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Lola Bensky

Lola Bensky

Titel: Lola Bensky
Autoren: Lily Brett
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schüchternes sechzehnjähriges Mädchen und einen draufgängerischen kleinen Italiener mit schlechter Stimme zum beliebtesten und erfolgreichsten Paar ihrer Generation zu machen.
    »Sonny war ein kleiner Mann«, sagte Cher. »Doch er war allen anderen haushoch überlegen. Er hatte eine Vision von der Zukunft und davon, wie er sie verwirklichen wollte.« Die Inschrift auf Sonnys Grabstein lautet: And the Beat Goes On .
    The beat didn't go on, nicht für John Phillips von The Mamas and the Papas. Sein Drogenkonsum hatte über die Jahre kontinuierlich zugenommen. Er sagte selbst, dass er sich zu einem bestimmten Zeitpunkt alle fünfzehn Minuten Heroin oder Kokain spritzte, und das zwei Jahre lang. 1973 versuchte Mick Jagger, ihm in London bei den Aufnahmen zu einem Album unter die Arme zu greifen, doch das Projekt fand wegen John Phillips schweren Drogenkonsums ein jähes Ende. Der jahrelange Drogen- und Alkoholmissbrauch zerstörte John Phillips Leber. 1992 hatte er eine Lebertransplantation. Ein paar Monate nach der Operation wurde er in einer Bar in Palm Springs fotografiert, als er Alkohol trank. »Ich habe nur versucht, die neue Leber einzuarbeiten«, erklärte er. Neun Jahre später war John Phillips tot. Er wurde fünfundsechzig.
    Die Liste der Toten war endlos. Lola hatte versucht, nicht an die Toten zu denken. Sie hatte versucht, nicht an Janis Joplin, Jimi Hendrix, Jim Morrison, Brian Jones oder Mama Cass zu denken. Sie hatte versucht, nicht an Renias und Edeks Tote zu denken. Oder an die Toten von irgendjemandem sonst.
    Lola war mit den Toten aufgewachsen. Sie versuchte, sich von ihnen fernzuhalten. Sie versuchte, sie loszuwerden. Sie hatte das Gefühl, dass sie an ihr klebten. Und sie wollte sich
lösen. Sie wollte ihre Vergangenheit und die Vergangenheit ihrer Eltern abstreifen. Aber es war nicht leicht. Man konnte die Vergangenheit nicht ablegen wie einen Mantel der letzten Saison oder Schuhe, die nicht richtig passten. Man konnte der Vergangenheit nicht den Laufpass geben wie einem Liebhaber oder einem schlechten Freund. Die Vergangenheit schien zu einem zu gehören wie die Tatsache, dass man groß oder klein war. Ihre Vergangenheit würde für immer erfüllt sein von ermordeten Menschen und Barracken, von Angst und Krankheit und von den barbarischen Seiten ganz gewöhnlicher Menschen.
    Lola dachte, dass ihre Erleichterung darüber, dass Mick Jagger und Cher nicht nur überlebt, sondern etwas aus ihrem Leben gemacht hatten, zum Teil mit ihrer eigenen Ambivalenz gegenüber dem Überleben zu tun hatte. Eine Zeitlang hatte auch sie sich zu den Toten hingezogen gefühlt. Diese Ambivalenz war in ihren Vierzigern zum Vorschein gekommen und inzwischen fast völlig abgeklungen.
     
    Die Gäste hatten ihre Plätze eingenommen. Mick Jagger saß acht Stühle weiter. Lola musste aufstehen, um zu sehen, wo man Mr. Someone Else platziert hatte. Er saß Phyllis-Elissa Earlwood gegenüber. Den Menükarten zufolge servierten die Kellner sautierten Peekytoe-Krabbensalat an würzigem Pfirsich-Chutney. Danach gab es gebratene Long-Island-Entenbrust mit schwarzen Bohnen, gewürzt mit Kreuzkümmel und Kardamom.
    Der Gast zu Lolas Linken stellte sich vor. Er hieß Irwin Keller. Er war Veterinär-Diätetiker und Verhaltenswissenschaftler.
    »Bedeutet das, dass Sie sich um die Ernährung und die emotionale Gesundheit von Tieren kümmern?«
    »Ja«, sagte er. »Das fasst es gut zusammen.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass Tiere Ernährungsberatung brauchen«, sagte Lola. »Fressen sie nicht auf ganz natürliche Weise das, was gut für sie ist, oder leiden sie genauso an Vitaminmangel wie wir?«
    »Manche von ihnen schon«, sagte er.
    »O«, sagte Lola. »Das war ein Scherz. Ich dachte, es sei witzig.«
    »Es ist nicht witzig«, sagte Irwin Keller. »Nehmen Sie zum Beispiel Fische«, sagte er und betrachtete seinen Krabbensalat. »Zuchtfische benötigen im Allgemeinen proteinreiche Nahrung.«
    »Sie meinen, sie fressen andere Fische?«, fragte Lola.
    »Sie werden mit Fischmehl gefüttert«, sagte Irwin. »Doch dabei kommt es zu Problemen. Die meisten Fische können keine Ascorbinsäure, kein Vitamin C, synthetisieren, deshalb muss man es zuführen. Ein Vitamin-A-Mangel bei Fischen ist zwar weniger verbreitet, kann aber schwaches Wachstum und eine Netzhautatrophie zur Folge haben.«
    »Das klingt schrecklich«, sagte Lola und versuchte, sich einen Fisch mit verkümmerter Netzhaut vorzustellen. »Das würde weder auf dem Fischmarkt
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