein sehr schlichtes Ziel: Ich möchte, daß mein bestes englisches Buch-oder sagen wir es bescheidener, eines meiner besten englischen Bücher - korrekt in meine Muttersprache übersetzt ist. Es ist die Laune eines Bibliophilen, nichts weiter. Als Schriftsteller bin ich zu sehr daran gewöhnt, daß im Osten meines Bewußtseins ein blinder Fleck nun schon bald ein halbes Jahrhundert lang schwarz schimmert - welche sowjetischen Ausgaben der Lolita gibt es denn schon? Als Übersetzer bin ich nicht eitel, nicht gleichgültig gegen die Korrekturen der Experten, und ich bin nur stolz darauf, mit eiserner Hand die Dämonen zurückgehalten zu haben, die mich zu Auslassungen und Ergänzungen verleiten wollten. Als Leser kann ich mich endlos vermehren und mit meinen Doppelgängern, Vertretern, Statisten und jenen gedungenen Herren, die ohne eine Sekunde des Zögerns aus den verschiedenen Reihen auf die Bühne kommen, sobald der Zauberer das Publikum auffordert, sich davon zu überzeugen, daß alles mit rechten Dingen zugehe, leicht einen verständnisvollen Saal füllen. Aber was soll ich in bezug auf die anderen, die normalen Leser sagen? In meiner magischen Kristallkugel spielen Regenbögen, spiegelt sich verzerrt meine Brille wider, zeichnet sich ein schwaches Leuchten ab - aber es läßt mich wenig erkennen: einige alte Freunde, eine Gruppe von Emigranten (die im allgemeinen Ljeskow vorziehen), einen Dichter aus
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher